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Deswegen unterbrach eine Aktivistin Obama bei seiner gestrigen Rede

Eine Aktivistin tritt für die Rechte von eingewanderten Transgender-Personen ein. Obama will nichts davon hören.

Gestern unterbricht jemand Obamas Rede im Weißen Haus. Der Präsident spricht über LGBT-Rechte, plötzlich wird es laut. Die österreichischen Medien loben Obama dafür, den „Störenfried" rasch und entspannt entfernt zu haben.

Die Ironie: Obama unterbricht eine Transgender-Aktivistin—also ein Mitglied jener Gruppe, für die er sich angeblich einsetzen möchte. Dabei ist das Anliegen der Zwischenruferin Jennicet Gutiérrez wichtig. Transgender-Personen, vor allem nicht-weiße, versuchen überdurchschnittlich oft, sich das Leben zu nehmen. 41 Prozent der US-amerikanischen Menschen, die Transgender oder Gender Non-Conforming sind, haben schon mindestens einen Selbstmordversuch hinter sich, wie diese Studie zeigt. Die durchschnittliche Selbstmordrate liegt in den USA bei weniger als 5 Prozent.

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Erst vor ein paar Monaten wurde der Selbstmord von Leelah Acorn publik. Die Eltern versuchten, ihre Transgender-Tochter umzuerziehen, woraufhin sich diese das eigene Leben nahm. Das Risiko einem Hassverbrechen zum Opfer zu fallen, ist vor allem für nicht-weiße Transgender-Frauen übermäßig hoch. Und all das in einem westlichen Land, das sich mit Demokratie und Toleranz schmückt.

Die österreichische Presse erklärt die Zusammenhänge der Aktion nur knapp. DerStandard.at nennt Gutiérrez sogar beim falschen Geschlecht und spricht von „einem Aktivisten", der sich für homosexuelle Einwanderer einsetzt.

Gutiérrez erklärt ihre Intention in der Washington Blade. Anfangs war sie glücklich, der Rede beiwohnen zu dürfen. Obama sprach davon, die LGBTIQ-Community zu akzeptieren und erzählte von den Fortschritten der letzten Zeit. Als Obama anfing, über das Wohlergehen von nicht-weißen Transgender-Frauen zu reden, konnte sich Gutiérrez nicht mehr zurückhalten. Sie wollte ihn daran erinnern, dass die Regierung aktuell geflüchtete Transgender-Frauen in Untersuchungshaft festhält.

Dabei wären Transgender-Frauen die verletzlichste Gruppe. Sie seien die häufigsten Opfer von sexuellem Missbrauch während der Untersuchungshaft, neben anderen Übergriffen. Dabei werden ihnen sowohl die Beamten als auch die Mithäftlinge gefährlich. Es gäbe keinen Grund, mit einer Regierung zu feiern, die es nicht schafft, für die Unversehrtheit von LGBTIQ-Immigrant*innen einzustehen.

Es mag schon sein, dass es unhöflich ist, den Präsidenten während einer Rede zu unterbrechen. Der Jubel um den Rauswurf ist aber alles andere als angebracht. Wir sollten dringend unsere Prioritäten überdenken, wenn eine Frau, die Obama ins Wort fällt, mehr internationales Aufsehen erregt, als die frappierenden Probleme, mit denen Transgender-Personen zu kämpfen haben. Ein Präsident, der sich dieser Schwierigkeiten annehmen will, darf diese Menschen nicht rausschmeißen, wenn sie unangenehm werden, sondern sollte sie auf die Bühne holen und ihnen endlich die Möglichkeit geben, vor einem breiten Publikum für ihre Rechte zu kämpfen.

Jennicet Gutiérrez ist selbst eine undokumentierte Einwanderin in den USA und setzt sich für ihresgleichen ein. Mit dem Hashtag #not1more protestiert sie gegen Abschiebungen.