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Amsterdam

Die schlimmsten Zechpreller Amsterdams

Kunden tun es mindestens schon so lange, wie es Restaurants gibt: Sie verschwinden, ohne die Rechnung zu bezahlen. Einige Amsterdamer Gastronomen erzählen uns über ihre Erfahrungen mit den dreistesten Schmarotzern.

Ich habe das Bild immer noch klar vor Augen, wie ich über den Marktplatz in Kortrijk renne mit meiner Schürze umgebunden und meiner Arbeitsgeldtasche, in der die vielen Münzen klirren. Kunden, die die Zeche prellen, sind das Schlimmste. So befriedigend es auch sein mag, diesen Leuten wie ein Spezialagent hinterherzurennen – sie zu packen und sie zu zwingen, ihre Rechnung zu bezahlen –, so sind sie trotzdem der Alptraum eines jeden Gastronomen.

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Aktuelle Studien des belgischen Verbands für Lebensmittelhandel (NSZ) zeigen, dass die Zahl der Zechpreller im vergangenen Jahr um 24 Prozent angestiegen sei. Immer mehr Schmarotzer betreten das Restaurant, füllen sich ihre Bäuche mit dem feinsten Essen und Trinken und schleichen sich dann hinaus, ohne ihre Rechnung zu begleichen. Restaurants und Bars versuchen dagegen anzukämpfen, indem sie ihre Kunden bitten, im Voraus zu bezahlen oder sie installieren Überwachungskameras. Sie zu erwischen, ist aber trotzdem nicht so einfach, weil die Gastronomiediebe "immer cleverer und hinterlistiger werden".

Das Geld, das sie nicht bezahlen, fehlt woanders. Meistens ist das die Kasse des Lokals, manchmal aber auch der Lohnzettel des Kellners. Viele dieser Kriminellen scheinen sich darüber nicht im Klaren zu sein oder es ist ihnen schlichtweg egal.

NSZ fordert jetzt Restaurants in Belgien dazu auf, jedes Mal, wenn jemand ohne seine Rechnung zu bezahlen das Lokal verlässt, die Polizei zu rufen. Nur 18 Prozent der Unternehmen halten sich aber daran. Vielleicht ist es zu viel Mühe, oder vielleicht denken die Restaurantbesitzer, dass es ohnehin nichts bringt. Oder: Restaurants haben ihre eigenen, kreativen Methoden, wie sie mit Zechprellern umgehen.

Ich verbrachte einen Tag damit, auf dem Rad durch Amsterdam zu fahren und Angestellte in mehr als 20 verschiedenen Restaurants zu befragen, wie sie auf nicht zahlende Kunden reagieren. Die Antworten reichten von "Das passiert nur sehr selten" bis zu "Mit solchen haben wir es ständig zu tun" und "Diese miesen Leute sollten zur Hölle fahren". Aber in allen Fällen stellte sich heraus, dass die Restaurants die Sache lieber selbst in die Hand nehmen, als die Polizei zu verständigen.

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Ich sagte ihm, er sollte mir seine Schuhe geben und habe sie dann in den Kanal geworfen.

Wo:
Bo Cinq, Prinsengracht
Wer:
Fred, ehemaliger Manager
Rechnung:
135 Euro
Kunden erwischt:
Ja
Was passiert ist:
Der Typ war zum zweiten Mal bei uns essen. Der Dummkopf setzte sich an genau den gleichen Tisch wie das erste Mal, als er auch schon weggerannt war. Er kam mir bekannt vor, aber ich konnte ihn nicht sofort zuordnen. Erst als ein Kellner mich auf die tadellosen Tischmanieren des Gastes an Tisch 10 aufmerksam machte, fiel mir wieder ein, wer er war. Dieser verachtenswerte Mensch hatte schon einmal die Zeche geprellt. Seine Routine war wie einstudiert. Er kam herein, freundete sich mit allen Kellner an, bestellte dann eine Flasche Wein mit zwei Gläsern – vielleicht weil er auf einen Freund wartete – und Essen für zwei. Dieses Mal wollte ich ihn auf frischer Tat ertappen, deshalb bat ich alle Kellner, ihn im Auge zu behalten. Wir hatten alle ein Walkie-Talkie. Als der Typ aufstand und Richtung Ausgang ging, läuteten bei mir die Alarmglocken und ich stellte mich sofort mit der Rechnung in der Hand zur Tür. "Das ist das zweite Mal", sagte ich zu ihm. "Es ist an der Zeit, Ihre Rechnung zu bezahlen." Die Intensität des Moments wurde durch das Gewitter draußen verstärkt. Er antwortete, er hätte kein Geld bei sich, aber ich könnte ihn gerne zu seinem Auto begleiten. In meinem T-Shirt, das innerhalb von Sekunden klatschnass war, ging ich mit ihm hinaus. Auf dem Weg zum Auto hielten wir an einer Bar an, wo ein Freund ihm scheinbar Geld geben sollte. Die Bar hatte zwei Ausgänge und schneller als ich schauen konnte, versuchte der Typ zu entkommen. Ich schrie ihn an und fragte ihn, ob er jemals vorgehabt hatte, die Rechnung zu bezahlen. Er entschuldigte sich mehrere Male, aber das reichte mir nicht. Ich sagte ihm, er sollte mir seine Schuhe geben und habe sie dann in den Kanal geworfen, während er da stand und zusah. Arschloch.

