Foto: GNTM Kandidatinnen der 4. Staffel, ds1987 | flickr | CC by-sa 2.0Ich gebe es zu, ich schaue Germany's Next Topmodel. Genau so wie ihr. Jedes Jahr. Und auch, wenn ich nicht jede Staffel genauestens verfolgt habe, erreichten mich die "wichtigsten" Meldungen immer wieder über diverse Kanäle. Eigentlich läuft die Sendung immer nach dem gleichen Schema: Heidi und ihre "Mädchen" fliegen nach Los Angeles, eine von ihnen wird als "Oberzicke" hingestellt, eine dreht durch, weil sie eine Kurzhaarfrisur geschnitten bekommt, es gibt ein Fotoshooting für das Cosmopolitan-Cover, die Finalshow, denn nur "Eine kann Germany's Next Topmodel werden", Ende.
Kein Wunder also, dass die Zuschauerzahlen seit der 5. Staffel sinken. Natürlich wisst ihr schon, dass sich diese immer gleichen Szenen ab Donnerstagabend auf ProSieben nun zum 12. Mal reproduzieren und ich werde auch dieses Jahr wieder dabei sein, auf meiner Couch sitzen, während die Kandidatinnen unter kaltem Regen mit Würgeschlangen fotografiert werden, Chips essen und mich gut dabei fühlen.
Eine Sache, mit der mich GNTM immer wieder ködern konnte, waren die österreichischen Kandidatinnen. Leute von daheim! Leute wie du und ich! Ich hörte jedes Mal gespannt zu, ob sie nicht doch irgendwann ein lustiges Dialektwort sagen würden und hoffte insgeheim darauf, dass sie – vielleicht sogar zu Unrecht – in die nächste Runde kommen. Ich habe mich gefragt, was aus ihnen geworden ist und alle österreichischen Teilnehmerinnen kontaktiert, die es unter die Top 10 geschafft haben: Wurden aus den Frauen erfolgreiche Models und konnten sie die Sendung erfolgreich als Sprungbrett nutzen? Oder sind sie zurück in ihrem Heimatkaff, wo Heidi sie einst beim Kühe-Melken überrascht hat?Ganze zehn Jahre ist es her, dass Anja von der Jury "leider kein Foto" bekam – und trotzdem wird sie bis heute auf der Straße erkannt. "Ich glaube, dass die Mädchen von damals besser in Erinnerung bleiben konnten, weil es heutzutage sehr viel schwieriger ist, bekannt zu werden oder auch zu bleiben", erzählt Anja gegenüber VICE. Die 29-Jährige aus St. Stefan im Rosental hatte zwar Probleme, auf dem Laufsteg den perfekten Walk hinzulegen, schaffte es aber immerhin auf den 6. Platz.Gleich nach der Show ging sie für zwei Jahre nach Paris, um dort als Model zu arbeiten. "Ich konnte modeln, ohne mit Heidi in Verbindung gebracht zu werden", sagt sie. "Nicht, dass ich das allgemein als Bürde sehe – ich habe ihr sehr viel zu verdanken –, aber im richtigen Modelbusiness sind Shows wie ihre Gift für die Karriere." Allein durch diese klare Aussage hebt sie sich deutlich von anderen Kandidatinnen ab. Neben dem Modeln begann Anja Architektur zu studieren: "Es ist wichtig eine Berufsausbildung zu haben, da man nicht auf ewig schön bleibt und sein Geld mit dem Aussehen verdienen kann". Nach zwei Jahren wechselte sie zu Wirtschaftspsychologie an der Uni Salzburg.Heute lebt sie in Graz und ist am Ende ihres Studiums angelangt. Das Modeln sei für sie zum Nebenjob geworden: "Natürlich freut man sich, wenn man gebucht wird. Aus Zeitgründen kann ich aber leider nicht jeden Auftrag annehmen", sagt sie. Auf die Zeit bei GNTM schaut Anja sehr kritisch zurück. Es sei eine einzigartige Erfahrung gewesen, aber auch nicht immer einfach: "Ob du willst oder nicht, dir wird immer ein Stempel