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Die Geschichte des Südsudan

Sie werden alle kommen

Einen Piloten zu finden, der einen in den Südsudan fliegt, ist schwerer als gedacht. Das könnte damit zusammenhängen, dass die Rebellen jeden verbrennen, der vermeintlichen „Verschwörern“ Hilfe leistet.

Machot Lat Thiep in Nairobi, Kenia. Fotos von Tim Freccia

„Sie werden alle kommen. Vielleicht nicht jetzt, vielleicht nicht nächstes Jahr, aber sie kommen. Halliburton, Monsanto, Nike, Samsung. Sie werden alle kommen.“ Der Name unseres Fahrers ist Edward. Er ist Mitte 30, weiß und in Kenia geboren, mit rosigen Wangen und blonden, lockigen Haaren. Seinen englischen Akzent würden einige als archaisch bezeichnen. Man könnte ihn aber auch kolonial nennen.

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Vor einigen Tagen hatte Edward endlich einen Piloten gefunden, der sich bereit erklärt hatte, unseren bunt zusammengewürfelten Haufen in den vom Krieg heimgesuchten Südsudan zu bringen, und zwar in die explosive Region unter der Kontrolle der Rebellen. Der Südsudan ist der jüngste unabhängige Staat Afrikas—und der Welt. Er erlangte seine Unabhängigkeit am 9. Juli 2011, nachdem eine Mehrheit von über 98 Prozent sich bei einer Volksabstimmung für die Unabhängigkeit ausgesprochen hatte.

Einige Wochen vor unserer Ankunft war es zum Zusammenbruch der Regierung gekommen, nachdem eine Reihe von Ereignissen zu tiefen Spaltungen innerhalb der Führung geführt hatte. Das entscheidendste von ihnen war wohl die Entmachtung des ehemaligen Vizepräsidenten und jetzigen Rebellenführers Riek Machar auf Geheiß des Präsidenten Salva Kiir. Aktuellen Berichten zufolge fürchtet Machar derzeit um sein Leben und versteckt sich irgendwo im Busch. Ich war entschlossen, ihn zu finden, und ziemlich sicher, dass mir das gelingen würde—wenn wir nur ein verdammtes Flugzeug chartern und einen Piloten finden konnten, der die Nerven hatte, uns dorthin zu fliegen.

Edward erzählt mir, was er tun würde, wenn er 1 Million Dollar besäße, um sie in „Afrika zu investieren“. Wir fahren gerade mit halsbrecherischer Geschwindigkeit auf einem dunklen Highway durch Nairobi, wobei unser Abblendlicht die vor uns liegende Straße oder auch mögliche Hindernisse darauf kaum erhellt.

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In meiner Begleitung befindet sich Machot Lat Thiep, ein Lost Boy und ehemaliger Kindersoldat, jetzt Manager eines Costco in Seattle, der darauf besteht, „sein Land retten“ zu wollen. Dritter in unserem Bunde ist der Fotograf und Filmemacher Tim Freccia, ein alter Hase, was Afrika angeht. Es war nicht schwer, die beiden zum Mitkommen zu überreden.

Äußerst schwer war es allerdings, in Kenia einen Piloten zu finden, der bereit war, uns in den Südsudan zu schmuggeln. Dies liegt vor allem daran, dass die Gefahr besteht, von den Rebellen zum Verschwörer erklärt zu werden, was für den Piloten nur zu leicht damit enden könnte, zu Asche verbrannt zu werden, sobald er uns abgesetzt hat. Wir waren schon seit zehn Tagen im Lande, hatten uns mit einem Dutzend Charterunternehmen getroffen und ein halbes Dutzend Piloten zu überzeugen versucht; jene, die nicht gleich rundheraus abgelehnt hatten, waren in letzter Minute abgesprungen. Wir kamen langsam an den Punkt, an dem wir einen Rückflug in die USA in Betracht zogen. Aber Edward besteht darauf, unseren Mann gefunden zu haben.

