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Fremdscham in drei Akten: Donald Trumps Amtseinführungskonzert war unerträglich

Sollte das Konzert stellvertretend für Trumps Amtszeit stehen, dann Gnade uns Gott.

Es gibt gewisse Gefühle, bei denen ich oft nicht weiß, ob ich sie nun angenehm finde oder lieber direkt aus dem nächsten Fenster springen möchte. Wenn jemand so ganz leicht mit den Fingerspitzen über die Innenseite meines Unterarms fährt zum Beispiel. Fremdscham ist auch so ein Gefühl. Sendungen wie das Dschungelcamp verdanken dem gehässig-wohligen Fremdschamgefühl die inzwischen elfte Staffel und gewohnt hohe Einschaltquoten. Andererseits rollen sich mir aber auch die Fußnägel beim Zusehen hoch. Apropos Fußnägel: Donald Trump (von Persönlichkeit her das menschliche Äquivalent zu einem eingerissenen, gelblichen Fußnagel) hat in der Nacht von gestern auf heute die Festivitäten zu seiner Vereidigung begonnen.

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Traditionell ist das „Inauguration Concert" ein großes, prestigereiches Event, das die kommende  Regierungszeit des neuen US-Präsidenten symbolisch einläuten soll. Wenn ich also davon ausgehe, dass die Präsidentschaft so wird, wie deren Willkommenskonzert sie eingeleitet hat, dann Gnade uns Gott liebe Leser, düstere, unangehmene Zeiten stehen uns bevor. Spätestens, nachdem man die Auftritte von 3 Doors Down, DJ Ravi Drums und The Piano Guys gesehen habe, kann man das einfach nicht mehr leugnen.

Wenn ihr also starke Nerven und einen schwach ausgeprägten Würgreflex habt, dann seht euch hier die schönsten/schlimmen Dschungelcamp-Momente von Donald Trumps Amtseinführungskonzert an:

3 Doors Down, oder: Wie eine Band öffentlich Harakiri begang

Alles an dem Auftritt von 3 Doors Down ist so unfassbar unangenehm, ich musste alle paar Sekunden stoppen und ein Welpenvideo ansehen, um wieder klar zu kommen. Wie alt ist bitte der Sänger geworden? Ein Blick in das verhärmte Gesicht von Brad Arnold und ich bin an meine Sterblichkeit erinnert—ein Nebeneffekt, den ich bei Konzerten, wo ich mich eigentlich lebendiger und nicht toter als sonst fühlen will, gar nicht willkommen heißen kann.

Wo wir gerade vom Tod reden: Selten durfte man den beruflichen Selbstmord einer Band in so quälender Länge und begleitet von Donald Trumps bemühtem Kopfnicken miterleben, wie bei diesem (vermutlichen letzten) 3 Doors Down-Konzert. Die seelenlose Delivery, das gequälte Grinsen, die LED-Amiflaggen … Rest in Pisse, 3 Doors Down.

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Und überhaupt: Wie sich Donald Trumps sichtlich bemüht, die Musik zu fühlen und da einfach nichts passiert. Menschen, denen Musik „egal" ist, waren mir ja schon immer suspekt und Musik scheint in Donald Trumps Herzen (falls vorhanden) noch weniger Gefühle auszulösen als eine mexikanische Kinderleiche. Hier und da wird mit dem Kopf genickt—wohl mehr aufgrund von Pflichtbewusstsein als dem „Rhythmus, wo man mit muss". Und dann plötzlich dieser Moment, wo Donald Trump tatsächlich mitsingt, der in mir einen Blutsturz auslöste und mich umbrachte. Wirklich. Mein Geist, heimgesucht von der Pflicht, auf dieser Erde noch etwas erledigen zu müssen (diesen Artikel fertig schreiben,) tippt diese Worte soeben auf seine durchsichtige Geistertastatur.

DJ Ravi Drums, oder: Das längste Intro der Welt, halt, stopp, das ist gar kein Intro, so klingt einfach seine Musik

Als ich in die Grundschule ging, belegte ich auch mal einen Trommelkurs. Es sollte also klar sein, dass ich nicht grundsätzlich etwas gegen Trommeln habe, obwohl der Rest der Welt und vor allem jeder Parkbesucher das sehr wohl hat und ich das denen noch nicht mal verübeln kann. Ich war jedenfalls der Shit an den Bongos, kein Witz. Aber dennoch muss selbst ich leider zugeben, dass Trommeln selten die Funktion eines Soloinstruments erfüllen. Da helfen sogar die Dudelsäcke (DUDELSÄCKE AMK!) nichts. Trommeln haben nun mal den Effekt, dieses Gefühl zu vermitteln: „Und, wann gehts jetzt richtig los?" Oder eben: „Und, wann knallt das Ayahuasca?"

Es geht aber einfach nicht los. Stattdessen grinst sich DJ Ravi Drums einen ab und selbst die Trump'sche Blondinen-Armee setzt sich irgendwann verunsichert hin, weil auch ihnen langsam schwant, dass dies kein Intro ist. Das geht jetzt erstmal eine ganze Weile weiter so. Seht euch hier das Video an.

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Irgendwann muss wohl selbst DJ Ravi Drums eingesehen haben, dass Trommeln allein einfach nicht länger als 30 Sekunden funktionieren und holte sich ein Vocal-Sample und einige—von der  wirklich schlampigen Robot-Tanzchoreografie her zu urteilen—über 40-Jährige Breakdancer in silbernen Raumanzügen dazu, die mich abermals an meine Sterblichkeit erinnerten. Ach nee, ganz vergessen: Ich bin ja bereits tot.

The Piano Guys, oder: Moment mal, das ist doch Satire!

Falls ihr die Piano Guys nicht kennt: Das sind vier ältere Herren, die auf YouTube Hits auf Klavier und Cello nachspielen und bei Trumps „Make America Great Again"-Konzert einen Track mit dem überaus zweideutigen Titel „It's Gonna Be Okay" spielten und mich unweigerlich an dieses Meme erinnerten:

Toby Keith, oder: 14 Minuten? Nee, das geben wir uns nicht

Irgendwann ist dann aber auch die Schmerzgrenze erreicht. Spätestens bei Känguruhoden, beziehungsweise deren Trump-Äquivaltent, dem 14-minütigen Auftritt von Country-Rübezahl Toby Keith. Ihr könnt euch das ja gerne anschauen. Oder hier die Kurzzusammenfassung von allem in 1:06 Minuten. Mein Auftrag auf dieser Erde ist hiermit mehr als erfüllt. Ab in die Gruft—falls 3 Doors Down die nicht schon besetzen.

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