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Silk Road Reloaded: Die zweite Wiederauferstehung eines Darknet-Shops

Silk Road ist zurück: Diesmal nutzt der Deepweb-Schwarzmarkt nicht das Tor-Netzwerk, sondern ist über ein unbekannteres Anonymisierungsnetz erreichbar.
​Die Karawane zieht weiter: Silk Road gibt es jetzt auf dem Netzwerk I2P. Bild: Shutterstock

Ein neuer digitaler Drogenumschlagplatz gesellt sich seit gestern zur illustren Riege verschlüsselter Deepweb-Schwarzmärkte. Allerdings greift „Silk Road Reloaded" dabei nicht auf das ​Tor-Netzwerk zurück, sondern nutzt die deutlich weniger verbreitete „I2P"-Alternative. Um auf die Seite zuzugreifen, musst du eine spezielle I2P-Software installieren oder die Einstellungen deines Computers so verändern, dass Verbindungen zu I2P-Pages, sogenannten ‚eepsites', die auf .i2p enden, hergestellt werden können.

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Der Wechsel zu I2P ist aber nicht die einzige Neuheit der jüngsten ​Silk Road-Wiederauferstehung, die bereits den zweiten Neustart nach einer ​staatlichen Abschaltung des viel beachteten Deepweb-Schwarzmarktes darstellt: Während das ursprüngliche Silk Road und sein Nachfolger Silk Road 2 ausschließlich Bitcoins akzeptierten, kannst du auf Silk Road Reloaded auch in anderen Kryptowährungen bezahlen. Dafür werden die alternativen Währungen mit einem speziellen Wallet auf der Seite in Bitcoin konvertiert.

Untere anderem akzeptiert Silk Road Reloaded auch Zahlungen in Anoncoin; das, wie der Name schon verrät, eine auf noch mehr Anonymität bedachte Alternative zu Bitcoin darstellt. Auch Darkcoin wird auf der neuesten Silk Road-Seite als Bezahloption aufgeführt (wie übrigens auch auf dem Tor-Marktplatz Nukleas). Außerdem sollst du auch mit ​Dogecoin, der Meme-gestylten Alternativwährung oder mit der Bitcoin-Alternative Litecoin einkaufen können. Insgesamt werden bisher acht verscheidene Währungen akzeptiert und weitere sollen schon bald folgen. Die Admins selbst schreiben auf der Seite, sie seien offen für Kryptowährungs-Vorschläge—wenn du also von einer heißen neuen Währung weißt, schreib ihnen einfach.

Silk Road Reloaded: Die zweite Wiederauferstehung eines Darknet-Shops

Screenshot: Silk Road Reloaded

Typscherweise verdienen die Betreiber von Deepweb-Schwarzmärkten ihr Geld mit einer kleinen Provision, die sie auf die Profite der Drogenhändler auf ihrer Webseite draufschlagen. Auf dem selben Prinzip basiert auch Silk Road Reloaded, das aber zusätzlich auch noch eine Provision auf jeden Wechsel der Währung in Bitcoins verrechnet.

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Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung scheinen die Menüs und Angebote auf Silk Road Reloaded noch Platzhalter zu sein, ohne konkrete Details darüber, was eigentlich verkauft wird. (Update am Montag: Auch am 12.01. sind mmer noch Platzhalter-Listings vorhanden) In einer gestrigen Meldung heisst es dazu auf der Seite:

„Alle Funktionen sind aktiviert und funktionieren. Die Blindtexte und Platzhalterdaten haben wir gelöscht—Werte Händler, euer Produktportfolio wird in Kürze angezeigt werden. Danke an euch alle, dass ihr den Launch der Seite zu einem Erfolg macht!"

Der Katalog listet dennoch bereits viele Angebote, die man von einem Schwarzmarkt-Shop erwarten würde, inklusive Drogen, Falschgeld, gefälschten Ausweisen, Hacking-Tools und Replikate von Markenkleidung. Nicht verfügbar sind allerdings interessanterweise Waffen (wie im Übrigen auch bei den Vorgänger-Silk Roads) und gestohlene Kreditkarten—zwei Produktgruppen, die andere Tor-Deepweb-Schwarzmärkte, wie zu Beispiel Evolution, ihren Kunden momentan hinterherschmeißen.

Die fehlenden Offerten von Waffen und gestohlenen Daten könnten grundsätzlich den politischen Überzeugungen der Betreiber geschuldet sein. Zumindest einem Statement auf der Seite nach zu urteilen, scheint es, als würden die Admins ähnliche libertäre Überzeugungen wie die bisherigen SilkRoad-Betreiber vertreten: „Wer sind wir? Wir stehen für echte Freiheit, dafür, das Leben in die eigene Hand zu nehmen und es selbst zu gestalten. Ob du es glaubst oder nicht, du bist dein eigener Herr."