„Der Typ ist ein Cowboy. Er holt Geiseln aus Somalia raus“, so Edward. „Die Somalis haben letztes Jahr versucht, sich seinen Helikopter zu schnappen, aber er ist einfach abgehauen. Er wurde für einen Monat lahmgelegt, aber das ist der Preis, den man dafür zahlen muss.“

Edward ist ein lebhaftes Kerlchen. Ab und zu schaut er durch die Windschutzscheibe und manövriert knapp an Schlaglöchern und Bodenschwellen vorbei, immer noch mit gelblich-trübem Abblendlicht. Wir passieren einen Sattelschlepper, der vom Highway gerutscht ist. „Gib mir deine Kamera“, bedeutet er mir. Er fährt näher ran, um im schwächer werdenden Licht ein Foto zu machen. Die Einheimischen versuchen, ihm den Blick zu verstellen, und schlagen nach dem Objektiv. Er fährt näher ran, bis er seine Aufnahme von der schlimm zugerichteten Fahrerkabine hat. „Ziemlich übel.“

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Der brandneue Staat Südsudan ist vor ein paar Wochen zerfallen und Machot will rein. Ich will ein Interview mit Machar als Titelstory und Tim soll das Ganze aufnehmen.

Wir sind auf dem Weg zu unserem Flieger. Der Pilot ist unsere letzte Chance. Bis zu dem privaten Flugplatz im Norden sind es allerdings noch drei Stunden. In meiner Tasche befindet sich ein Bündel druckfrischer Dollarnoten im Gesamtwert von 15.000 US-Dollar. Wie reden über Afrika und darüber, welche Möglichkeiten sich hier bieten.

„Du gründest ein Unternehmen, meldest alles an, erstellst eine Website, das ganze Brimborium … und dann wartest du“, meint Edward.

Er weicht einem qualmenden Tanklaster aus und wendet sich dann wieder mir zu.

„Früher oder später müssen sie zu dir kommen. Der Sohn des Präsidenten hat den Namen Vodafone geklaut. Vodafone hat ihn zwei Wochen lang im Interconti untergebracht, aber er hat nicht nachgegeben. Also mussten sie es Safaricom nennen.“

Er spricht von dem Sohn des kenianischen Präsidenten Uhuru Kenyatta, der wiederum Sohn des Staatsgründers Jomo Kenyatta ist.

Auf dem für Wilderei berüchtigten Kontinent ist dies eine skurrile Hightech-Variante juristischer Tricks, ähnlich wie das Squatting, die Landbesetzung, die von den Stammesführern betrieben wurde, wenn sie auf weiße Forscher trafen, begierig, die Besitzrechte an Tausenden Hektar Land zu verkaufen, das ihnen gar nicht gehörte. Damals brauchte man für einen solchen Deal nur ein paar Ballen Stoff und ein paar billige Schmuckstücke.

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„Es kostet nur 240 Dollar, ein Unternehmen eintragen zu lassen. Namen wie JPMorgan, Goldman Sachs … sie alle werden kommen.“

Edward ist ziemlich freimütig und kleinlaut, dass er seine Gier so offen gezeigt hat.

Wir rasen in der kenianischen Nacht durch ein Gewirr aus Matatu-Kleinbussen, gewaltigen Schlaglöchern und umherspazierenden Fußgängern in den Norden Nairobis. Unsere Hetze zum Flugplatz ist Teil eines unerklärlichen, vertrackten Zeitspiels, das auf diesem sonst so gelassenen Kontinent etwas befremdlich wirkt.

Robert Young Pelton beim Zählen von 100-Dollar-Scheinen.

Ich habe Edward ausgesucht, weil er ein Rosenmann ist. Rosen gehören zu den meistangebauten Pflanzen in Kenia und müssen jeden Tag ausgeflogen werden. In der letzten Woche hat er Rettungsflüge für NGOs organisiert, die vor den Kämpfen im Südsudan fliehen. Als einheimischer weißer Kenianer weiß Edward eine Menge Dinge, die der Gelegenheitsbesucher nie bemerken würde.

