Zwei Frauen schauen von oben in die Kamera, Diva war um die Jahrtausendwende die bestbezahlte Tänzerin im legendären Gold Club Stripclub in Atlanta.
Jackie "Diva" Cook (rechts) | Alle Fotos sofern nicht anders angegeben mit freundlicher Genehmigung von Jackie "Diva" Cook
Sex

Interview: Ich war die bestbezahlte Tänzerin in Amerikas bekanntestem Stripclub

Jackie "Diva" Cook datete Promis und verdiente bis zu 5.000 US-Dollar die Stunde. Dann kam das FBI.

Im Gold Club in Atlanta feierten Promis und NBA-Stars, er galt als bester Stripclub der USA. Und er bescherte allen Beteiligten einen ordentlichen Batzen Geld. Der Inhaber Steve Kaplan verdiente bis zu 30 Millionen Dollar im Jahr. Möglich machten das auch die besonderen Gesetze der Südstaatenmetropole. Anders als in anderen US-Städten durften die Tänzerinnen sich hier komplett ausziehen und der Club gleichzeitig Alkohol verkaufen. Die Gäste liebten vor allem Champagner

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1999 stürmte das FBI den Gold Club. Die Vorwürfe: versteckte Prostitution, Kreditkartenbetrug, Geldwäsche und Verbindungen zum organisierten Verbrechen. Steve Kaplan und seine Mitarbeiter sollen unter anderem Tänzerinnen für Sex mit Sportlern und anderen Prominenten bezahlt haben. Kaplan machte einen Deal mit dem Gericht: Er gestand, dass er Verbindungen zur organisierten Kriminalität hatte und schloss den Club 2001.

Eine beleuchtete Hausfassade mit der großen Aufschrift "The Gold Club"

Der Gold Club von außen | Foto: Erik S. Lesser/Newsmakers

Im Zentrum des Skandals stand außerdem Jackie "Diva" Cook (damals hieß sie noch Bush). Sie war die bestbezahlte Tänzerin im Gold Club und eine enge Vertraute Kaplans. Heute lebt Cook in Nevada. Bei unserem Zoom-Call trägt sie einen pinken Fleece-Pulli und eine Brille mit dicken Rändern. Im Hintergrund bellen ihre Hunde. Wir haben mit Diva über die glorreichen Zeiten des Gold Clubs gesprochen, über ausgefallene Kundenwünsche und darüber, wie es ist, wenn einem über 100 Jahre Gefängnis drohen. 

VICE: Der Gold Club war damals gleichbedeutend mit Champagner. Ihr habt den wahrscheinlich nicht den Gästen einfach nur hingestellt?
Jackie "Diva" Cook:
In einem solchen Club versucht man immer, alles aufregend und anzüglich zu machen – und dabei möglichst viel Geld zu verdienen. Einer unserer Tricks war, sich den Champagner über den Rücken zu gießen, also in die Rückenrinne. Der Typ hat dann hinter dir gehockt und den Champagner von deinem Hintern getrunken. 

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Eine Flasche hat 5.000 Dollar gekostet, oder?
Die teuerste Flasche war die Millennium Bottle. Die hat 20.000 Dollar gekostet und war etwa 1,20 Meter hoch. Man brauchte zwei große Männer mit einer Zange, um den Korken rauszukriegen. Für jede Flasche Champagner, die man verkauft hat, bekam man 100 Dollar. Also für die normalen Flaschen. Für die großen hat man 1.000 Dollar bekommen. 

Dom Pérignon hat irgendwann den Vertrag mit uns gekündigt, weil sie unseren Bedarf nicht decken konnten. In den USA bekommt jeder Club von ihrem Vertrieb nur eine bestimmte Flaschenanzahl. Unsere Bestellungen verdoppelten und verdreifachten sich. Also sind wir von Dom auf Perrier-Jouët umgestiegen.