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So reagiert ein Kellner auf einen Zechpreller

Ich habe ihm keine Sekunde vertraut.

Wo:
Café Schiller, Rembrandtplein
Wer:
Mees, ehemaliger Manager
Rechnung:
über 100 Euro
Kunden erwischt:
Ja
Was passiert ist:
Das Schiller ist für viele Schriftsteller eine Art zweites Zuhause. An einem Donnerstag Abend vor ungefähr drei Jahren saß eine Gruppe von Schreibern draußen auf der Terrasse mit einem Tisch voll Biergläser, Austern und Käseplatten. Im Laufe des Abends wurde die Gruppe immer kleiner. Als nur noch ein paar Leute übrig waren, brachte ich ihnen die Rechnung. Die Kunden bestanden darauf, dass ihr Redakteur, der sich irgendwo anders im Restaurant befand, die Rechnung bezahlt. Er weigerte sich aber. "Sie haben schon bei der Buchpräsentation gratis getrunken, dieser Teil des Abend liegt nicht in meiner Verantwortung", sagte er. Als die Autoren zu meinen Mitarbeitern sagten, dass sie kein Geld dabei hatten, aber zu einem Geldautomaten in der Nähe gehen wollten, habe ich ihnen keine Sekunde vertraut. Und mein Instinkt trog mich nicht: Als ich nach draußen schaute, beobachtete ich, wie sie ihre trägen, betrunkenen Körper über den Platz schleppten. Als ich ihnen nachrennen wollte, tippte mir der Türsteher vom Smokey, dem Coffee Shop nebenan, auf die Schulter. "Die krieg ich", versicherte er mir. Er war ein riesiger Mann und mit nur wenigen Schritten – so kam es mir zumindest vor – hatte er sie eingeholt und zerrte sie zum Geldautomaten. Ich nahm ihnen das Geld ab und ging zurück zur Bar. Wir bedankten uns beim Türsteher mit einer riesigen Platte Barsnacks. Das war nicht das letzte Mal, dass diese Schriftsteller ins Schiller kamen, aber danach bestand ich immer darauf, dass sie im Voraus bezahlen. Mir war eigentlich nicht nach Rache, deshalb versuchte ich einfach, den Vorfall auf professionelle Weise hinter mir zu lassen.

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Er starrte mich einfach an, bekifft und betrunken gleichzeitig, und es dauerte eine ganze Weile, bis er realisierte, warum ich so angepisst war.

Wo:
Café Flamingo, de Pijp
Wer:
Daan, Barkeeper
Rechnung:
24 Euro
Kunden erwischt:
Ja
Was passiert ist:
Kürzlich kam ein amerikanischer Backpacker in die Bar und probierte ein paar niederländische Biere. Wir sprachen über die NFL und immer wieder stand er auf und ging nach draußen, um einen Joint zu rauchen. In der Zwischenzeit füllte sich die Bar langsam. Ich war nicht immer hinter der Bar und verlor ihn zeitweise aus den Augen. Als ich ihn nicht mehr auf seinem Barstuhl sah, nachdem er sechs recht teure Biere getrunken hatte, dachte ich mir, dass er wahrscheinlich draußen auf der Terrasse steht und raucht. Aber auch dort sah ich ihn nirgendwo. Der Moment, in dem man realisiert, dass jemand seine Rechnung nicht bezahlt hat, ist extrem unangenehm, um es gelinde auszudrücken. Ich schaute schnell um die Ecke, um zu sehen, ob er noch in der Gegend war und sah, wie er sich langsam auf den nahegelegenen Gerard Douplein-Platz zubewegte. Ich fasste ihn am T-Shirt und hielt im wütend die Rechnung vor die Nase. Er starrte mich einfach an, bekifft und betrunken gleichzeitig, und es dauerte eine ganze Weile, bis er realisierte, warum ich so angepisst war. Nach ein paar "Sorry, Bros" drückte er mir mit einem schuldigen Blick im Gesicht 40 Euro in die Hand, also bekam ich am Ende ein ziemlich gutes Trinkgeld. Ich glaube, er wollte nichts Böses, deshalb beschloss ich, dass es keinen Sinn hat, mich darüber aufzuregen.