Edward kennt sich in Genetik aus. „Rosen sind in Kenia ein Riesengeschäft“, erklärt er. „Es gibt ein enges Fenster auf etwa 1.300 Metern. Baut man sie zu hoch an, sind die Blüten zu groß; zu tief, sind die Stängel zu lang. Ich weiß, welche Blüten zu groß sind. Ich weiß, welche Rosen sich verkaufen. Welche wachsen. Ich könnte ein Stück Land kaufen, die besten Rosen darauf anpflanzen und ein Vermögen damit machen.“ Edward ist es leid zuzusehen, wie andere Leute mit weniger Leidenschaft und Know-how Geld machen, während er mit diversen Jobs jongliert, um über die Runden zu kommen. „Ein Quadratmeter Rosen kann jährlich 50 Dollar Gewinn einbringen.“

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Wir weichen einem entgegenkommenden Laster aus.

Rosen sind eine tolle Methode, um Drogen zu schmuggeln. Ein großer Teil der Flugbranche wird für den Transport von Khat gebucht, einer Droge, die in Kenia und im benachbarten Somalia angebaut wird. Es kommen jedoch auch eine Menge Drogen nach Kenia rein—meist Kokain und Heroin. Auch in diesem Business kennt sich Edward aus. „Blumen werden mit diesen kleinen weißen Päckchen geliefert, die angeblich mit Zucker gefüllt sind, damit sie länger blühen.“ Er hält seine Finger hoch, um es mir zu zeigen. „Sie sind hitzeversiegelt, sodass die Hunde sie nicht riechen können.“

Das Rosengeschäft bietet auch die Möglichkeit, Drogengeld reinzuwaschen. „Du begleichst die Kosten mit [kenianischen] Shilling“, erzählt er, „aber in Übersee wirst du mit harter Währung bezahlt—in Dollar und Euro. Lass das Geld draußen und führe nur so viel ein, wie du brauchst, um deine Kosten zu decken.“

Edward ist an diesen Geschäften nicht beteiligt, aber er sieht, wie viel Geld diejenigen machen, die es sind. Er selbst schlägt sich eben so durch.

Er ist ein afrikanischer Hansdampf in allen Gassen, der versucht, aus seinem eigenen Kontinent Kapital zu schlagen, während er zusieht, wie Fremde überall um ihn herum groß abstauben.
Für ihn war es eine persönliche Herausforderung, einen Piloten zu finden, der uns in den Südsudan bringen würde—insbesondere angesichts unseres gewünschten Zieles und der Person, die wir dort treffen wollten.

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Wir vertreiben uns die Zeit auf dem Weg durch das nächtliche Dunkel mit Gesprächen.

Ein Brookside-Dairy-Milchlaster mit dem Slogan „Goodness for All“ auf der Seite versperrt uns den Weg.

„Ich sag dir, Robert, hier ist alles korrupt“, sagt Edward und zeigt auf den Laster. „Brookside Dairy gehört dem kenianischen Präsidenten. Als Parmalat, ein großes italienisches Unternehmen, versucht hat, hier einen Fuß reinzubekommen, war es für sie plötzlich unmöglich, eine Lizenz zu bekommen.“ (Parmalat schob dies auf gewalttätige Ausschreitungen bei den Wahlen.)

Irgendwo in der Dunkelheit passieren wir eine gewaltige Ananasplantage. „Alle machen Geld. Präsident Kenyattas Familie gehört zu den größten Landbesitzern im Land“, beteuert er. Und dann gibt es da noch die „Geisterarbeiter“ der Regierung: „Auf der Gehaltsliste der kenianischen Regierung befinden sich Tausende von Leuten, die gar nicht existieren. Man hat herausgefunden, dass von 16.000 Mitarbeitern nur 12.000 überhaupt je zur Arbeit kommen.“