Zwei Frauen umarmen sich an den Hüften und schauen in die Kamera

Jackie "Diva" Cook (rechts) mit einer Kollegin

Gehen wir ein Stück zurück. Wie hast du im Gold Club angefangen?
Ich stamme ursprünglich aus Milwaukee, Wisconsin. Dort habe ich in ein paar kleineren Stripclubs gearbeitet. Einmal im Jahr kam der Entertainment Guide raus, eine Art Führer für alle Stripclubs im ganzen Land. Und jedes Mal war der Gold Club auf dem Titel, weil er der beste der USA war – eigentlich sogar der beste Stripclub der Welt. Die anderen Mädchen und ich sahen das dann und träumten davon, dort zu arbeiten.

Irgendwann war mein damaliger Verlobter in Atlanta. Er bezahlte mir ein Flugticket, damit ich ihn besuchen konnte. Ich nahm mir dort fest vor, mich im Gold Club vorzustellen. Dreimal bin ich reingegangen und wieder abgehauen. Ich war einfach viel zu nervös. Beim vierten Mal hat mich meine Freundin hingefahren. Sie sagte nur: "Los, rein da und hol dir den Job!"

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Als ich reinkam, muss ich etwas verloren ausgesehen haben. Norby, der Manager, sagte: "Kann ich dir helfen? Hast du einen Termin?" Ich antwortete: "Nein, ich habe nur genug Mut gesammelt, um herzukommen." Er brachte mich zum Umkleideraum und stellte mich Rose vor, der Hausdame. "Entspann dich, Liebes, du bist wunderschön", sagte sie. Norby kam näher und sagte: "OK, zieh dein Sommerkleid aus." Direkt, ohne Umschweife. Ich zog das Kleid also aus. "Dreh dich um." Er schaute mich an, dann wandte er sich zu Rose und sagte: "Gib ihr jeden Abend, den sie will." 

Kannst du beschreiben, wie es damals im Gold Club war?
Es war eine Mischung aus Las Vegas, dem New Yorker Studio 54 und dem Copacabana, dem anderen berühmten New Yorker Nachtclub. Es gab eine riesige Bühne und Showeinlagen, die wir über die Nacht verteilt machten. Viermal am Abend mussten wir Tänzerinnen in Smoking Jacketts und Fliege durch den Club gehen, damit die Männer alle Frauen sehen konnten, die an dem Abend arbeiteten.

Am Anfang war das alles etwas viel, aber nachdem ich mich eingewöhnt hatte, wurde mir klar, dass die Arbeit im Gold Club nicht so anders war als das, was ich in Milwaukee gemacht hatte – nur in größerem Maßstab. Sobald ich mich dort einmal wohlfühlte, war alles möglich. 

Der Club war auch bekannt für die vielen prominenten Gäste.
Jeder, der damals einen Namen hatte, war in diesem Club. Senatoren, Kongressabgeordnete, Sänger. Michael Jordan. Einfach jeder. Wenn die Leute unten im Hauptsaal hörten, dass Madonna, Dennis Rodman oder die Spieler der Lakers oben in den VIP-Räumen waren, sagten die Typen: "Oh, ich will auch einen Raum buchen. Vielleicht komme ich in ihre Nähe und kann sie dort sehen …"

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Ein Mann sitzt zwischen zwei Frauen auf gepolsterten Sitzen. Alle drei sind sehr gut gelaunt

Cook mit einem Gast des Gold Club in seinem Privatjet

Wie viel hast du anfangs verdient und wie schnell hat sich das geändert? Ich habe gehört, dass dir ein Typ mal 50.000 Dollar für eine Nacht gegeben hat.
Es war schon komisch. Wenn dir jemand so viel Geld gibt, fragst du dich, ob das gerade wirklich passiert ist. Bei meiner ersten richtigen Schicht im Club habe ich 900 Dollar verdient. Das hat mich umgehauen. In Milwaukee konnte ich mit Glück vielleicht 150 Dollar in einer Nacht verdienen.

