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Wir sollten akzeptieren, dass Cathy Lugner "nicht nur hübsch sein will"

Der Streit der Lugners taugt als Beispiel für Feminismus in der Ehe und Sexismus in Medien.
Foto: Cathy Lugner / Facebook

Foto: Cathy Lugner / Facebook

Kolibri, Bambi, Hasi, Käfer, Mausi, Betti-Hasi, Katzi, Neo-Mausi und zuletzt Spatzi: Richard Lugner gibt seinen Frauen Tiernamen, nach denen er sie in der Öffentlichkeit ruft. Als seine Affäre mit Cathy Schmitz bekannt wurde, wussten die Reporter anfangs nur, dass sie in Zukunft "Spatzi" heißen würde und

schrieben

"bürgerlicher Name unbekannt" in Klammern.

Wenn man in Medienberichten "Lugners Spatzi" liest, denkt man unweigerlich an den Mann (und, noch schlimmer, vielleicht an einen konkreten Teil von ihm). Cathy Schmitz wurde zum Genitiv. Jede Medienaufmerksamkeit—eine wichtige Währung in der Branche—fällt auf Richard Lugner zurück.

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Ob das nun eine Geschäftsbeziehung oder wahre Liebe ist, geht natürlich nur die beiden etwas an. Anfangs musste Cathy jedenfalls oft erklären, dass sie ihren Mann wirklich liebt: "Richard war einer der wenigen Männer, die nicht nur meine Brüste sahen, sondern auch meine Leonie".

Ein halbes Jahr später sagt sie: "Richard ist nur so lange charmant zu einer Frau, bis er sie geheiratet hat. Mir bleibt nun nichts anderes übrig, als an meinen Mann zu appellieren, dass er über unsere Ehe nachdenkt. Ich war und bin ihm eine gute Ehefrau gewesen."

Was war passiert? Zuerst einmal war Bundespräsidenten-Wahlkampf, bei dem das Ehepaar als Duo auftrat: Er als der Denker und Lenker (so gut es ihm eben gelang), und sie "so jung und attraktiv wie Sebastian Kurz am Anfang seiner Karriere." Dass Cathy Lugner diese auf ihre Oberfläche reduzierten Sätze selbst sagen musste, erzürnte sie laut News so sehr, dass sie den Redenschreiber feuern ließ. Bei Auftritten wurde sie von Richard Lugner angeblich angehalten, nicht mit ihren Reizen zu geizen. "Dieses Herumgeschubse, wo man immer und überall betatscht wird, ist mir zuwider", soll sie ihrem Mann gesagt haben.

Cathy Lugner, die "nicht nur hübsch sein will", wird von News als "knackige Trophäe", Wahlkampf-"Aufputzer" und "kostbarster Besitz" ihres Mannes sowie als "Objekt österreichischen Männerneids" bezeichnet.

Die gelernte Krankenschwester wollte mehr sein als nur "Lugners Spatzi". Immerhin war sie lange, bevor sie Richard Lugner kennenlernte, schon im Trash-TV und auf dem Cover des deutschen Playboy vertreten. Das Geschäft von C-Promis mag vielleicht seltsam erscheinen, aber es ist zweifellos ein Geschäft, das man beherrschen muss. Und Cathy Schmitz beherrscht es. Sie hat damit Karriere gemacht. Dass sie ihren Beruf—öffentliche Auftritte—nicht aufgeben will, stört "Mörtel" dem Anschein nach.

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Ohne ihren "Schnuffi" (so nennt sie Richard Lugner seit einiger Zeit auf Facebook) zu informieren, zog sie in den Container von Promi Big Brother ein. "Sie wusste, dass ich nein sage", so Richard Lugner. Ungeschminkt und kaum wieder zuerkennen, schimpfte sie über den "Psychoterror" der Familie Lugner. Sie wäre "doch für alle die blöde und geldgeile Kuh", die immer "mit Hofknicks" nach der Pfeife ihres "Herrn und Gebieters" tanzen müsse, so Cathy.

Screenshot via Cathy Lugner / Facebook

"Sie will nicht nur die hübsche junge Frau an meiner Seite sein", erzählte Richard Lugner daraufhin News. "Sie sagt, dabei fühlt sie sich wie ein Escort-Girl." Aber nicht nur Lugner forciert das sexistische Image seiner Frau, auch Medien helfen mit ihren Berichten nach. Cathy, die "nicht nur hübsch sein will", wird von News als "knackige Trophäe", Wahlkampf-"Aufputzer" und "kostbarster Besitz" ihres Mannes sowie als "Objekt österreichischen Männerneids" bezeichnet. Wird Lugner hier indirekt zitiert? Oder spricht hier ein Redakteur aus, was er selbst über Cathy Lugner denkt?

News-Chefredakteurin Eva Weissenberger erklärt VICE: "Nein, das ist nicht unsere Meinung über Frau Lugner. Wir beschreiben damit, wie ihr Ehemann über sie denkt, über sie in der Öffentlichkeit und im Interview mit uns spricht und wie er sie auf offener Bühne behandelt."

Kenntlich gemacht wurde das im Text allerdings nicht. Keine der Bezeichnungen ist als Zitat ausgewiesen oder als Aussage von Richard Lugner erkennbar und auch der Kontext, den wir nicht vorenthalten wollen, löst unserer Ansicht nach den Eindruck auf.

