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Interviews

Gott meinte es eigentlich noch ganz gut mit R.A. The Rugged Man

Rap-Urgestein RA ist ein Mysterium, er sieht sich als Mischung aus Teufel und Engel, glaubt an Gott, und erträgt ein ziemlich hartes Schicksal mit viel Humor und Dankbarkeit. Verrückt.

Das New Yorker Rap-Urgestein R.A. The Rugged Man ist ein Extrem. Seine Familiengeschichte, die er demnächst auch verfilmen will, lässt einen mit Kloß im Hals zurück und sein künstlerisches Schaffen ist so eigen wie kontrovers. Sein Vater erkrankte im Vietnamkrieg durch Kontakt mit Agent Orange und zeugte neben R.A. zwei schwer behinderte Kinder. Mittlerweile sind beide tot, genau wie R.A.s schwerkranker Vater. Diese Umstände warfen den jungen R.A. aus der Bahn.

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Seine Karriere begann in den 90er Jahren, unter anderem durch Songs zusammen mit dem Wu-Tang Clan, Mobb Deep und Notorious B.I.G. Es folgte ein Signing bei Jive Records, die es allerdings ablehnten ihn zu veröffentlichen, nachdem er im Streit Angestellte bedroht hatte. Dazu kamen Auftrittsverbote wegen gewalttätigen Live-Shows dazu. Das Debütalbum erschien erst 2004.

Seitdem arbeitete Rugged Man aber auch als Box- und Film-Journalist und drehte den Horrorfilm „Bad Biology“. Keine einfache Figur und kein 08-15-Rapper. Von seinen Kollegen erhielt der Rap-Techniker aber immer den höchsten Respekt. Auf dem aktuellen Album Legends Never Die unterstützen ihn dann u. a. auch Koryphäen wie Talib Kweli, Tech Nine und Brother Ali. Wir befragten den auch im Interview sich grob gebenden Hünen zu Themen wie Autoritäten, Monsanto, Angela Merkel und Protestsongs.

Noisey: Du konntest Autoritäten noch nie leiden und hast sie alle ignoriert. Welche hast du denn am liebsten ignoriert?
R.A. The Rugged Man: Ich denke an die Zeit, als ich ein Kind war, da waren es die schwachköpfigen Lehrer und Schulleiter. In der realen Welt ist der Schuldirektor ein Verlierer, der nicht gevögelt wird, sich einen auf Pornos wichst und keine Freunde hat. Aber in der Schule spielt er den Obermacker. Dort werden die geisteskranken Erwachsenen gemacht, die die Macht über euch haben, und es ist wie „wer zum Teufel sind die?“ Denkt darüber nach, wie ihr aufgewachsen seid, wie viele emotional zurückgebliebene, psychisch kranke Lehrer ihr hattet. Wie oft habe ich an der Bar zufällig eine Lehrerin kennen gelernt, die hinterher meine ganze Wohnung zusammen gebrüllt hat, und zum Beispiel auf so etwas wie Messerspielchen stand. Da habe ich mir nur gedacht: „Yepp, diese Schlampen erziehen unsere Kinder“. Auf dem Cover von LND posierst du wie Napoleon. Was habt ihr beide gemeinsam?
Wenig, zum einen bin ich viel größer, Motherfucker. Aber diese Hand im Revers findet sich nicht nur bei Napoleon, sondern auch bei Joseph Stalin und ein paar anderen. Wir haben einfach versucht, den mächtigsten Männern in der Geschichte einen Bullshit-Anstrich zu geben. So eine Mischung aus US-Präsidenten und vielleicht meinem Vater Staff Sgt. Thorburn, mit etwas General George S. Patton dazu.