Aber ich merkte auch, dass es da noch Luft nach oben gab. Ich fing an, die VIP-Girls zu beobachten. Ich wollte sehen, wie sie arbeiteten. Sobald man ein paarmal erfolgreich Typen in den VIP-Bereich geführt hatte, durfte man dort auch mal einfach so rumlaufen. Sobald ich das raushatte, habe ich den Bereich nicht mehr verlassen. Anfangs habe ich da 1.000 Dollar die Stunde bekommen. Und dafür musste ich nur zur Tür reinkommen. Wenn ich eine Mitgliedschaft, Champagner, Essen und weitere Mädchen verkauft habe, bekam ich noch mehr.

Als wir angeklagt wurden und ich nicht mehr als Tänzerin arbeitete, verdiente ich zwischen 2.000 und 5.000 Dollar die Stunde. Das ist eine Menge Geld. 

Der Club hatte sogar seine eigene Währung. Wie hast du die Leute dazu gebracht, weiter ihre "Gold Bucks" auszugeben?
Man konnte sie mit Kreditkarte kaufen. Das war einfacher, als zur Bank zu gehen und mit großen Bündeln Bargeld in den Club zu kommen. Es gab Nächte, in denen Typen bei American Express angerufen haben, um ihr Limit zu erhöhen, weil sie noch nicht gehen wollten. Allein in einem Jahr habe ich Champagner im Wert von 359.000 Dollar verkauft. Das habe ich im Zuge des Gerichtsverfahrens erfahren. Die Anklage stand auf und sagte: "Finden Sie das nicht ein bisschen exzessiv? Finden Sie nicht, dass sie Menschen manipuliert?" Das sah ich natürlich nicht so. So war halt das Geschäft.

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Tänzerinnen in bunten Bikinis und Nummernschildern

Tänzerinnen im Gold Club | Foto mit freundlicher Genehmigung von Baby Norman

Der Typ, der dir die 50.000 Dollar zahlte, wollte, dass du Jeans ohne Unterwäsche trägst. Was für Anfragen hast du sonst noch von spendablen Gästen bekommen?
Ein Öl-Tycoon aus Texas wollte, dass ich mich wie eine Bibliothekarin anziehe – mit hochgesteckten Haaren, Brille, Pullover und Rock. Ich sollte nicht für ihn strippen, sondern einfach diese Sachen tragen. Ein anderer Typ wollte, dass ich mich wie eine Geschäftsfrau anziehe. Wie eine Juristin. Komplett mit Koffer, schmalen Pencil Skirt und einer Anzugjacke. 

Steve Kaplan hat dich unter seine Fittiche genommen. Wie war das?
Es war verrückt. An einem Abend meinte Steven zu mir: "komm mit." Wir gingen nach oben, rüber zu der DJ-Kanzel. Steve trat ans Mikro und sagte: "Hört alle zu! Diva ist nicht länger nur Diva. Sie kann kommen und gehen, wie es ihr beliebt. Niemand kann sie feuern. Niemand kann ihr sagen, was sie zu tun hat. Sie kann euch feuern." Der Adrenalin- und Egoschub war einfach unglaublich. Ich fühlte mich unberührbar.

Steve verkörperte für mich alles, was ich von einem guten Clubbesitzer erwarte. Er war unglaublich empathisch. Wenn du zu Steve gegangen bist und sagtest: "Hey Steve, ich habe nicht genug Geld verdient, um meine Miete zu zahlen", dann gab er dir das Geld. Er hat es bei mir ein paarmal gemacht, als ich im Club anfing. 

Du hast eben schon das Verfahren erwähnt, aber was passierte in der Nacht der FBI-Razzia? Wusstet ihr, dass ihr beobachtet werdet?
Es war ein komischer Abend. Irgendwie fühlte sich alles nicht richtig an. Ich hatte ein bisschen Geld verdient, war müde und verabschiedete mich. Als ich mit dem Auto vom Parkplatz fuhr, schaute ich in den Rückspiegel und sah einen Haufen Männer mit großen Kalaschnikows und Gasmasken, die das Gebäude stürmten.

