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Satire

Warum wir über politische Nachrichten nicht einfach nur lachen sollten

Wenn wir über den Wahnsinn von Reichsbürgern und Donald Trump einfach lachen, nehmen wir die Sache vielleicht leichter, als wir eigentlich sollten.
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Die traditionellen Medien und ihre Arten, Nachrichten zu vermitteln, verlieren nicht nur bei Leuten, die "Lügenpresse" skandieren, an Bedeutung. Auch das Konsumverhalten der geistig Gesunden wandelt sich: Die immer gleichen Sendeabläufe interessieren tendenziell immer weniger Leute. Dabei schwindet das politische Interesse aber nicht bei den Jungen, wie immer mal wieder vermutet wird. Wir beziehen unsere Nachrichten nur anders: nämlich in Form der Satire.

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Den Trend, den Wissenschaftler in Amerika schon länger beobachten, kenn ich nur zu gut von mir selbst, denn ich liebe sie alle: Jan Böhmermann, Seth Myers und John Oliver vielleicht ein bisschen mehr als Ster- und Grissemann, aber ich gebe mich ihnen allen doch recht demokratisch hin.

Und während dieser seltsamen Hoch-Zeit, die sie da mit Trump und wucherndem Populismus feiern, schau ich ihnen besonders gerne zu. Sie alle erzählen – die einen akkurater als die anderen – uns Geschichten vom langsamen Untergang. Aber eben so, wie man diese Geschichten nun mal erzählt: mit einem fetten Grinsen und angemessenem Zynismus. Das ist eingängiger, weniger deprimierend und auch weit sexyer als die ZIB.

Bei dem täglichen Schlechte-Nachrichten-Bombardement ist es irgendwie erholsam, mal nicht mit einem Begräbnisgesicht auf den Bildschirm starren zu müssen. Oder mehr so Begräbnis vom ungeliebten Erbonkel, bei dem es zwar jeder mit dem Weinen versucht, aber am Ende doch irgendwer anfängt zu lachen. Und dann kann sich die ganze Familie nicht mehr halten vor lauter "Wir habens überstanden"-Gefühl. So stell ich mir das jedenfalls vor. Zumindest beim Trump-Begräbnis. Also metaphorisch. Aber so einfach ist die Sache natürlich nicht.

Während der fiktive, trumpesque Onkel wirklich unter der Erde ist, hat der echte immer noch seine viel zu kleinen Hände an roten Knöpfen, mit denen er Cola bestellt, und seinem Handy, mit dem er Beleidigungen twittert, denen er ein paar Jahre später exakt widersprechen wird.

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Nur darüber zu lachen hilft nicht. Es beruhigt nur. Es hat was Reinigendes, dem Orangenkopf und seiner Crew von Skandal zu Skandal zu folgen, und die Absurdität lachend wegzuschieben. Die innere Spannung fließt ab (würde der Therapeut sagen). Wenn man über die Sache lachen kann, dann ist sie halt auch schon gegessen (würde die Oma sagen).

Wir sind die Arschlöcher, die über das dicke Kind lachen.

In Wahrheit ist die Sache aber noch viel zu heiß zum Essen. Jetzt werden einige entgegnen, dass das nicht stimmt; dass wir gar nichts von den vielen roten Knöpfen,die der drücken könnte, wüssten, wenn wir das nicht von John Oliver erklärt bekommen hätten. Stimmt eh. Weil wir oft zu emotional faul sind, um die ZIB schauen.

Weil wir zu zynisch und abgeklärt sind, um zu protestieren. Da lachen wir lieber über die perückenhaften Haare. Aber wir können eben auch drüber lachen, weil uns die Probleme, die der dumme Onkel macht, nicht wirklich treffen. Weil wir nicht die verarschten Bergwerksarbeiter sind. Weil wir nicht gerade unsere Krankenversicherung verlieren. Wir sind die Arschlöcher, die über das dicke Kind lachen.

Das ist kein Vorwurf in Richtung 'ihr seid so pietätlos'. Aber es ist eine Erinnerung daran, dass wir über solche Sachen eigentlich nicht lachen müssen sollten, dass uns das Lachen vielleicht besser im Hals stecken bleiben sollte (und ja, das tut es manchmal eh).

Es ist eine Erinnerung daran, dass uns das komische Fach auch mal besser in unserer Weltsicht herausfordern sollte, als uns bloß in dem Wissen zu bestärken, die Amis seien deppert und der Xaver total angrennt. In den wirklichen Hochzeiten kann das die Komik ja auch. Aber im Moment geben Satiriker die an sich groteske Welt meistens einfach wieder, statt sie zu überhöhen.

Das liegt natürlich auch daran, dass das Überhöhen bei Executive Orders von Donald Trump kaum noch möglich ist, eh klar. Aber diese Absurdität sollten wir uns trotzdem bewusst machen und sie nicht beiseite lachen. Lachen sollte man über solche Dinge nämlich eigentlich nur, wenn man sich mit der eigenen Ohnmacht schon abgefunden hat. Und ich hoffe, dass wir davon noch weit entfernt sind.

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