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Retortenbabys sind die Supermenschen der Zukunft

Eine angsteinflößende Zukunft, in der Gattaca kein Science-Fiction-Film mehr ist.

Foto via Flickr

In gewisser Weise „kreieren“ wir bereits heute unsere Kinder. Auf einer rein biologischen, unbewussten Ebene suchen wir uns die Partner aus, von denen wir denken, dass sie uns die stärksten, schönsten und schlausten Nachkommen liefern werden. Eltern, die auf künstliche Befruchtung setzen, könne dies sogar durch die gezielte Selektion von Eizellenspenderinnen und durch das Durchforsten von Spermabanken nach gewünschten Charaktereigenschaften oder physischen Merkmalen sogar noch in einem stärkeren Ausmaß betreiben. Einige verrückte Seiten im Internet bieten sogar Nachkommen aus dem Sperma von Nobelpreisträgern und Berühmtheiten.

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Doch mit jedem wissenschaftlichen Durchbruch und jeder weiteren technologischen Innovation entfernen wir uns immer weiter von der natürlichen Auslese und geraten in den Bereich der kommerziellen Eugenik. Eine angsteinflößende Zukunft, in der Gattaca kein Science-Fiction-Film mehr ist. Der neuste Entwicklung in diese Richtung kommt vom Royal Veterinary College. Dort hat man Designersperma entwickelt, dass von einer Generation zur anderen weitervererbt werden kann.

Wissenschaftler haben transgene Tiere erschaffen, indem sie das Genmaterial im Sperma von Mäusen veränderten und diese Designergene dann in Mäuseembryos verpflanzten. Die Babymäuse wurden dann mit dem gesunden Genmaterial geboren und vererbten es ihrerseits an drei weitere Generationen. Die Studie wurde letzte Woche im FASEB Journal veröffentlicht.

Durch die Gentherapie oder die gezielte Manipulation von DNA verspricht man sich, die  Verhinderung von Erbkrankheiten. Wissenschaftler behaupten, dieser neue „spermazentrische“ Ansatz könnte, wenn er sich auf den Menschen übertragen lässt, einen Durchbruch in der Gesundheitsindustrie darstellen.

„Transgene Technologie ist eines der wichtigsten Werkzeuge bei der Erforschung von allen möglichen Krankheiten von Mensch und Tier,“ beteuert der Autor der Studie Anil Chandrashekran. „Seit Jahren haben wir nach effektiven Gentherapien gesucht und fanden uns doch oft in Sackgassen wieder.“ Wenn es uns gelänge, Sperma so zu verändern, dass wir die Gesundheit der nächsten Generationen verbessern könnten, würde das unser Verständnis von Vorsorgemedizin komplett auf den Kopf stellen.“

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Eine schöne Zukunftsaussicht, aber auch der Bahnbruch für ein neues Medikament, dass es erlauben würde, Menschen unseren Wünschen entsprechend zu kreieren. Der Weg zu Designer-Babies ist heute, mehr denn je, mit der Begeisterung für „New Genetics“ und dem Analysieren und Untersuchen von DNA verbunden. Die gleichen Methoden, die dafür benutzt werden können genetische Risiken zu erkennen und Krankheiten vorzubeugen, werden auch zu kosmetischen Zwecken angewendet. Ein einschlägiger Fall: PGD (pre-implant genetic diagnosis) wird dafür benutzt, Embryos nach genetischen Erkrankungen zu untersuchen. Im Falle einer Krankheitsfeststellung, wird die Einpflanzung in den Mutterleib nicht vorgenommen. Aber diese Methode wurde auch dafür verwendet, um das Geschlecht sowie die Haar- und Augenfarbe von Babies festzulegen.

Das wird gemacht, indem man eine Reihe von Embryos testet und nur das, das einem am besten gefällt, verpflanzt. Die genetische Optimierung von Sperma geht aber noch mehrere Schritte weiter. Schließlich gibt einen Unterschied, wenn man nur geringen Einfluss auf das Aussehen des gewünschten Babies nimmt, indem man sich die Mutter oder den Vater aussucht,–ob nun in der Petrischale oder im eigenen Bett–, oder wenn man einen Menschen erschafft, indem man mit seinen Zellen herumwerkelt.

Ob es dir nun gefällt oder nicht, die letztgenannte Vorstellung wird immer wahrscheinlicher. Eine neues und vielleicht revolutionäres gentechnisches Verfahren, das auf CRISPR Gene, – Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats–setzt, hat im letzten Jahr stark an Beliebtheit gewonnen und sorgt für millionenfache Investitionen aus der VC-Welt. Das Ganze ist eine Form des ultra-präzisen Verpflanzens, oder auch „Operieren auf Genebene“, mit der man schadhafte, mutierte Gene beseitigen und durch gesunde DNA austauschen kann. Auch diese Technik ist eigentlich für die Krankheitsvorsorge gedacht, aber wer sagt uns, dass sie nicht auch für das sogenannte genetische Enchancement angewendet werden wird und damit eine neue Büchse der Pandora öffnet. Zuerst entledigen wir uns der Krankheiten, dann befreien wir uns von Allergien und Kahlköpfigkeit und schließlich werden Menschen anfangen ganze Wunschlisten an ihre Ärzte weiterleiten mit den bevorzugten Eigenschaften ihrer Traumkinder.

Ein kürzlich eingereichtes Patent, dass von der umstrittenen Gentest-Firma 23andMe beantragt wurde, zeigt wie dieses Unternehmen im Begriff ist, eben diese Richtung einzuschlagen. Das Patent beschreibt eine Methode, die man als „genetische Einkaufstour“ durchgehen könnte: Durch einfaches Ankreuzen können Pärchen selber festlegen, welche Eigenschaften sie ihren Kindern vererben möchten. Ein System berechnet dann, welches Sperma und welche Eizellen, die auf dem Markt verfügbar sind, das gewünschte Resultat bewirken würden.

Auf vielfache Weise bewegen wir uns in eine Zukunft, in der die Menschheit sich auf einer genetischen Ebene selbst neu erschafft. Doch wie weit wird dieser Weg führen? Ein Argument besagt, dass obwohl es eine Technologie zu Erschaffung von Designer-Babies gibt, wir nicht gezwungen sind diese zu nutzen. Dieses Argument scheint mir unrealistisch. Wie viele Menschen würden, wenn sie die Möglichkeit hätten, ihren Nachkommen keinen Vorsprung gleich von Geburt an geben.