Es gibt immer etwas, das man insgeheim an seinen besten Freunden hasst
Illustration: Marta Baroni

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Es gibt immer etwas, das man insgeheim an seinen besten Freunden hasst

Ein bester Freund bzw. eine beste Freundin kann nicht nur die schönste Sache der Welt sein, sondern einen auch mit einer ganz speziellen Art der Wut erfüllen.

Was damals schon die Comedian Harmonists besangen, trifft auch heute noch zu: „Ein Freund, ein guter Freund, ist das Beste was es gibt auf der Welt." Klar, man hat zudem noch seine Familie, aber mal ehrlich, die kann einem auch schon mal richtig auf die Nerven gehen. Die besten Freunde und Freundinnen sind hingegen für so ziemlich alles gut: Man kann sich nicht nur auch unter der Woche mit ihnen betrinken, sie helfen einem auch noch dabei, schlechter Laune und Frust die Stirn zu bieten.

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Und im Gegensatz zu deiner Familie hast du dir deinen besten Freund bzw. deine beste Freundin selbst ausgesucht. Leider bedeutet das nicht zwangsläufig, dass diese eine Person, die dich besser kennt als irgendjemand anderes, dich niemals auf die Palme bringen wird. Wenn man sich mit der schlimmsten Seite des BFFs konfrontiert sieht, dann erfüllt das einen mit einer ganz speziellen Art der Wut—ein Gefühl, das normalerweise mit bedingungsloser Liebe einhergeht. Wir haben uns deswegen mit einigen uns nahestehenden Menschen darüber unterhalten, was sie an ihren besten Freunden hassen. Wir können nur hoffen, dass sich die folgenden Geschichten nicht auf uns beziehen.

Sein Speichel verursacht bei mir Brechreiz

Kleine Verhaltensstörungen und Ticks sind mein rotes Tuch. Ich kann es zum Beispiel überhaupt nicht haben, wenn meine Mitmenschen mit den Knöcheln knacken oder schwer atmen, obwohl sie überhaupt nicht angestrengt sind. Meine tägliche Neurose treibt mich dabei manchmal echt in den Wahnsinn und verwandelt mich so in einen irrationalen und ungemütlichen Menschen. Für eine Person reiße ich mich jedoch immer zusammen, nämlich meinen besten Freund.

Als ich 13 war, kannten wir uns erst seit ein paar Wochen. Während ich ihm erklärte, wie man sich ein unbesiegbares Magic: The Gathering-Kartendeck zusammenstellt, bemerkte ich, wie sich in seinem Mundwinkel immer mehr Speichel ansammelte und schließlich in einem Tropfen herunterlief. Auch heute gilt noch: Wenn ich an diesen Zwischenfall auch nur denke, wird mir ganz schlecht.

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Dieser Speicheltropfen war da, als ihm ein Jahr nach dem Zusammenziehen klar wurde, dass er mit seiner Freundin Schluss machen wollte. Dieser Speicheltropfen war da, als sich seine Eltern dazu entschlossen, sich doch nicht scheiden zu lassen. Und dieser Speicheltropfen war auch da, als er mir sagte, dass es schon OK sei, nicht zu wissen, was man mit seinem Leben anfangen will. Mir fällt dieser verdammte Speicheltropfen immer wieder auf und er lässt mich auch immer wieder erschaudern, aber ich sage trotzdem nie etwas. Ich werde auch immer für meinen besten Freund da sein—genauso wie sein Speicheltropfen.

– G.

Alle Illustrationen: Marta Baroni

Ich bekam die Rolle der Mel C—dabei hasste ich Mel C

Als ich zehn oder elf Jahre alt war, fand ich heraus, dass ich meiner besten Freundin nicht vertrauen kann. In unserer Klasse gab es insgesamt nur fünf Mädchen und eines Tages entschlossen wir uns dazu, die Spice Girls nachzuahmen. Meine beste Freundin und ich schworen uns, dass wir uns bei der Rollenverteilung den Rücken stärken würden—sie wollte nämlich unbedingt Geri sein und ich unbedingt Mel B. „Alles oder nichts" lautete unser Motto. Am Tag der Rollenverteilung war ich dann jedoch krank und als ich wieder in die Schule gehen konnte, musste ich feststellen, dass ich Mel C geworden war. Meine beste Freundin hatte bei der Wahl keinen Widerspruch eingelegt. Dabei hasste ich Mel C.

