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Interviews

Sleep Sleep covert Songs, damit auch er mit ihnen zufrieden ist

Pieter Gabriel klang mal wie die männliche Cat Power. Dann kam Sleep Sleep.

Foto: Clemens Schneider

Eigentlich hat mir Pieter Gabriel alias Sleep Sleep eine rote Rose als Erkennungszeichen versprochen. Ja, es kursieren halt einfach nicht hundert Pressefotos von ihm und auch auf seinem Facebook-Profil hält er sich einigermaßen bedeckt. Secret is sexy oder so? Es hat dann jedenfalls leider so ausgesehen, dass umgekehrterweise er mich an meinem Zwickl erkannt hat. Aber lasst mich mal von vorne beginnen.

Das Projekt rund um Sleep Sleep betreibt Pieter schon länger, das ist jetzt auch nicht seine erste Single, die Videopremiere gefeiert hat. Trotzdem bin ich über genau dieses wunderschöne Stück, genannt „Agoraphobia“, gestolpert und den Brotkrümeln danach gefolgt. Es hat mich dann auch keine grausige Hexe, sondern ein wohl ausgefeiltes Spektrum an vor allem feinen Samples in Empfang genommen. Pieter hat nämlich eine besondere Vorliebe dafür, Songs, die halt einfach schon mal da waren, zu bearbeiten, zu überspielen und so hinzufeilen, bis auch er damit zufrieden ist. Klingt fein? Ist es auch.

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Weil mein Spürinstinkt geweckt war und ich das Gesicht hinter dem Kartoffelsack sehen wollte, haben wir dann mal Tacheles gesprochen. Hier das Ergebnis.

Noisey: Also, sehr cool, dein schönes Video zu „Agoraphobia“ hatte eben gerade Premiere.
Pieter Gabriel: Ja, es hat mich sehr gefreut, dass es ganz gut angekommen ist. Obwohl es eben doch vom Original abweicht—und die akustische Schiene ein bisschen links liegen lässt.

Nageh, schwingt da ein skeptischer Unterton mit?
Nein, keineswegs. Ähm. Vielleicht ein bisschen.

Jetzt erzähl mir nicht, du wärst nicht auch mal mit Gitarre unter dem Balkon deines Rapunzels gestanden.
Doch, schon. Ich habe wohl, wie die meisten anderen Musiker, einmal mit der Akustikgitarre in Moll begonnen. Das hat alles ein bisschen nach Beirut geklungen. Oder aber nach männlicher Cat Power. Ich hab das aber dann bald einmal aufgegeben und längere Zeit eigentlich gar nichts gemacht, bzw. einfach zu Hause gewerkelt. So ist dann das Projekt Sleep Sleep entstanden.

Wie funktioniert das denn dann live? Die Elektro-Sets? Spielst du überhaupt gern live?
Ich spiele ja mit Sleep Sleep nach wie vor nicht live. Denn es ist natürlich etwas Anderes, ein akustisches Stück schlicht mit Gitarre und Gesang auf der Bühne zu präsentieren als einen mehrschichtigen bzw. mehrere Spuren umfassenden, elektronischen Song live adäquat umzusetzen. Man muss eben wirklich teilweise dann leider auch auf Playback zurückgreifen—für manche Sequenzen zumindest, die zu vielschichtig wären. Und ich mag diese Laptop-Performances nun mal nicht. Deshalb gab es bislang auch noch keinen Live-Auftritt. Aber vielleicht schaffe ich es irgendwann mal, einen für mich akzeptablen Kompromiss zum Thema live spielen zu finden.

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Musik machst du seit…? Mit Verlaub, du bist ja kein wirklicher Youngster mehr.
Seit 2006. Ja, ich habe schon einiges veröffentlicht und glaube auch, dass ich nebenbei immer Musik machen werde.

Nur nebenbei? Lebst du nicht auch mit der Utopie im Kopf, von der Musik zu leben?
Vielleicht bin ich dafür schon zu abgeklärt oder einen Tick zu alt. Ich finde es großartig, wie zum Beispiel Wanda und Bilderbuch momentan einen Erfolg nach dem nächsten verzeichnen können—und sicher auch viel für sie dabei herausspringt. Nur ist die Frage dahinter einerseits die Nachhaltigkeit bzw. Endlichkei. Was bei ein, zwei, drei Alben gut geht, muss nicht heißen, dass es dein Leben lang aushält. Andererseits ist es die Kompromissbereitschaft. Für Bilderbuch und Wanda hieß das z.B. mit den Beatsteaks bzw. Kraftklub auf Tour zu gehen. Das wäre für mich undenkbar.

Du bist also kein Romantiker.
Schon, doch. Ich spekuliere aber eher darauf, so wie Nick Drake erst 30 Jahre nach meinem Tod durch einen TV-Werbespot für VW zu spätem Ruhm zu gelangen.

