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THE GRIEVIOUS SINS ISSUE

Schöne Männer

Rudolf Koppitz’ Bilder sind die edlen Selfies der 20er-Jahre.
Fotos von Rudolf Koppitz. Mit freundlicher Unterstützung des Photoinstitut Bonarte

FOTOS VON RUDOLF KOPPITZ
Mit freundlicher Unterstützung des Photoinstitut Bonartes

Rudolf Koppitz’ Bilder waren im Wien der ausgehenden 20er- Jahre allgegenwärtig. Sie besaßen den Flair edler Kunstwerke und waren so angesagt wie Kurzhaarschnitte und austrofaschistische Heimatidylle. Als Professor an der Graphischen war Koppitz’ Stil tonangebend für eine ganze Generation von Fotografinnen mit schicken Ateliers.

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Eine der letzten überlebenden Schülerinnen bekommt noch im stolzen Alter von 101 Jahren glänzende Augen, wenn sie an ihn denkt. Statt an seine Kunst erinnert sie sich aber nur noch an seine Schönheit, denn der höchst angesehene Fotograf war nicht zuletzt ein zwanghafter Selbstdarsteller. Er ließ keine Gelegenheit aus, seinen wohlproportionierten Körper fotografisch (und vorzugsweise nackt) festzuhalten. DemGeist der Zeit folgend, hielt er sich mit Bergsteigen, Skifahren sowie Schwimmen fit und bräunte sich in der Höhensonne der österreichischen Alpen. Bei seinen ausgedehnten Fototouren zu malerischen Badeseen und Berggipfeln nahm er gerne die schönsten seiner Studenten mit, um sich mit ihnen gemeinsam beim Sport abzulichten. Koppitz folgte dem damals weitverbreiteten Ideal des unbehaarten, sportlich-muskulösen Mannes, dem er selbst mit 50 Jahren noch durchaus entsprach. Dass die Nazis nach seinem frühen Tod 1936 an den Fotos hübscher Männer Gefallen fanden, lag neben der erquickend homoerotischen Note sicher auch am perfektionistischen Schönheitsideal, das einem GQ-Cover (außer es ist ein Politiker oder ein fetter Comedian drauf) um nichts nachsteht.

Die vom Photoinstitut Bonartes organisierte Werkschau RUDOLF KOPPITZ könnt ihr noch bis 7.7.2013 in der Moravská galerie v Brně in Brünn anschauen.