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Foto: Christoph Schattleitner | VICE Media

Die Sprache ist jedenfalls auch bei anderen Qualitätsmedien wie Die Presse auffallend anders: "Es gibt Jäger und Sammler—und es gibt Richard Lugner, der Zoologe unter den Sugardaddys. Seine jüngste Errungenschaft hört auf den Kosenamen 'Spatzi'." Die Boulevardblätter verzichten auf diesen Wortwitz und bezeichnen sie einfach als "sexy Cathy" und "kurvige Blondine", von der sie meist am Ende des Textes alte, anzügliche Fotos einbetten.

Fast drängt sich der Eindruck auf, dass manche Medien in der Berichterstattung ein bisschen großzügiger mit freizügigen und sexistischen Beschreibungen von Cathy Lugner umgehen, als sie das vielleicht bei anderen Frauen machen würden: Wenn sie Richard Lugners Bezeichnungen ausgehalten hat, muss sie das auch von Medien aushalten, könnte man argumentieren—vor allem, wo man doch nichts anderes tut, als Richard Lugners Tonfall nachzuahmen. Aber übernimmt man als Medium mit dem Wording nicht auch die Position dazu? Es schreibt ja auch kaum ein Medium unkommentiert in einem Artikel über Asylwerber von "Invasoren", die einen "Bürgerkrieg mittelfristig nicht unwahrscheinlich" machen, nur, weil Strache das tut.

Screenshot via Cathy Lugner / Facebook

Cathy Lugner selbst will zu den sexistisch anmutenden Zuschreibungen keine Stellung beziehen. Ihr Manager lässt ausrichten, dass sie nur gegen Honorar Interviews gibt. Medientermine sind für sie meist Entertainment-Formate, die sie—gleich wie ihr Mann—als direktes oder indirektes Geschäft begreift. Sie lebt von der öffentlichen Aufmerksamkeit—gleich wie ihr Agent, Social-Media-Manager und geplanter Online-Shop.

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Wenn Richard Lugner nicht will, dass sie ohne ihn auftritt, kommt das einem Berufsverbot gleich. Und das will Cathy nicht über sich verhängen lassen. Für seinen Geburtstag hatte sie ursprünglich eine private Feier unter Ausschluss der Öffentlichkeit organisiert. Mörtel sagte zur Krone: "Sie will die private Feier, weil sie meint, ich hab ihr die Show gestohlen."

Richard stieg darauf nicht ein. Er entschied sich gegen Cathy und für die Show. Der Geburtstag wurde öffentlich und inklusive Medien gefeiert. Cathy sagte ab. Stattdessen—und zu diesem Clou kann man ihr nur gratulieren—lud sie ein Kamerateam von oe24.tv zu sich ein und crashte damit Lugners Party. Am nächsten Tag waren die Society-Seiten voll mit ihr. Das Geburtstagskind kam nur am Rande vor.

Nun scheint das vorläufige Ende des öffentlichen Streits gekommen zu sein. Cathy verzichtet nicht auf ihre Auftritte und wurde laut oe24 sogar als Testimonial für Disneyworld Paris engagiert. Bei der Lugner City soll sie nur noch bis Jahresende arbeiten, den Namen "Lugner" will sie im Fall einer Scheidung "sicher" ablegen.

Screenshot via Catyh Lugner / Facebook

Auch, wenn Cathy Lugner vielleicht nichts vom Begriff Feminismus hören will, kämpft sie doch für Gleichberechtigung in ihrer Partnerschaft. Dass das mitten in der Öffentlichkeit passiert und Medien sie dennoch in ihre "Aufputz"-Rolle drängen, ist verwunderlich. Liegt es vielleicht daran, dass es um Lugner geht und damit medienethisch eh schon alles im Argen liegt? Oder daran, dass sie ein ehemaliges Playmate ist, und deshalb sowieso damit rechnen muss, auf ihren Körper reduziert zu werden?

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Hoffentlich ist die Antwort darauf "Nein!". Auch ein ehemaliges Model und nunmehriger TV-Star darf selbstverständlich fordern, nicht auf sein Aussehen reduziert zu werden—genauso wie sich Feministinnen beim Sex schlagen lassen dürfen, wenn sie das eben wollen. Genauso wie sich Unterwäsche-Models beschweren dürfen, wenn sie privat Oben Ohne fotografiert werden. Das ist immerhin der Punkt an Feminismus; dass man als Frau nicht erst recht wieder eine Rolle erfüllen muss, von der irgendjemand denkt, sie wäre passend und progressiv genug, sondern, dass man alles sein kann.

Natürlich darf sich eine 26-jährige erfolgreiche Frau mit Visionen beruflich verwirklichen wollen. Genauso selbstverständlich ist, dass sie das mit allen Mitteln der Selbstinszenierung machen darf—mit Schminke, ohne Schminke, mit Boulevard, ohne Boulevard, mit TV-Team, ohne TV-Team, mit Lugner und ohne ihn. Sie ist ja kein Haustier. Vielleicht kapiert das Cathys Schnuffi auch irgendwann.

Christoph auf Twitter: @Schattleitner


Foto: Cathy Lugner / Facebook