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Ich dachte, es wäre ein Überfall. Wir hatten jede Nacht über 150.000 Dollar im Safe liegen. Als ich zu Hause ankam, klingelte mein Telefon. Es war Steve. "Das FBI macht gerade eine Razzia im Club. Sie sind im Büro in New York. Sie sind auch auf dem Weg zu deinem Haus. Aber mach dir keine Sorgen. Wir haben Anwälte. Alles wird gut."

Sie hatten es auf mich abgesehen, weil ich Steve am nächsten stand. Sie dachten wohl, wenn sie mich kriegen, würde er schneller einknicken und wir wären Geschichte. Aber die Anklage wurde dreimal überarbeitet. Die Vorwürfe waren Wahnsinn. Sie packten einfach mehr und mehr dazu. Irgendwann drohten mir 177 Jahre Gefängnis.

Sie hatten unsere Telefone abgehört. Jedes Mal, wenn ich mein Telefon abnahm, klickte es dreimal und ich hörte ein komisches Geräusch. Erst dann konnte ich mit der Person reden, die mich angerufen hatte.

Drei Frauen posieren in einer Clubtoilette für ein Foto

In den Toiletten des Gold Club

OK, das ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass irgendwas vor sich geht!
Steve meinte nur: "Du machst nichts Illegales. Du arbeitest legal in einem Stripclub. Was wollen sie dir dafür anhaben?" Aber man muss dann doch seine Unschuld beweisen … Und es macht einen fertig. Die haben versucht, mich als Prostituierte darzustellen, und behauptet, Leute wie Dennis Rodman hätten für Sex mit mir bezahlt. Also bitte, ich war mit ihm ein ganzes Jahr zusammen. 

Wie ist dann alles geendet?
Steve zahlte allen die Anwälte. Meiner allein, Bruce Harvey, hat für die zwei Prozessjahre 2,4 Millionen Dollar gekostet. Steve war es irgendwann einfach müde, jeden Tag das gleiche Zeug zu erleben – Leute, die im Zeugenstand lügen und dann widerlegt werden. Er zahlte schließlich fünf Millionen Dollar und ging 13 Monate ins Gefängnis, damit alle unbescholten davonkommen. Ich habe keine Vorstrafen. 

Aber sie haben dein Vermögen beschlagnahmt?
Ich habe alles verloren. Ich lebte ein gutes Leben und rechnete nicht damit, dass so etwas passieren könnte. Ich habe gerade erst mit jemandem darüber gesprochen, der mich fragte: "Wie schafft man es, von so einem Luxus- in ein normales Leben zurückzukehren?" Es ist eine Frage von Demut. So schnell, wie du etwas gewinnst, kannst du es auch wieder verlieren. Damit muss man leben können. Aber man kann es sich auch wieder zurückholen. 

Wie hast du dich gefühlt, als der Gold Club geschlossen wurde?
Es war schön und traurig zugleich, ihn ein letztes Mal zu betreten. Schmerzhaft war es vor allem, weil 400 Menschen ihre Arbeit verloren. Alleinerziehende Mütter wie ich. Es traf nicht nur uns, sondern auch unsere Familien. Es war einfach ein trauriger Tag. Wir sind dann rausgegangen und haben uns auf der gegenüberliegenden Straßenseite ins Auto gesetzt und zugesehen, wie sie mit den Ketten ankamen, die Türen verschlossen und den Sticker auf die Eingangstür klebten. Es war surreal. 

Seit der Schließung des Clubs hat sich viel geändert – die Verbreitung von Social Media zum Beispiel. Wie hat sich das auf Stripclubs ausgewirkt?
Wenn wir das alles damals gehabt hätten, hätten sehr viele Männer Probleme mit ihren Ehefrauen bekommen. Damals gab es noch Privatsphäre. Wir hatten eine Hintertreppe, über die wir die großen Celebrities nach oben gebracht haben. Alle sind da hoch, Keanu Reeves, Jerry Springer, einfach alle. Es wird nie wieder einen Club wie den Gold Club geben. Nie.

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