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Essen

Warum die Berichte, dass in Österreich die meisten Kalorien konsumiert werden, falsch sind

In internationalen und heimischen Medien kursiert derzeit die Meldung, dass in Österreich täglich 3.700 Kalorien konsumiert werden. So verfressen sind wir jedoch nicht.
Foto: VICE Meda

In den letzten Tagen machte in einigen internationalen Medien eine ziemlich deftige Meldung die Runde: Mit einem durchschnittlichen Kalorienverbrauch von 3.769 pro Tag sollen die Österreicherinnen und Österreicher quasi die verfressensten Menschen der Welt sein, noch vor üblichen Verdächtigen wie den USA.

Die Meldung ging unter anderem über Foreign Policy, beim britischen Independent, bei Daily Mail und Yahoo News raus und wurde mittlerweile auch von der Österreich übernommen. Auch unsere Food-Plattform MUNCHIES berichtete darüber.

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Aber selbst angesichts all der gängigen Leberkäs-Semmel zum Frühstück, den ganzen Schweinsbraten zu Mittag, Käsekrainern und Germknödel zu Abend, gefolgt von 20 Bier über die Nacht verteilt, konnte ich das einfach nicht so recht glauben—3.769 im Durchschnitt (!) klingt einfach absurd. Und hat sich letztlich auch als falsch herausgestellt.

In allen Berichten wird auf eine neue Studie der Seite recoverybrands verwiesen, die sich weltweites Konsumverhalten—zu Alkohol, Tabak und eben Kalorien— angesehen hat und sich auf den Zeitraum von 2004 bis 2013 bezieht. Wir mögen ja die ärgsten Säufer und Raucher sein, aber gerade dort sind wir laut der Studie nicht Erster, sondern bei der Nahrungsaufnahme. Als Quelle verweist man auf Zahlen der OECD.

Screenshot via recoverybrands

Mit Blick auf diese Daten zeigt sich aber die erste Ungereimtheit. Dort gibt es zu „Kilocalories per capita per day" offiziell nur Angaben bis 2011. Der beschriebene Zeitraum 2004 bis 2013 in der recoverybrands-Studie stimmt also schon mal nicht. Ein Anruf beim OECD Büro in Berlin bestätigt: „Es gibt defintiv keine publizierten Daten nach 2011."

Den Mythos der 3.769 Kalorien zerstreut schließlich endgültig ein Experte der Universität Wien. Dr. Jürgen König ist Professor für Ernährungswissenschaften, hat sich die Rohdaten für uns genauer angesehen und kommt zum Ergebnis: „Bei den Werten handelt es sich lediglich um die verfügbaren Kalorienanzahl am Markt, nicht um die tatsächlich konsumierten Kalorien." Es ist also die Menge an Lebensmittel (und ihrem Kalorienwert) die prinzipiell hierzulande für jeden von uns im Umlauf ist, aber nicht tatsächlich jeden Tag verzehrt wird. Wir sind also zwar ordentlich übersättigt, aber nicht ganz so schlimm verfressen.

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„Bei den Zahlen handelt es sich um die Menge an Kalorien, die am Markt ist, nicht aber tatsächlich konsumiert wird"

Der tatsächliche Kalorienverbrauch liegt laut Ernährungsbericht des Ministeriums bei etwa 1.800 bzw. 2.100 unter erwachsenen Frauen und Männern und basiert auf Befragungen. „Das wiederum halte ich vielleicht für etwas niedrig, ist aber sicherlich näher an der Realität als die 3.769", meint Professor König.

Die Zahlen der OECD seien eigentlich Agrarstatistiken der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) und wohl wurden als solche wohl selbst ungenau übernommen. Aus dem „calories supply" dürfte „calories intake" geworden sein, so der Experte.

Ja, wir Österreicher sind zwar ein Volk, dass „Mahlzeit" als Grußformel verwendet und eine Schnitzelsemmel als lockeren Snack sieht, die 3.769 Kalorien täglich schaffen aber dennoch nur die Besten unter uns.

Thomas bei Twitter: @t_moonshine