„Jede Ausschreibung der kenianischen Regierung ist korrupt. Bei einem Gebot in Höhe von 600.000 Dollar setzen wir 1,2 Millionen Dollar an, weil wir den Leuten von der Beschaffung 200.000 Dollar zustecken müssen.“

Ein weiterer Tanklaster quält sich vorbei. „Mit Treibstoff wird ein Riesenschwindel betrieben. Man tankt in Mombasa auf und der Fahrer schmiert den Typen, damit er die Tankdeckel oben offen lässt. Nachts fahren dann Kinder mit, die den Treibstoff absaugen und billiges Kerosin nachfüllen, um die Menge konstant zu halten. Die machen das von einem Pick-up aus, während der Tankwagen fährt. Wenn sie bei jedem Trip fünf Fässer klauen, sind das 1.000 Dollar pro Tag. Nicht viel, aber dennoch lohnend. Der Fahrer lässt die Deckel dann von den Kindern schließen und liefert seine Ladung ab.“

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Neben den Verlockungen des großen Geldes und der ungenutzten Gelegenheiten ist Afrika Edward zufolge bis ins Mark verdorben. Auch wenn ich nicht alles nachprüfen kann, was Edward erzählt, so lässt sich doch klar sagen, dass Gelegenheiten in Afrika keine Einbahnstraße sind. Die mit den Ressourcen sind ebenso gewieft wie die Leute, die kommen, um den Kontinent auszubeuten. Korruption kommt hier der Patronage gleich: Wer die richtigen Freunde hat, die richtigen Leute schmiert, für den ist alles möglich.

„Hier macht man eine Menge Geld mit Devisen. Es gibt einen Typen bei der kenianischen Zentralbank, der den Händlern sagt, ob der Shilling steigt oder fällt. Seine Freunde machen mit Devisenhandel Millionen. Meist Inder. Deshalb ist hier alles Betrug—sie sorgen dafür, dass das Geld hoch- und runtergeht. Der Typ da am Straßenrand“, er zeigt ihn mir, „verdient jeden Tag 300 Shilling [etwa 3 US-Dollar]. Nächstes Jahr muss er das Doppelte verdienen. In der Zwischenzeit werden die Bonzen noch reicher. Jeder Vertrag hier hat seinen Preis.“

„Es ist frustrierend. Ich habe 32 Angebote für eine Rosenfarm rausgeschickt. Echte Angebote, geprüft von Anwälten und Buchhaltern. Ich brauche 2.800 Dollar pro Acre [etwa 0,41 Hektar]—insgesamt 1,2 Millionen Dollar—und in einem Jahr und sieben Monaten kriegst du dein Geld zurück.“

Edward denkt nicht geradlinig, er schweift gern mal ab. Und so sind wir plötzlich wieder beim Logo-Squatting: „Unternehmen wie Monsanto kommen hierher. Sie müssen sich an dich wenden, weil ein Prozess zu teuer wäre. Du musst die Leute schmieren …“, er bricht ab. Aber einmal hätte ein Projekt ihm schließlich Geld eingebracht, sagt er.

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„Ich habe ein Stück Land in der Nähe eines Militärstützpunkts gekauft. Der Colonel hat mir gesagt, ich solle Land kaufen, also habe ich das getan. Ich habe 5.000 Dollar dafür bezahlt und es neun Monate später für 42.000 Dollar verkauft. Sie haben den Stützpunkt erweitert und brauchten das Land für eine Tankstelle. Glück gehabt, schätze ich.“

Ausrüstung und Geräte werden in Nairobi in eine Chartermaschine geladen.

Schließlich sind wir da. Er zieht das Lenkrad rum und wir tauchen in die Dunkelheit ein. Im blassen Scheinwerferlicht ragt ein Maschendrahtzaun auf.

„Soja soja“, ruft Edward in perfektem Swahili. Ein Wachposten öffnet das Tor und plötzlich scheinen wir in einer Art Resort zu sein, nur dass vor dem Bar-Restaurant ein großes Flugzeug parkt.

