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Politik

Der FPÖ-Vortrag zum "richtigen Umgang mit Social Media" wirft ein paar Fragen auf

Die FPÖ-Ortsgruppe Anthering will ihren Mitgliedern erklären, wie sie sich in den sozialen Medien bewegen, ohne sich strafbar oder klagbar zu machen.

Screenshot via Facebook

Für den 31. März lädt die FPÖ Anthering, eine Salzburger Ortsgruppe der FPÖ, zum Stammtisch, bei dem über den richtigen Umgang mit sozialen Medien gesprochen werden soll. Das bedeutet jedoch allem Anschein nach nicht, dass sich dort über Themen wie Fake News, Quellenkritik und Strategien gegen Hass im Netz unterhalten wird.

Im Falle dieser Veranstaltung bedeutet das die Beantwortung der offenbar wichtigen Frage "Wie bewege ich mich in sozialen Netzwerken, ohne mich strafbar oder klagbar zu machen?" Das Prinzip ist nicht neu: Schon einmal erklärte FPÖ-Bundesrat Michael Raml im Rahmen einer Neuerung des Verhetzungsparagraphen, "was sich alles geändert hat und welche Tücken sich darin verbergen".

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Dass die FPÖ Handlungsbedarf bei der Social-Media-Nutzung ihrer Mitglieder sieht, ist zwar an sich löblich – der Ansatz dann doch eher fragwürdig und die Absichten nur schwer erahnbar. Womit wir auch schon beim Punkt wären: Fragen.

Warum?

Falls ihr euch ähnlich wie ORF-Anchorman Armin Wolf eigentlich nur fragt, warum es diesen Stammtisch gibt, haben wir eine ziemlich einfache Antwort für euch: Bei vielen FPÖ-Fans besteht schlicht und einfach Aufklärungsbedarf in Sachen Hasspostings. Immer wieder wird über Hasspostings auf Fanseiten wie der von Parteichef Heinz-Christian Strache berichtet. Auch FPÖ-Funktionäre äußern sich immer mal wieder dahingehend im Netz.

Aber anstatt hier anzusetzen und zu versuchen, das Problem zu lösen – also den eigenen Wählern Schritt für Schritt zu vermitteln, dass Hass im Netz gefährlich ist und Vergewaltigungsdrohungen nichts mit freier Meinungsäußerung zu tun haben –, scheint sich die FPÖ Anthering lieber auf andere Aspekte des Themas zu konzentrieren und Hasspostern möglicherweise Schlupflöcher zu erklären oder womöglich Anleitungen zu nicht klagbaren Postings Hass im Netz zu geben. Wir hätten da noch ein paar alternative Stammtisch-Titel: "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!!!!", "Hass im Netz für Dummies" oder "Hass im Netz statt Integrationsgesetz!"

Was wird dort passieren?

Seit dem Auftauchen des Flyers versuchen wir uns vorzustellen, wie dieser Stammtisch ablaufen wird. Stellen sich die Besucher des Stammtisches mit "Hallo, ich bin Josef, und ich bin Hassposter" vor und die Runde antwortet betroffen mit "Hallo Josef"? Anhand welcher Beispiele wird den Anwesenden dort erklärt, wie sie im Internet genau die richtige Prise Hass verbreiten?

Wird ihnen gesagt, sie dürften zwar keiner Frau schreiben, dass sie sie vergewaltigen wollen, aber dafür sehr wohl, dass sie ihr wünschen, "Muslime würden ihr Hirn zerficken?" Oder wird dort erklärt, dass man hinter einen Türkenwitz zur Sicherheit besser ein Zwinkersmiley machen sollte, wenn man vor Gericht freigesprochen werden möchte?

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Warum setzt sich die FPÖ nicht lieber gegen Hass im Netz ein?

Anstatt sich konsequent gegen Hatespeech einzusetzen, den Besuchern des Stammtisches zu vermitteln, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist, in dem man Vergewaltigungsfantasien, andere Drohungen oder Beschimpfungen einfach so äußern können sollte, wirkt es, als würde die FPÖ ihren Wählern lieber zeigen, wie sie weiter Hass im Netz verbreiten können, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen. Dabei ist es längst an der Zeit, sich gegen Hass im Netz zu positionieren – auch für die FPÖ.

Laut Standard gibt es für den Vortrag keinen konkreten Anlass, man wolle lediglich für das Thema sensibilisieren, da Hasskommentare ein sehr aktuelles Thema seien. Zumindest das hat die FPÖ Anthering richtig erkannt.

Tut sie das vielleicht sogar und drückt sich nur falsch aus?

Seit dem Auftauchen des Flyers wird vor allem auf Twitter darüber diskutiert, wie die FPÖ das alles denn wirklich meint. Sollen Hasspostern nun wirklich Schlupflöcher erklärt werden oder geht es eigentlich doch darum, Bewusstsein für Hass im Netz zu schaffen – und die Veranstaltungsbeschreibung ist lediglich ein wenig unglücklich formuliert? Es wäre jedenfalls sehr zu wünschen, wenn man der FPÖ diesmal Unrecht täte. Eine tatsächliche Aufkläraktion gegen Hass im Netz ist mehr als nötig und wünschenswert – selbst wenn sie erst mal nur in Form eines regionalen Stammtischs stattfinden sollte.

Verena auf Twitter: @verenabgnr

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