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Auf der Rückseite der LND trägst du einen roten Anzug und springst herum. Das wirkt diabolisch. Was würdest du sagen: Ist deine Persönlichkeit mehr wie ein jähzorniges, trotziges Rumpelstilzchen oder wie ein grundsätzlich boshafter Teufel?
Ich bin eher wie ein Teufel, aus dem ein schelmischer Engel wurde. Ich vermute, dass, wenn dein Leben nicht schwer gewesen wäre, du deine Kunst nicht so machen könntest, wie du sie machst. Gab es Momente in deinem Leben, wo du sogar dankbar dafür warst?
Yupp. Alles, was geschah, passierte aus einem Grund so. Ich würde nichts ändern und alles noch einmal genauso haben wollen, wie es passiert ist. Ich verstehe, dass die durchschnittliche Person, die meine Geschichte sieht, sagt: „Verdammt, der hatte es schwer, der hat viel verloren“. Aber ehrlich gesagt: Scheiße, ich hatte es noch einfach. Es gibt Menschen auf der Welt ohne Arme, ohne Beine, ohne Nahrung, mit Krankheiten, die sie ans Bett fesseln, bei denen sie schreckliche Schmerzen haben, aufgrund derer sie nicht sprechen können und weshalb in ihrem Leben flachgelegt werden können. Ja, ich hatte einen kleinen Verlust hier und da, aber Gott meinte es eigentlich ganz gut mit meinem Leben.

Ich hättenicht darauf gewettet,dass dureligiös bist.
Dann hättest du dir meine Songs genauer anhören müssen. Egal, wie grotesk oder over the top es wird, es gibt immer eine Spur Gottesfurcht in meinen Texten. In einer meiner bekanntesten Zeilen sage ich: „My son died, he aint live, but I still gotta think positive cuz in life God Take, God Give“. Oder im Song „Supa“, da sage ich es noch deutlicher: „All the criminal shit and the sinning they wanna know do I have a religion, is there a God do I believe in him, Oh yes, how the fuck else could I be so blessed, God put me on this Earth to be one of the best.“ Auf meinem neuen Album „Legends Never Die“ kannst du noch eine Menge mehr davon finden, du musst nur genauer zuhören.

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Boykottierst du Produkte von Unternehmen, die mit Monsanto zusammenarbeiten, die ja Agent Orange produziert haben, das so viel Leid in deiner Familie verursacht hat? Oder konsumierst du Snickers, Coca-Cola, Pepsi, Pringles, Philip Morris Tabak, Del Monte Bananen, Gatorade, Oreos, Lipton Ice Tea, Kellogs, oder eine der Hunderten von anderen Labels und Produkte, die von Monsanto beliefert werden und hilfst deren Gewinn zu maximieren?
Ich war nie so der Boykott-Typ. Ich lebe irgendwie nur mein Leben und tue das, was ich tue. Ich versuche nicht, eine Dose Limo zu boykottieren oder verdammte Kartoffel-Chips, um mich besser zu fühlen mit dem Tod meiner Familienmitglieder.

Aber bei einem Boykottgeht es nieüber den, derboykottiert, es geht immer umetwasGrößeres, es geht um Gerechtigkeit und darum, dassetwas schief läuftinder Welt.Warum nutzt du nichtdeine Positionals Künstler, um sicherzustellen, dass dieKriminellen, diedeine Familie getötet haben, darunter leiden? Im Gegenteil, warum unterstützt dusie?
Nun, ich weiß nicht genau, wer meine Familie auf dem Gewissen hat, aber ich glaube nicht, dass es ein verdammtes Snickers war. Meine Familie spielt nicht die Opfer-Karte. Wenn du ein Soldat bist, weißt du, worauf du dich einlässt. Du gehst eine Verpflichtung mit deinem Leben ein und bist bereit, es zu verlieren. Im Krieg passieren die schrecklichsten Dinge, die man sich nicht einmal vorstellen kann. Ich denke nicht, dass der Boykott von Oreo Cookies helfen wird, das zu ändern. Ich habe keine Antwort, wie man Frieden in der Welt schaffen kann. Wenn jemand diese Antwort hätte, würden wir uns nicht alle gegenseitig umbringen. Egal ob sie ungetestete Chemikalien auf das Laub in 'Nam oder eine Atombombe über Japan abwerfen, oder sonst ein Massenmord irgendwo in der Welt passiert, ich bin mir nicht sicher, ob die Antwort auf das Töten ist, gegen Snacks zu protestieren.