Unser Gespräch darüber, wie die Dinge in Afrika laufen, scheint ein Hinweis darauf zu sein, dass die einzige Chance, einen Flug zu bekommen, darin besteht, es auf die „afrikanische“ Weise zu versuchen.

Der Pilot hatte uns an dem Tag bereits eine mit Photoshop gefälschte Genehmigung der Regierung des Südsudans mit dem erfundenen Namen eines nicht existierenden Ministers anfertigen lassen. Nur als Beispiel, wie die Dinge laufen: Nicht der Pilot braucht das Schreiben, sondern der Beamte, der dieses vielleicht später sehen will, damit er, gegen eine kleine finanzielle Entschädigung, sagen kann, dass der Papierkram in Ordnung ist.

Mit 15.000 US-Dollar ist der Preis außerdem doppelt so hoch, wie ein Charterflug in den Südsudan eigentlich kosten sollte. Doch bedeutet eine private, entlegene Landebahn wie diese, dass keine Außenstehenden oder Offiziellen von unserem Trip erfahren.

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Während wir an der Bar auf unseren Piloten warten, erzählt mir Edward eine weitere Geschichte:
„Mein Onkel und meine Tante hatten ein Safari-Unternehmen, mit einem Buchhalter, dem sie vertrauten. Er machte sein Ding; sie machte ihr Ding. Sie waren immer unterwegs. Dann setzt der Buchhalter eine Schattenfirma auf, die genauso aussieht und klingt wie das Safari-Unternehmen. Der Buchhalter geht zum Eisenwarengeschäft und zu anderen Lieferanten und bekommt falsche Rechnungen. Für jede Rechnung über zehn Riesen bekommt der jeweilige Lieferant zwei Riesen.

„Immer, wenn mein Onkel und meine Tante im Aufbruch waren, ließ er sich von ihnen die Rechnungen abzeichnen. Das ging sieben Jahre lang so und sie haben fast 1 Million Dollar verloren. Ist es möglich, die Korruption zu bekämpfen? Nein. Es gibt hier ein Sprichwort: ‚Wer zu viele Steine hochhebt, der wird gebissen.‘“

Schließlich kommt unser Pilot herein. Er ist kräftig, hat schon ein paar Bier intus und ist ebenfalls ein gebürtiger weißer Kenianer. Der Besitzer serviert uns Bier und zündet eine Zigarette an.

Der Pilot füllt die Lücken in der Geschichte, die uns Edward bei der Fahrt erzählt hat—wie er einen Sturzflug in den somalischen Luftraum machte und die ausgezehrten, im Stich gelassenen Dänen und Filipinos der Crew des Frachters Leopard rausholte. Nachdem er das Lösegeld abgeworfen hatte, hätten Offizielle in Mogadischu seinen Eurocopter umringt und das Geschrei der Somalis ignoriert. „Sie haben sich bei den Kenianern beschwert und uns für 30 Tage die Fluglizenz entzogen.“ Sie wussten, dass eine Menge Geld im Spiel war. Er reibt sich die Finger.

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Anscheinend hat hier jeder Pilot eine Geschichte zu erzählen. Wir haben schon viele davon gehört und brauchen einen Piloten, der sein Flugzeug in einen Krieg fliegt, und nicht einen, der sich in epischer Breite darüber auslässt, wie riskant sein Job ist.

Draußen, vor dem rustikalen Restaurant des Flugplatzes, beginnt es zu regnen. Der Geruch frischen Grases dringt durch die offenen Wände. Der Pilot schnippt seine Zigarette weg.

Ich erkläre, dass wir so früh wie möglich starten möchten, um mit den Rebellen Kontakt aufzunehmen und ihren Anführer zu interviewen. Ich informiere ihn darüber, dass wir Riesenprobleme hatten, einen Piloten zu finden, der bereit war, einen anderen Ort anzufliegen als Juba, die Hauptstadt Südsudans—ein Ort, der für Machot den sicheren Tod und für uns die Verhaftung bedeuten würde, wenn herauskäme, wohin wir unterwegs sind.