Es sollten noch weitere Mel-C-Momente folgen. Wenn wir zusammen unterwegs sind, ist es perfekt—wir können dann stundenlang über Gott und die Welt reden und teilen uns alles. Wenn wir jedoch nicht zusammen unterwegs sind, wird es schnell nervig. Meine beste Freundin gehört auch im Jahr 2016 noch zu den Menschen, denen das Handy-Guthaben ausgeht. Dann vergisst und verpasst sie auch schnell mal diverse Termine und stellt sich tot, wenn ich sie kontaktieren will. Wenn ich Angst habe oder mich einsam und miserabel fühle, verspricht sie mir immer, dass sie vorbeikommt—aber dieses Versprechen vergisst sie dann schnell wieder.

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Ich habe ihr auch schon oft gesagt, was mich an ihr stört, aber ihrer Meinung nach ist das alles nicht so schlimm und wir überstehen es doch immer irgendwie. Meine beste Freundin ist außerdem noch der gelassenste und ruhigste Mensch, den ich kenne—und genau das könnte auch dazu beitragen, dass sie mich manchmal in den Wahnsinn treibt. Vielleicht sagt das jetzt aber auch mehr über meine Angstzustände als über unsere Freundschaft aus. Inzwischen habe ich gelernt, die Momente zu erkennen, in denen ich ihr nicht vertrauen kann, und schraube meine Erwartungen dann dementsprechend zurück. Ein gutes Beispiel dafür ist dieser Artikel: Ich erzählte ihr vor gut einer Woche davon und schlug dabei auch vor, dass sie doch ebenfalls etwas beisteuern könnte. Sie war gleich Feuer und Flamme, aber die Deadline ist vor vier Tagen verstrichen und ich habe natürlich nichts bekommen. Zum Glück kann ich ja selbst genügend erzählen.

– A.

Er ist die Blaupause des typischen hochnäsigen Arschlochs

Mein bester Freund ist total egozentrisch. Im Grunde ist er die Blaupause des typischen hochnäsigen Arschlochs, mit dem niemand etwas zu tun haben will—wie Matt Damon in Good Will Hunting, bloß mit weniger Muskeln. Wir sind jetzt jedoch schon richtig lange befreundet und er ist immer brutal ehrlich zu mir. So hat er zum Beispiel kein Problem damit, meine Artikel als „beschissen" und mein Outfit als „die wohl lächerlichsten Klamotten seit der Post-Punk-Ära" zu bezeichnen. Ich selbst trage ja auch mein Herz auf der Zunge, aber eine Sache kann ich ihm trotzdem einfach nicht sagen: Ich hasse es, dass er so selbstsüchtig ist und mich dazu zwingt, ihm ständig nur zuzuhören und zu nicken. Ich rede zwar echt gerne mit ihm, aber ich bin halt auch der Meinung, dass ein Themenwechsel ab und an nicht schaden würde.

Wir leben nicht weit voneinander weg. Wenn ich nicht bei ihm bin oder er nicht bei mir ist, treffen wir uns in unserer Stammkneipe. Dort trinken und reden wir dann—über seine Probleme, seine gescheiterten Frauengeschichten, seinen Therapeuten und seinen Job. Wenn ich versuche, ein neues Thema anzuschneiden, spielt er kurz mit, findet dann jedoch immer wieder einen Weg, wieder über sich und sein Leben zu sprechen. Eigentlich muss ich vor dieser Fähigkeit schon fast meinen Hut ziehen.

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Ich glaube, ich kann ihm aus zwei Gründen nicht sagen, was ich wirklich von ihm denke: Zum einen will ich ihn nicht verletzen und zum anderen mag ich es einfach, mit ihm zu reden.