Soll da vielleicht auch der Name Sleep Sleep irgendetwas kaschieren?
Nun ja, zuerst einmal schlafe ich gerne, zugegebenermaßen. Ein Punkt dafür, diesen Namen für das Projekt zu wählen. Andererseits gibt es aber natürlich auch eine ganz schlichte Erklärung: Ich war und bin ein großer Anhänger von Talk Talk. Dem geschuldet habe ich das dann auf mich umgemünzt. Talk Talk, Sleep Sleep.

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Eigentlich hättest du auch deinen bürgerlichen Namen als Künstlernamen ausgeben können. Da sind wir ja schon wieder bei Romantik.
Klar, mein erstes Album (City Of Last Things) kam ja auch unter meinem bürgerlichen Namen raus. Mein Vater war halt großer Genesis bzw. Peter Gabriel-Fan. Er wollte mich eben so nennen, aber wollte nicht, dass man das dann im schönsten Mundl-Deutsch „Peda“ ausspricht. Also hat er einfach die holländische Variante ausgesucht.

Das ist eine schöne Geschichte.
Mein Leidensweg. Ich bin Sledgehammer.

Andreas Spechtl von Ja, Panik hat ja jetzt auch ein neues Musikprojekt am Start. Hat es mal einfach Sleep genannt. Was sagst du dazu?
Abgesehen davon, dass es schon eine Band namens Sleep gibt, bin ich natürlich entsetzt. Wobei, wir könnten dann mal gemeinsam was starten. Vielleicht Sleep Sleep Sleep.

Du hast jetzt schon einige Cover-Versionen mal mehr, mal weniger berühmter Songs herausgebracht. Bist du einfach zu faul, selbst Songs zu schreiben?
Tatsächlich. Nein, ein bisschen mehr steckt schon dahinter. Ich stoße einfach immer wieder auf Stücke, bei denen ich mir denke, die sind so schlecht umgesetzt bzw. reinterpretiert, dass man was ändern muss. Oder es ist etwas Persönliches, sprich, dass ich mich mit einem Song auf emotionale Art und Weise auseinandersetze. Das war zum Beispiel bei Damien Jurado so, auch wenn ich generell nicht mehr so auf dieses Singer-Songwriter-Ding stehe. Ausschlaggebend ist jedenfalls, dass der Song an sich gut ist.

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Gutes Kriterium.
Auf jeden Fall. Klar zieht bei einer Coverversion von einer Nummer wie „Looking for Freedom“ vor zuallererst der ihr anhaftende Kult- oder Trash-Faktor. Aber wenn man sich den Song näher ansieht, vor allem den Text, ist‘s wirklich ein gutes Stück. Hätte eigentlich sogar von Johnny Cash sein können. Schöner, ehrlicher Country—schaut man nur einmal auf die Lyrics.

Und wie soll es jetzt weitergehen, Covergeschichten ohne Ende?
Naja, ich bin leider relativ schnell unzufrieden. Kaum habe ich etwas veröffentlicht, würde ich es auch bald mal schon wieder ändern. Aber generell finde ich die Idee schon gut, es gibt einfach so viele Songs, auch aus Österreich, die niemand kennt. Indie-Undergroundnummern, die covernswert sind. Convertible, die Sex Jams und Mile Me Deaf hab' ich ja schon gecovert. Mir schwebt zum Beispiel aber auch schon länger ein eher älteres Stück von A Life, A Song, A Cigarette vor. Vielleicht wird das ja mal was.

An dieser Stelle ein Bekenntnis von mir: Wolfgang Möstl, ich liebe dich.
Ja, ich finde sie auch großartig. Das neue Album geht teilweise schon ein bisschen in Deerhunter-Richtung. Sehr schön.

Was hörst du gerade sonst?
Das neue Tame Impala-Album.

Es ist großartig.
Gut, fast ist es ja schon langweilig, weil schon vorab als Album des Jahres gehypet. Aber ja, der Herr Parker ist einfach extrem gut unterwegs. Sonst eigentlich bunt gemischt. Ich habe mir angewöhnt, egal, wie wenig Geld ich habe, mir zumindest alle 1-2 Wochen eine neue Platte zu kaufen. Die neue von den Lower Dens mag ich gerade sehr gern, oder Unknown Mortal Orchestra, Viet Cong, oder Father John Misty, auch wenn der Albumtitel mir fast schon zu kitschig ist.

Geh, was findest du denn kitschig an I love you, Honeybear?
Eh nur fast zu kitschig. Er hat's eben umgekehrt gemacht. Die meisten machen Trennungsalben, also wenn's zu spät ist. Er hat eben ein Album über eine frische Liebe gemacht.

Merci beaucoup.

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