„Da ist euer Flugzeug“, sagt er und zeigt stolz auf die zweimotorige Cessna 210 auf dem Parkplatz. „Wir starten mit ausgeschalteten Transpondern, fliegen tief unter dem Radar, reichen einen Flugplan für Lokichoggio ein und lassen euch dann in Akobo raus. Die Berge sollten das Radar abschirmen, und bis wir zurück sind, hat keiner was mitgekriegt. Ihr packt euer Zeug in die Seitenfächer und steigt durch die Pilotentür aus.“

Er warnt uns, dass das Flugzeug nach der Landung nicht länger als vier Minuten mit laufenden Motoren warten würde, bevor er sich schleunigst wieder auf den Rückweg machen würde. Dann, die Zigarette ist halb aufgeraucht, hält er inne und verzieht das Gesicht. Entweder ist es das Wetter, etwas, das wir gesagt haben, oder einfach nur das Sitzen im Dunkeln, das für ein Juju sorgt, das ich nicht verstehen kann.

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„Wisst ihr … irgendetwas stimmt nicht. Ich werde es nicht tun. Wisst ihr was? Ich glaube, ich gebe euch euer Geld zurück.“

Edward und ich starren uns ungläubig an.

Unser Pilot fährt fort: „Im November habe ich Geiseln ausgeflogen und sie haben versucht, meinen Hubschrauber zu beschlagnahmen. Als ich wieder in Kenia war, haben sie meine Lizenz für 30 Tage eingezogen.“

Wieder erzählt er die Geschichte, die er uns schon vor knapp einer halben Stunde erzählt hat, nur wird aus der Heldengeschichte jetzt ein Grund, uns nicht in den Busch zu bringen. Passenderweise fällt jetzt auch noch der Strom aus und wir alle sitzen im Dunkeln.

„Ich werde nicht meine Lizenz und 15 Millionen Dollar-Geschäfte riskieren. Wir machen hier im Südsudan eine Menge Geschäfte. Wenn Juba das spitzkriegt, bin ich geliefert.“

„Wir machen das so. Wir fliegen über Juba. Ich habe meine Leute am Flughafen. Euer Typ kann sich im Flugzeug verstecken und zehn Minuten später sind wir schon auf dem Weg nach Akobo. Ja … wir machen das so. Beschafft euch ein Visum am Flughafen für den Südsudan und dann kriegen wir das hin. Kommt morgens im Büro vorbei, dann überlegen wir uns einen Plan.“

Edward ist wie betäubt. Wir ziehen uns in sein Auto zurück, um uns zu besprechen, beschließen aber fast sofort, abzufahren und den Piloten, sein Flugzeug und diesen Ort mitten im Niemandsland hinter uns zu lassen. Jetzt fängt es auch noch zu regnen an.

Wieder auf der Straße Richtung Süden nach Nairobi ist Edward stocksauer.

„Dieser Wichser!“, ruft er und schlägt dabei auf das Lenkrad. „Er wusste genau, was wir vorhatten! Er war einverstanden! Fuck!“ Er zeigt mir sein BlackBerry und blättert durch die E-Mails. Das leuchtende Telefon bestätigt, dass unser Vorhaben kein Geheimnis war. „Lies das. Dieser Wichser. 15 Millionen, so’n Quatsch. Er macht keine Geschäfte im Südsudan; deshalb habe ich ihn ja ausgesucht.“

Ich fühle, wie das Bündel sorgfältig abgezählter, frisch gedruckter Dollarnoten mir ein Loch in die Hosentasche brennt. Unsere Chancen, einen Piloten zu finden, der uns fliegt, sind geringer als je zuvor und es besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass sich diese Reise als totaler Reinfall erweisen wird. Während Edward wie ein Verrückter zurück nach Nairobi fährt, rutschen wir nervös auf unseren Sitzen rum und versuchen, genügend Energie aufzubringen, um über Plan C, D oder welcher Buchstabe des Alphabets jetzt auch immer dran ist, nachzudenken.