– L.

Er macht alles schlecht, was mir passiert oder was ich tue

Schon als Kind hatte ich diesen einen engen Freund, der sich irgendwann in einen gemeinen Konkurrenten verwandelt hat und mich so schon in eine Million Wettbewerbe verwickelt hat, bei denen ich eigentlich nie mitmachen wollte. Meine Einstellung gegenüber Wettbewerben ist ziemlich kompliziert: Sie laugen mich aus, gehen mir auf die Nerven und machen mich traurig. Man kann also guten Gewissens sagen, dass ich kein wetteifernder Mensch bin, aber mit meinem Freund finde ich mich trotzdem ständig in Situationen wieder, in denen anscheinend jedes Ereignis irgendeinen Wettstreit nach sich zieht. Und wenn er sich keinen Wettbewerb aus der Nase ziehen kann, dann macht er einfach alles schlecht, was mir passiert oder was ich tue. Eine Frau steht auf mich? Dann ist sie natürlich gleich total dumm oder eine Schlampe. Ich stehe auf eine Frau? Dann will er sich natürlich sofort selbst mit ihr treffen.

Einmal hat er ganze drei Stunden damit zugebracht, mich davon überzeugen zu wollen, dass meine neue Langhaarfrisur scheiße aussehen würde, weil meine Haare nicht gewellt genug seien—ganz im Gegensatz zu seinen. Am darauffolgenden Tag hatte ich wieder kurzes Haar. Der Klügere gibt schließlich nach.

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– N.

Munchies: In Karottenbutter gedünsteter Heilbutt beschert dir neue Freunde und viel Einfluss

Mein bester Freund will ständig, dass ich mit ihm kiffe

Ich bin kein wirklich aktiver Mensch—also ich unternehme zwar schon gerne etwas, aber ich bin auch ständig müde. Deshalb habe ich auch ein ziemlich kompliziertes Verhältnis zu Marihuana: Ich kiffe nur dann, wenn ich zu Hause bin, Cookies bereitstehen und mein warmes Bett auf mich wartet. Das weiß mein bester Freund ganz genau und versucht trotzdem ständig, mich high zu machen—auch wenn ich das gar nicht will.

Dabei ist mein bester Freund gar nicht mal der klassische Kiffer. Ganz im Gegenteil: Er ist sehr lebhaft und extrovertiert, steht eben aber auch total auf Gras. Das ist an sich ja gar kein Problem, aber Weed ist für ihn leider so etwas wie ein Statussymbol und dazu noch besser als Alkohol. Ohne Marihuana ist er einfach ein anderer Mensch. Unsere gemeinsamen Abende verwandeln sich deshalb oft in eine endlose Suche nach gutem Gras und danach liegen wir nicht mehr auf der gleichen Wellenlänge: Ich bin betrunken, er ist bekifft, und während er versucht, mich zum Kiffen zu bewegen, lautet die Frage eigentlich nur, wer von uns als Erstes abstürzt.

So waren wir vor Kurzem auch in einem Club am anderen Ende der Stadt unterwegs und befanden uns genau in den beiden eben beschriebenen Zuständen. Er bestand darauf, dass ich einen Zug von seinem Joint nehme, und ich hatte schon gar nicht mehr den Willen, mich gegen diese Bitte zu sträuben. Die (absehbare) Folge: Nach gut zehn Sekunden war ich absolut breit und wollte einfach nur noch schlafen gehen. Genau in diesem Moment wurde das Gras jedoch auch für meinen besten Freund zu viel und er klappte zusammen. Also stolperte ich zu ihm rüber, setzte mich mitten auf der Tanzfläche neben ihn auf den Boden und wartete darauf, dass er wieder zu Sinnen kommen würde. Ich wollte mich wirklich um ihn kümmern, aber in meinem bekifften Zustand bin ich natürlich weggenickt, bevor er wieder aufwachte und sich besser fühlte.

– F.