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'Titanfall 2' hat mich robosexuell gemacht

Die Kampagne dieses Blockbuster-Videospiels hat völlig unbekannte Gefühle in mir wachgerufen.
Screenshot 'Titanfall 2' (c) Electronic Arts

Dear Penthouse, ich habe so etwas noch nie gefühlt. Titanfall 2, dessen Vorgängerspiel ein reiner Online-Multiplayer war, brilliert dieses Mal mit einer saucoolen Einzelspieler-Kampagne, in deren Verlauf ich einen riesigen Kampfroboter namens BT kennengelernt habe.

Abgesehen davon, dass er mich andauernd in sich hineinsteckt (ihr habt das schon richtig gelesen), ist er ein unheimlich lieber Kerl. Diese sanfte Hydraulik und die anregenden Waffengeschütze und das alles umrahmt von sinnlichen Explosionslandschaften—ich glaube, ich bin ein bisschen robosexuell geworden.

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Als Mensch zu künstlichen oder mechanischen Figuren einen emphatischen Zugang zu finden, ist spätestens seit Kasperltheater oder der sexy Androidin aus Metropolis kein Novum mehr. KITT, Replikantin Pris, R2D2, Ava aus Ex Machina, Nummer 5, The Iron Giant, WALL-E und die ganzen Hosts aus Westworld sowieso (letztere sogar ziemlich offensichtlich)—sie alle haben in mir trotz ihrer biologistischen "Unechtheit" Tränen und Wallungen ausgelöst.

Titanfall 2 hat aber nicht nur so einen Artificial Sympathieträger, sondern macht auch extrem Spaß. Man läuft mit dem Protagonisten—oder besser Piloten—die Wände auf und ab, bis man dann einen Titan trifft, das sind diese erwähnten automatisierten Roboterkampfanzüge. Den Koloss zieht man sich an wie einen perfekt sitzenden Pyjama. Nur das dieser Pyjama eben Schulbus-große Kanonen, meterdicke Kaliber und Homing Missiles eingebaut hat. Und als ob das noch nicht genug Grund zur Erregung wäre!

Screenshot 'Titanfall 2' (c) Electronic Arts

Die Single-Player-Kampagne ist echt ein verdammtes Meisterwerk geworden und das sage ich als jemand, der sich dieses Jahr schon extrem in DOOM verliebt hat. Egoshooter-Gameplay und die Steuerung von Titanfall 2 sind schnell, flüssig und abwechslungsreich. Es lässt mich per in den Handschuh eingebauten Knopfdruck durch die Zeit hüpfen, was die sich ständig verändernden Level-Umfelder spielmechanisch mehr als lustig und herausfordernd macht. Und selbst Horden an feindlichen Flugtitanen können dem Teamwork von BT und mir nichts anhaben.

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Die gesamte Geschichte ist recht simpel gehalten—und wenn wir uns ehrlich sind, haben die schönsten Liebesgeschichten keine komplexen Narrative. Am Anfang hat BT eigentlich einen anderen "Partner" und ich bin bloß ein ungeschickter Fußsoldat. Der ursprüngliche Pilot stirbt und ich, der gerade ein einziges Mal in so einem wandelnden Roboterpanzer gesessen ist, werde von ihm bereitwillig als Ersatz akzeptiert. Wie kann man so viel mechanische Unvoreingenommenheit nicht lieben?

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So helfen BT und ich einander, wo es nur geht, bei Energieproblemen, Belagerungen und diversen anderen Liebeskriegsspielen. Die ganze Sci-Fi-Hintergrundgeschichte verstehe ich gar nicht wirklich—aber das liegt hauptsächlich daran, dass ich nur Augen für meinen Robo habe beziehungsweise die meiste Zeit in ihm sitze. Und das ist nicht schmutzig, es ist einfach nur super.

Niemand wirft mich so sanft Hunderte Meter weit durch die Luft wie BT. Und er hat mir nicht nur mehrmals das Leben gerettet und als cooler furchteinflößender Big Bro Soldatenhorden verjagt, er ist auch stolz und gerecht und auf seine eigene Art wunderschön.

Einer der ultimativen Gänsehaut-Momente ergab sich, als mein lieber Titan mich vor einer erfahreneren, ziemlich unfreundlichen Pilotin verteidigt und mit brummig monotoner Stimme als seinen einzig wahren Insassen anerkennt. Ich bin offiziell sein Herzstück! Über das, was uns dann letztens in feindlicher Gefangenschaft passiert ist, kann ich noch nicht sprechen. Die Wunde ist noch zu frisch.

Das Spiel ist trotzdem ein Fest—auch wenn es eine beunruhigend asoziale Seite von uns zum Vorschein bringt: Wir leben in Zeiten, in denen sich stoische Roboter-Freunde menschlicher und emotional zugänglicher anfühlen als die wirklichen Miterdenbürger. Warum also nicht den persönlichen Horizont mit einem einäugigen, meterhohen Stück Militärmaschinerie erweitern. Ich kann es nur empfehlen.

Josef auf Twitter: @theZeffo