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Der Tisch sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.

Wo:
Rose's Cantina, Reguliersdwarsstraat
Wer:
Morgan, Barkeeper
Rechnung:
170 Euro
Kunden erwischt:
Nein
Was passiert ist:
Ich bediente die Familie schon den ganzen Abend. Ich hatte ihnen die halbe Speisekarte erklärt, Witze gerissen, den Kindern Aufkleber geschenkt. Als ich dann irgendwann aus der Küche kam, waren sie plötzlich verschwunden. Ihre Mäntel, ihre Geldtaschen, ihre Taschen, die Kinder – einfach alles. Der Tisch sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Ich verbrachte die darauffolgenden zwei Minuten damit, wie verrückt durch die Toiletten, durch den Garten, nach oben und durch die Bar zu rennen und fragte jeden meiner Mitarbeiter, ob jemand diesen Tisch abkassiert hatte. Natürlich nicht. Ich habe die Arschlöcher nie erwischt.

Es ist, als ob eine Person, der man vertraut, einem die Geldtasche klaut.

Wo:
Café Huyschkaemer, Utrechtsestraat
Wer:
Adnan Beuqi, Inhaber
Rechnung:
ungefähr 40 Euro
Kunden erwischt:
Ja
Was passiert ist:
Es passiert mindestens ein oder zwei Mal pro Monat: Ein Kunde verlässt das Lokal, ohne die Rechnung bezahlt zu haben. Es ist immer die Person, von der man es am wenigsten erwarten würde. Heute Nachmittag kam eine alte Frau herein, setzte sich hin und bestellte Kaffee und Kuchen. Nachdem sie gegessen und getrunken hatte, verschwand sie. Manchmal vergessen es die Leute einfach, aber meistens passiert das nur, wenn es sehr spät ist und die Leute sehr betrunken sind.

Einmal kam ein Paar herein und wir brachten sie zu einem Tisch im oberen Stock. Sie waren ganz offensichtlich sehr verliebt. Wenn sie nicht gerade herumknutschten, bestellten sie immer wieder Bier und Wein. Ich ging immer wieder zu ihnen hoch, füllte ihre Gläser auf und brachte ihnen Nachos mit viel Käse und Jalapeños, wie sie es bestellt hatten. Als ich die letzte Runde ankündigte, waren sie nicht an ihrem Tisch und ich sah sie auch nicht draußen. Wenn das passiert, fühlt man sich wirklich verarscht, besonders, wenn man sich den ganzen Abend darum bemüht hat, dass sie sich wohlfühlen. Es ist, als ob eine Person, der man vertraut, einem die Geldtasche klaut.

Im Sommer des darauffolgenden Jahres besuchte ich mit einem Mitarbeiter ein Open Air-Festival. Das gleiche Paar von damals war auch da und die beiden kamen auf uns zu, weil sie uns von der Bar erkannten. Sie waren in bester Stimmung und erzählten uns, dass sie ihr erstes Date in unserer Bar hatten und jedes Jahr zu ihrem Jahrestag zurückkommen wollten. Mein Mitarbeiter und ich sahen uns fassungslos an. "Ich kann mich an euch erinnern", antwortete ich, "weil ihr eure Rechnung nicht bezahlt habt." Anscheinend waren sie so versunken in ihre Zweisamkeit und ihre verrückt spielenden Hormone, dass sie komplett vergaßen, die Rechnung zu bezahlen. Sie fühlten sich so schuldig, dass sie uns den ganzen Tag Bier und Sandwiches spendierten. Sie kommen immer noch regelmäßig in unsere Bar und bezahlen ihre Rechnung immer im Voraus.

So gehört es sich!