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Screengrab: Silk Road Reloaded

„Wir haben diese Seite erschaffen, damit die grundlegendste aller menschlichen Aktivitäten ungehindert von Statten gehen kann: Handel. Dass wir überhaupt daran gehindert werden, widerspricht nicht nur dem menschlichen Fortschritt, sondern ist auch eine grundlegende Kontrolle der Menschen, die sogar ihren freien Wille einschränkt. Vielleicht können wir diese moderne Entwicklung nicht komplett aufhalten, aber wir werden sicherlich nicht dazu beitragen."

„Viel Spaß auf der Seite."

Selbstverständlich hat Silk Road Reloaded auch sein eigenes Forum. Momentan gibt es zwar auch hier noch kein einziges Posting, aber auch hier scheint alles einwandfrei zu funktionieren.

Ich habe die Betreiber der Seite mittels des eingebauten Messaging-Systems kontaktiert, aber leider keine Antwort erhalten. Ich hätte sie gerne gefragt, warum sie von Tor zu I2P gewechselt sind. Möglicherweise haben die jüngsten Sicherheitsbedenken gegenüber Tor-Seiten zu dieser Entscheidung beigetragen; selbst wenn sich diese Probleme mit der Anonymität als unbedenklich entpuppt haben und die Verschlüsselung des Tor-Netzwerks nach wie vor zuverlässig funktioniert.

Obwohl sowohl Tor als auch I2P auf Relays angewiesen sind, die von Freiwilligen betrieben werden, gibt es zwischen beiden Systemen einige grundlegende Unterschiede. Der vielleicht wichtigste ist dabei, dass I2P ein deutlich höheres Maß an Dezentralisierung ermöglicht.

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„Tor verfolgt einen verzeichnisbasierten Ansatz. Von einem zentralen Punkt wird nicht nur die Ansicht des gesamten Netzwerks verwaltet, sondern auch Statistiken und Reports erstellt. I2P arbeitet dagegen mit einer distribuierten Netzwerk-Datenbank und per Peer Selection", heißt es auf der I2P-Website. Während sich Tor auf Relays verlassen muss, die von Freiwilligen betrieben werden, und die Nutzer sich dann mit ihrem Computer zum Netzwerk verbinden, verfolgt I2P also einen Peer-to-Peer-Ansatz und macht jeden Nutzercomputer im Netzwerk zu einem Knotenpunkt im Netzwerk selbst. „Kurz gesagt: Alle Nutzer routen für andere", so die I2P-Website.

Screengrab: Silk Road Reloaded

Auf der I2P-Website werden noch weitere Unterschiede der beiden Netzwerke erläutert: Tor sei finanziell viel besser aufgestellt, fand seinen Ursprung in den Forschungslaboren der US-Navy und erhält noch immer den größten Teil seiner Gelder von der US-Regierung. Tor ist groß genug, um sich an DOS-Attacken anpassen zu können (also Cyberattacken, die übermäßigen Traffic simulieren) und verfügt generell nicht nur über eine viel größere Nutzerbasis, sondern auch über eine sehr lebhafte Community. Und während wir die Entwickler von Tor mit ihrem Klarnamen für ihre Arbeit kennen und schätzen, sind die I2P-Entwickler nur unter ihrem Pseudonym bekannt.

Die „About"-Sparte der I2P-Website liest sich sehr ähnlich zu der des Tor Projekts. „I2P wird von Menschen genutzt, die sich um ihre Privatsphäre sorgen", heißt es da, „Aktivisten, Unterdrückte, Journalisten, Whistleblower und ganz normale Menschen."

Silk Road Reloaded ist vielleicht die wichtigste Entwicklung in der Welt des Online-Drogenhandels. Selbst wenn die Seite noch nicht so bekannt ist oder bald wieder komplett zusammenbrechen sollte, zeigt sie, dass Menschen bereit sind, Alternativen zur bewährten Formel „Tor plus Bitcoins" auszutesten. Den Strafverfolgungsbehörden, die noch kürzlich damit angegeben haben, hunderte von Deepweb-Seiten abgeschaltet zu haben, bereitet das sicherlich Kopfschmerzen. Silk Road Reloaded beweist, dass Drogenmärkte alles andere als tot sind. Stattdessen werden sie immer mehr und immer vielfältiger.

Update vom 14. Januar 2014: Inzwischen wurden die Sample-Datensätze gelöscht.