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Wissenschaftler aus Wales haben Kätzchen die Äuglein zugenäht

Die Universität von Cardiff hat im Jahr 2010 eine Reihe von Experimenten unternommen, bei denen sie Kätzchen nach der Geburt die Augen zunähten, wie nun herauskam.
Matt Shea
London, GB
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Die Universität von Cardiff hat im Jahr 2010 eine Reihe von Experimenten unternommen, bei denen sie Kätzchen nach der Geburt die Augen zunähten, wie nun herauskam. Wir du dir vorstellen kannst, wurden daraufhin ziemlich viele Leute im Mekka der Katzenliebhaber, dem Internet, richtig sauer. Wenn ich mir einfallen lassen sollte, wodurch ich am besten die Wut aller Leute, die regelmäßig das Internet besuchen, auf mich lenken könnte, dann wäre das sicherlich ein Experiment, bei dem ich kleinen Kätzchen gegen ihren sehr schwachen Willen ihre Äuglein zunähen würde. Deshalb: Gut gemacht, Cardiff! Ihr seid mir zuvorgekommen.

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Von einem guten Journalisten wird erwartet, dass er bei seiner Arbeit immer beide Seiten einer Geschichte anhört und berücksichtigt. In diesem Fall aber ist die gegnerische Ansicht schnell zusammengefasst. Du brauchst keinen Doktortitel in Ethik und Moral, um zu wissen, dass das Zunähen von kleinen Kätzchenäuglein verwerflich ist. Es sind Babykatzen, verdammte Scheiße! Alles, was sie wollen, ist, hinter den Öhrchen gekrault und in ein Internet-Mem verwandelt zu werden. Sie wollen keine Nadeln hinter ihre Klimper-Klimper-Augenwimpern gestochen bekommen.

Ich beschloss, die Wissenschaftler der Cardiff University zu kontaktieren, um nach ihrer Sicht der Dinge zu fragen. Es stellte sich heraus, dass sie es nicht aus purer Gehässigkeit getan haben (man weiß ja nie). Stattdessen betreiben sie ihre Forschung, um eine Heilungsmethode für Amblyopie zu entwickeln, was weltweit die Sicht von Menschen beeinträchtigt und ihre Gesprächspartner irritiert.

Das hier hat die Universität dazu zu sagen.

Ein Kätzchen. Niedlich, oder?

VICE: Hallo, Sie Monster. Was genau ist das Ziel dieses grausamen Experiments?
Cardiff-Sprecher: Schwachsichtigkeit beeinträchtigt zwei bis vier Prozent aller Kinder und führt zu einer extrem eingeschränkten Sicht bis hin zur klinischen Erblindung des Auges. Bis heute gibt es keine Behandlungsmethode, um bei einem Kind nach dem achten Lebensjahr die normale Sehkraft wiederherstellen zu können. Das ist die kritische Phase der Entwicklung des Gehirns. Unser Ziel ist es, ältere Kinder oder Erwachsene behandeln zu können, deren Amblyopie übersehen oder nicht rechtzeitig behandelt wurde. Dafür wollen wir unser Verständnis des Gehirns verbessern, indem wir im visuellen Cortex von Kätzchen ähnliche Bedingungen herrschen lassen wie im im Cortex von Kindern. Gibt es wirklich nur diesen einen Weg, um das herauszufinden?
Es ist unmöglich, irgendeine andere Methode für diese Studie anzuwenden. Die Forderungen, die Untersuchungen könnten durch CT-Scans oder Computermodelle ersetzt werden, sind nicht richtig. Die Universität nutzt alternative Technologien, wann immer es möglich ist, und setzt Tiere nur dann ein, wenn es absolut notwendig ist. Der Zweck dieser Arbeit und ihre Durchführung wurden jeweils im universitätseigenen ethischen Begutachtungsverfahren geprüft und durch die Zentrale der Animals in Science Regulation Unit genehmigt.

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Aber könnten Sie nicht wenigstens ein weniger niedliches Tier als ein Kätzchen nehmen? Eine Kröte zum Beispiel?
Für diese Studie mussten Katzen verwendet werden, weil ihre Augen, ähnlich  wie Primaten und einige andere Säugetiere, frontal positioniert sind. Deshalb sind sie anfällig für ernsthafte Formen der Amblyopie, wie sie bei Menschen entstehen. Da Amblyopie schon früh, nämlich während der Entwicklung des visuellen Systems in sehr jungem Alter, auftritt, kann die Forschungsarbeit nur an jungen Katzen oder jungen Menschen durchgeführt werden. Gibt es keine Möglichkeit, ihnen das Sehvermögen zu nehmen, ohne ihnen dafür die Augen zuzunähen?
Nein. Die Forschungsarbeit wurde unter Betäubung durchgeführt, ohne dabei unangemessene Qualen oder Beschwerden hervorzurufen. Es wurden Standards beachtet, wie sie bei Veterinären häufig im Bereich der Therapie von Augenerkrankungen bei Hunden und Katzen Anwendung finden.

Was passierte mit den Kätzchen danach?
Wie in den Vertragsbedingungen bei der Lizenzvergabe durch die Zentrale formuliert, wurden die Katzen am Ende des Experiments human getötet. Oh mein Gott!

Der Gedanke an eine humane Art, Katzenbabys zu töten, macht mich krank. Ich leide nicht an dieser Krankheit und habe deshalb auch nicht mit den damit einhergehenden Problemen zu kämpfen. Trotzdem ist mir klar, dass diese Forschungen notwendig sind und zwangsläufig entweder an tierischem oder menschlichem Nachwuchs gemacht werden müssen. Und wenn ich mich zwischen einem menschlichen Baby und einem Kätzchen entscheiden muss, ist es mir lieber, die Katzenbabys landen unterm Messer. Ideal ist das natürlich nicht und ich bin mir sicher, dass Wissenschaftler, die eine erfolgreiche Gebärmuttertransplantation hinkriegen, es auch schaffen, Schielen zu heilen, ohne dafür Katzenbabys abzuschlachten. Aber ich denke, darauf müssen wir noch warten, bis es jemand schafft, auf künstlichem Weg Augen zu rekonstruieren und die Leben all dieser süßen, unschuldigen Kätzchen zu retten.