FYI.

This story is over 5 years old.

Stuff

Warum Sex bei Menschen mit Behinderung immer noch ein Tabu für uns ist

Sexklusion statt Inklusion: Das ist das Motto von "PRO21 Kampfassistenz", die am Samstag zu einer großen Charity-Gala in der Wiener Lugner City aufrufen.
Foto: Veronique Giroud

Fotos von Veronique Giroud

Sex und Liebe sind die großen Themen jeder Generation—aber in Bezug auf Menschen mit Behinderung sind sie häufig immer noch tabu. Das Projekt PRO21 Kampfassistenz will das ändern und Liebe, Sex sowie andere "behinderte Realitäten" jetzt aus der Tabuzone holen.

Die selbsternannte Kampftruppe will gesellschaftlichen Widerstand und Aktivismus produzieren, entgegen dem homogenen Gruppengedanken der Inklusion. Im Fokus des Projekts steht der Begriff der Sexklusion—ein Kunstwort aus Sexualität und Exklusion, "gewürzt mit einer Extraportion Fremdbestimmung", wie die Gründerin Josefine Thom des Projekts sagt.

Anzeige

Was damit gemeint ist, erklärt sie so: "Die Entscheidung über Partnerschaft, Ehe, Kinderwunsch, Kindererziehung oder Kontrazeptiva von Menschen mit Behinderung liegt meist bei Dritten, sprich den Sachwalter_innen oder Ämtern. Vom Adoptionsrecht sind diese Menschen ganz und gar ausgeschlossen. Zeitgemäße Sexualaufklärung, Netzwerkarbeit unterschiedlichster Akteur_innen und unterstützende Maßnahmen sind Mangelware. Viele Einzelfallbeispiele machen dies nur noch deutlicher."

Dazu gehöre dass Behörden oft willkürlich über die Herausnahme von Kindern aus Familien entscheiden, deren Eltern eine Behinderung haben, so Josefine Thom weiter. "Die Begründung heißt oftmals 'Gefahr in Verzug'. Gutachter_innen stufen Menschen mit Behinderung als nicht geschäftsfähig ein. Heiraten nicht möglich."

Auch, wenn heutzutage Zwangssterilisation in Form des unfreiwilligen operativen Eingriffs unzulässig ist, stelle sich die Frage, ob es nicht einer Neudefinition bedürfe: "Frauen mit Behinderungen bekommen nämlich unwissentlich oder sogar unwillentlich Verhütungsmittel, wie die Pille oder Dreimonatsspritze, verabreicht."

Dagegen richte sich das Projekt genauso wie es ein Zeichen für selbstbestimmte Sexualität und vielen anderen Realitäten von behinderten Personen setzen wolle.

Am Samstag, den 4. Juni, findet dazu in der Lugner City die "große Charity-Show-Gala" statt. Im Internet konnte die letzte Monate für drei aktivistische Projekte abgestimmt werden. Neben PRO21 Kampfassistenz, auch Migrating Kitchen und rueber. Dort wird bekannt gegeben, welches von den dreien gewinnt. Mit dabei sind außerdem MC Sajsi & Kranksvester, AJ AMOK, DJ JOJO, Tony Wegas, HAM, Vihanna, ALI OTK und Stefanie Sargnagel. "Nur, weil du vorletzte Woche VdB gewählt hast, bist du längst noch nicht politisch", so die Macherin von PRO21 Kampfassistenz in ihrem Aufruf zur Solidaritätsbekundung. Um 20:00 Uhr geht's los.

Mehr zu Menschen mit Behinderung findet ihr hier.