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Drogen

Von Kiffen, Kannibalen und Kotzbrocken

Hier ein paar Gesichtspunkte zu Gras, die einigen Ignoranten wohl sauer aufstoßen, wenn ihr sie beim Kiffen mitbedenkt, da sie die Prohibitionspropaganda vaporisieren.

Foto via Rats in the Belfry

Cannabis ist seit Jahrtausenden eine im kulturellen Gut der Menschheit fest verankerte Pflanze. Bei den Skythen sorgte sie wohl nicht nur für verbrannte Finger bei der Entwicklung von Vorläufern der heutigen Vaporizer mit heißen Steinen, auf denen sie das süßliche Kraut verdampften. Auch damals war bestimmt schon der eine oder andere Fressflash die Folge einer geselligen Entspannung am gerade ebenso erfundenen Lagerfeuer, bei welchem man sich die von der Jagd in der sibirischen Steppe ermüdeten Knochen und Muskeln wärmen konnte.

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Ob dadurch manche mangels Junkfood mal kurzer Hand zu Kannibalen mutierten, ist zwar nicht überliefert, aber doch vorstellbar in einem vom Hanf induzierten Heißhunger. Auf viele Lebensbereiche des Menschen hat dieses Gewächs Einfluss genommen, wie man am Stadtnamen von Cannes gut erkennen kann, die als Hafenstadt abhängig war von den Seilen und Segeln, welche man daraus die längste Zeit herstellte.

Insofern sollte sich Kaneh Bosm, wie es in den aramäischen und hebräischen Texten der Urchristen als ein Hauptbestandteil des heiligen Salböls der Hohepriester bezeichnet wurde,  gerade unter echten Traditionalisten eigentlich hoher Beliebtheit erfreuen und dem Cannabis-Konsum besonders bei Wertekonservativen—gemeinsam mit Lederhosen und Bingo—gehuldigt werden.

Foto von mardi grass 2011

Denn ohne ihn wäre der invasive Imperialismus in der Form vielleicht nie passiert, den sie jetzt versuchen als die vom christlichen Gott gewollte Weltordnung zu propagieren, die sich gegen ach so böse Marokkaner-Diebe zu verteidigen hat. Ich verstehe aber, dass man absolut angepisst ist, wenn wer einem köstliches, naturreines Marokkaner-Hasch fladert, da man ja dieses Verbrechen immer noch nicht wirklich bei der Polizei anzeigen kann.

Leider wird die Debatte um Gras aber nicht auf einer historisch gewachsenen oder wissenschaftlichen Basis geführt, sondern durch politische Propaganda bestimmt. Vor allem die rassistische Hetze des Prohibitions-Papstes Harry Jacob Anslinger, der in den 1930er Jahren Jazz als Satansmusik, mit samt aller nicht-weißen Ethnien und der in ihrem Umfeld vorzufindenden Künstler verteufelte, hat dafür gesorgt, dass vielen Freizeitkonsumenten und Patienten des herbalen Entspannungsmittels ein Leben als Mörder und Vergewaltiger prophezeit wurde. Diese Schauergeschichten haben sich glücklicherweise nur in den allerseltensten Fällen wirklich bewahrheitet.

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Denn Beweise vernichten ist ja auch immer eine ziemlich anstrengende, langwierige und nervtötende Angelegenheit, bei der man besser niemanden um Hilfe bittet und dadurch schlecht jemanden die ganze Arbeit aufhalsen kann. Doch das Klischee des faulen Kiffers ist wohl sowieso schon längst überholt, wenn man sich die emsigen Unternehmer des „Green Rushs“ in den USA ansieht.

Wobei es untern den Liebhabern des süßlichen Krautes natürlich genauso starke soziale Unterschiede gibt, wie zwischen einem Brauereisbetreiber und einem arbeitslosen Alkoholiker, der schon zum Frühstück am Stroh 80 im Stadtpark nippt, wenn er nicht gerade von der Polizei aus diesem vertrieben wird, um dort öffentliches Betteln zu verhindern.

Hanf ist in der rosenartigen Pflanzenfamilie der Cannabaceae beheimatet, zu welcher auch der Hopfen gehört. Nicht umsonst ist ein beliebter Bio-Dünger mit Hopfenblütenextrakt angereichert, damit dessen Hormone auch beim Hanf zu besserem Ertrag führen, denn die Blütenstände der weiblichen Pflanzen ähneln sich ebenfalls sehr stark.

Foto von Raquel Baranow

Dem 16er-Blech folgt dann vielleicht ein 4er-Bud, wenn Wieden seinem Wortklang im Englischen gerecht werden will und die durch eine streng regulierte Legalisierung,   (mit Alters-, Qualitäts- und Zugangskontrolle à la Uruguay) ermöglichte Chance zum weiteren ökonomischen Aufstieg nutzt.

Das alles gilt natürlich nur, falls Österreich die Zeichen der Zeit erkennt und es Uruguay oder auch den US-Bundesstaaten Washington und Colorado gleichtut. Dafür muss man sich eigentlich nur die Erkenntnisse von 1933 und dem damaligen, ebenso fehlgeschlagenen Prohibitionsexperiment der USA in Erinnerung rufen.

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Vielleicht kommt dann endlich auf globaler Ebene die Menschheit zur Einsicht, dass Drogenkriege, Streckmittel, steuerfreier Mafiamonopolprofit, Kinderkonsumenten, Massengräber, mit erfundenen Verbrechern überfüllte Gefängnisse, unabsichtliche Überdosierungen und verschwendete Steuergelder ziemlich schlecht dastehen gegen neue Arbeitsplätze, neue Lebensqualität, neue Märkte, neue Produkte und den potentiellen Milliardeneinnahmen für unsere Gesellschaft und den Staat.

Foto von Dank Depot

Das Ansehen der Justiz und Polizei wird bei vielen Personen, die dann nicht mehr gegen ihr Recht auf freie Selbstbestimmung über den eigenen Geist und Körper institutionell verfolgt werden, wohl auch steigen. Und wenn man sich ansieht, wie viele (und vor allem welche) Menschen bei uns so kiffen, zeigt sich schnell, dass es der Justiz besser nicht egal sein sollte, was „ein paar Kiffer“ über sie denken. Laut dem Bericht zur Drogensituation 2002, der die statistische Erhebung von Forderungen einer Straffreistellung des Cannabisbesitzes beinhaltet, waren damals schon 63 Prozent der in Ausbildung Befindlichen und zwischen 40 bis 45 Prozent der jungen Erwachsenen, Maturanten und Akademiker für eine Straffreistellung. Leider wurde offenbar seit 2002 danach nicht mehr gefragt, da die Zahl wohl zu hoch war.

Generell sollte man aber gar nicht erst rechtfertigen müssen, warum es wichtig ist, dass Menschen, die kein anderes Verbrechen begehen, als eine vergleichsweise ungefährliche Substanz zu konsumieren, besser von der Gesellschaft beschützt und vertreten werden sollten als verfolgt und verleumdet. Gegen tatsächliche Verbrecher mit unfreiwilligen Opfern kann dann endlich wieder effizienter ermittelt werden, wodurch die Aufklärungsquote hoffentlich noch steigen sollte. Damit wäre also auch vielleicht in Zukunft ein etwas sichereres Leben für alle eine Spur denkbarer. Und um Sicherheit geht es auch beim nächsten Mal, wenn wir uns die Gefahren der Grow-Rooms und des generellen Anbaus von Ganja ein bisschen genauer ansehen.