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Ab wann sind Videospiele Arbeit?

Frust und Adrenalin zur Belohnung. 'Nioh' beweist, dass in Geduld und harten Lernkurven Spielspaß stecken.

Official Still 'Nioh' (c) Sony Interactive Entertainment

Spiele wie Dark Souls, deren Gameplay so unglaublich herausfordernd designt ist, dass die Controller-Verkäufe aufgrund von Frust und Player-Rage durch die Decke gehen müssen, sind en vogue wie eh und je. Das sieht man auch an den vielen Versuchen, die erfolgreiche "Souls Borne"-Formel immer wieder zu kopieren. Kurz zusammengefasst besagt diese Formel, dass Herausforderung nicht aus Unfairness, sondern durch das Meistern komplexer und unversöhnlicher Spielmechaniken entsteht. Sich dieses Level an Können anzueignen – durch viel repetitiver Übung und noch mehr Zeitaufwand –, grenzt eigentlich schon fast an Arbeit.

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Nioh hat es beispielsweise geschafft, dieses neue "Souls"-Genre recht gut für sich zu übersetzen, obwohl viele andere Spiele dabei versagt haben, diese Formel richtig zu interpretieren und das Spielprinzip zu imitieren. Wer in diesen schweißtreibend schwierigen Spielen vorankommen will, muss wissen, wie eine Waffe gegen bestimmte Gegner wirkt, deren Bewegungen genau studieren und sich mühselig immer wieder von Neuem den Herausforderungen stellen. Das setzt einen Lernprozess voraus, der anfangs abschreckend wirken kann, nach Bezwingen der harten Lernkurve aber schnell sichtbare Ergebnisse liefert.

WAYPOINT: 'Nioh' könnte beweisen, dass 'Dark Souls' sein eigenes neues Genre erfunden hat.

Das Schöne an Nioh ist, dass es zwar auf den ersten Blick wie ein rotzfrecher Dark Souls-Klon wirkt, aber völlig auf eigenen Beinen stehen kann. Das merkt man, sobald man durch das erste Level gelaufen ist. Man muss wie in den "Souls"-Spielen vor allem auf die Ausdauer seines Charakters achten, wenn man nicht zerschnetzelt werden will, der Rest des Kampfsystems in Nioh ist aber noch viel tiefgreifender als die inspirierenden Vorlagen. Das bedeutet für den Spieler noch viel mehr einzelne Mechaniken, die begriffen und perfektioniert werden wollen – und für mich eine Hürde, die ich nur sehr widerwillig überwunden habe. Warum? Weil es eben tatsächlich Arbeit für mich war.

Ich wusste von Beginn an, dass ich sehr viel Zeit in das Spiel stecken muss, bevor ich überhaupt Spaß damit haben kann. Auch etwas, das mich Dark Souls gelehrt hat. Der Gedanke an sich ist ziemlich absurd, aber ein paar wenige Spiele schaffen es, diese Lernzeit so zu belohnen, dass man auch gern mal dafür die eigene Geduld aufs Schlimmste strapaziert. Also habe ich mich darauf eingestellt, vernichtet zu werden, bis ich verstanden habe, was mit mir passiert und wie ich darauf reagieren soll. Und natürlich wurde ich anfangs von den einfachsten Gegnern vorgeführt. Aber ich habe die Arbeit investiert und wenn es sein musste, eine Stelle zehn Mal durchprobiert, bis ich sie verinnerlicht hatte.

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Alle Bilder Official Stills 'Nioh' (c) Sony Interactive Entertainment

Die Belohnung kommt zum Beispiel in Form von Adrenalin bei einem erfolgreich bezwungenen Boss, gegen den man zum 30. Mal angetreten ist. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal einfach physisch vom Sofa aufstehen musste, weil ich einen Gegner besiegt habe – händeringend und wie nach einem lebensgefährlichen Kunststück wollte ich der Welt zeigen, dass ich das gerade wirklich geschafft habe.

Es ist zwar vergleichsweise harte Arbeit, bis man an so einem Punkt angelangt ist, aber Nioh hat mich überzeugt, dass es keinen Hidetaka "Papa Souls" Miyazaki braucht, um solche Momente zu erzeugen. Diese Samurai-Dimension, mit Monstern und jede Menge Nahkampf- und Schusswaffen, funktioniert auf seine eigene Art – auch wenn es tatsächlich Bonfires und ein ziemlich eindeutiges Pendant zu den "Seelen" gibt, die man Dark Souls sammelt. Das Item-Management bleibt zwar bis zum Ende hin mühselige Kleinstarbeit, aber wenn man dafür mit Paraden und Finishing-Moves durch die Samurai-Levels laufen darf, schau ich gerne darüber hinweg.

"Arbeit" klingt in dem Zusammenhang meistens negativ, aber die "Arbeit", die Nioh verlangt, macht die ursprüngliche und passende Bedeutung dieses Wort deutlich. Es zählen viel mehr die Anstrengung, Konzentration und Mühe, die man in eine Aufgabe steckt, und die unglaubliche Befriedigung, die man daraus gewinnt.

Benji auf Twitter: @lazy_reviews