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Du sagst auf dem Album, du bist der Letzte, den sie zu politischen Themen sprechen lassen sollten. Also lassen wir dich sprechen: Was würdest du als zentrales Thema auswählen, wenn du aus dem Oval Office heraus eine Rede an die Nation halten dürftest?
Ich habe einen Scherz gemacht mit der Zeile: „I'm the last one they should ever let speak, I should save politics for Dead Prez and Immortal Technique“. Ich dachte nur, es wäre eine lustige Line, um einen politisch-komödiantischen Song wie „Shoot me in the Head“ zu beenden. Wenn ich im Oval Office wäre, wüsste ich gar nicht, wo ich anfangen sollte. Amerika ist ein großes Land mit einer Menge toller Leute, einigen der intelligentesten Menschen auf der Welt. Aber ehrlich gesagt, wie viele Jahre ist es her, dass wir einen Präsidenten mit mindestens einem halben Gehirn in seinem verdammten Kopf hatten? Alle vier Jahre finden wir die dümmsten Menschen des Landes und lassen sie unsere Nationen regieren. Das ist deprimierend. Du hast ja deutsche Wurzeln. Verfolgst du auch die deutsche Politik? Was hältst du von Angela Merkel und was rätst du uns für die Bundestagswahl?
Ja, ihr solltet Angela Merkel loswerden und Rugged Man zum Kanzler wählen. Ich würde Siegelsbach zur Hauptstadt von Deutschland machen.

Wenn wie von Faithless behauptet und von dir bestätigt, Massenmedien eine Massenvernichtungswaffe sind, was haben die Verbraucher im Umgang mit diesen Medien dann zu beachten?
Die meisten Menschen sind unsicher und vertrauen ihrem eigenen Urteil nicht, so dass sie sich auf das verlassen, was ihnen gesagt wird, was sie zu denken haben, wie sie abstimmen sollen, was sie zu kaufen haben, wer der beste Musiker ist, was für einen Film sie sehen sollen, welchen Politiker sie unterstützen sollen. Sie recyceln nur Meinungen aus Scheiße, die sie von jemand anderem gehört haben, oder, die ihnen in einer Zeitung oder einer TV-Show verkauft wurden. Sie verstehen nicht, dass die Menschen, die ihnen das sagen, selbst nur einen Scheiß wissen und irgendeiner Agenda folgen müssen. So lange, wie es Schafherden gibt, werden Menschen immer intelligent genug sein, um das zu nutzen. Wie fühlt es sich an, nun selbst in einem Massenmedium vertreten zu sein? Ist das nicht ein Widerspruch?
Ich bin nun wirklich nicht Teil der Massenmedien. Ich habe eine kleine Twitter-Seite, eine kleine Facebook-Seite und eine gewisse Unterstützung von Fans. Ich habe nicht eine 5-Millionen-Dollar-Marketing-Kampagne, die der Gesellschaft eine Gehirnwäsche verpasst, damit diese dann glaubt, dass ich gut bin.

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Was ist dein Ziel, wenn du selbst als Journalist für Massenmedien schreibst?
Ich schreibe über das Boxen für ein paar Magazine und manchmal über Filme. Ich wünschte, es gäbe mehr Stimmen in den Medien, die fair, ehrlich und leidenschaftlich sind gegenüber dem, was sie schreiben. Aber das ist das Problem mit den Medien, jeder hat eine Agenda und es wird nur über Dinge geschrieben, die nicht den eigenen Arbeitsplatz gefährden. Ich dagegen, egal ob mit meiner Musik, dem Schreiben oder der Filmproduktion, ich schere mich nicht darum, ob ich jemals wieder schreibe, eine Finanzierung für einen Film bekomme oder mir nie wieder ein Vertrieb den Rücken stärkt. Ich mache, was ich will, so wie ich es will. Du weißt, die Revolution wird nicht im Fernsehen übertragen. Sie wird auf der Straße passieren. Bemerkenswerterweise ist das in der westlichen Welt noch nicht geschehen. Braucht die Welt den ultimativen Protestsong? Und könntest du diesen schreiben?
Die ultimative Protestsong geht: „I'm a piece of shit, I'm a fucking fat fuck, shoot me in the head, shoot me in the head “. Es ist ein Protest gegen die politisch korrekten Medienaffen, die alles verschweigen wollen, worüber jeder Einzelne da draußen aber eigentlich reden will.

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