aufgedrückt. Sonst bist du für dieses Format einfach nicht interessant genug und fliegst gleich anfangs raus", sagt sie. "Ich war diejenige, die nicht laufen konnte, Fiona Erdmann die Oberzicke". Mit Fiona steht sie bis heute im engen Kontakt. So hat ihr die Show zumindest eine langjährige Freundin gebracht.OK, wir alle wissen, was aus Larissa Marolt geworden ist – denn seit ihrem Sieg bei ANTM ist sie nicht mehr aus der deutschsprachigen Fernsehlandschaft wegzudenken. Sie ist seit dem Ende der 4. Staffel von Germany's Next Topmodel in den verschiedensten Fernsehserien und TV-Shows zu sehen, unter anderem Ich bin ein Star – holt mich hier raus, wo sie den bis heute unvergessenen Satz "Ich kack mich voll – ohne Scheiß." sagte, Die große Chance, Anna und die Liebe oder Let's Dance. Außerdem besuchte Larissa zwei Jahre das Lee Strasberg Theatre and Film Institute in New York, um Schauspiel zu studieren. Hier studierten unter anderem auch Julia Roberts und Christoph Waltz.Zu GNTM schaffte es die damals 16-Jährige durch eine sogenannte "Wildcard", die sie durch ihren Sieg bei Austria's Next Topmodel im gleichen Jahr erlangt hatte. In Heidis Show hatte sie den Ruf der lauten, unberechenbaren Kandidatin, drehte beim Umstyling durch, wie es sich eben für die verrückte Österreicherin gehört, die sie in der Show verkörperte und schaffte es (trotzdem oder deswegen) auf den 8. Platz.
Bis 2014 war sie bei ONEeins, der Agentur von Heidi Klums Vater, unter Vertrag. Ende April 2016 eröffnete Larissa gemeinsam mit ihrem Vater, dem Hotelier und ehemaligen FPÖ-Politiker Heinz Marolt, das Hotelresort Klopeiner See in ihrem Heimatort Sankt Kanzian. Larissa wird von ihrem Vater gemanagt und ist derzeit für Dreharbeiten im Ausland, weshalb sie uns keine Interviewanfragen beantworten konnte. Ende November 2016 trennte sie sich von dem 47-jährigen Filmemacher Whitney Sudler-Smith, mit dem sie fünf Jahre eine Beziehung führte.Die wortkarge Alisar gewann die 5. Staffel von GNTM und legte nach der Sendung als einzige der österreichischen Kandidatinnen die klassische Laufstegkarriere hin. Sie löste nach weniger als einem Jahr den Vertrag bei ONEeins und versuchte, auf eigene Faust als Model erfolgreich zu werden. Noch nie trennte sich eine Gewinnerin so schnell vom Vertrag mit der Klum-Agentur, den eine ihrer Staffelkolleginnen als "furchtbar" bezeichnete.Sie erzählt im Interview, dass ihr die Aufmerksamkeit nach der Show zu viel wurde: "Ich war plötzlich in Deutschland sehr bekannt und kann sagen, dass ich so viel Aufmerksamkeit nicht so besonders mag. Deswegen wollte ich ins Ausland". Es hätte nicht geklappt, bei ONEeins unter Vertrag zu sein und sich gleichzeitig im Ausland aufzuhalten, sagt sie. Sie zog nach Vertragskündigung von München nach Paris, lief für die Fashion Week in Berlin und London und landete schließlich in New York, wo sie bis heute lebt. 2012 wurde sie von 17 verschiedenen Modelabels für die New York Fashion Week gebucht.
Bis heute ist die 27-Jährige als Model international erfolgreich und bei mehreren Agenturen unter Vertrag. Alisar jobbte vor ihrem Einzug in Heidis Show als Verkäuferin. "Ich wusste nie wirklich, was ich machen wollte. Ich wusste nur, dass ich keinen langweiligen Job wollen würde". Auf die Frage, was sie wohl heute machen würde, wenn sie nicht vor sieben Jahren nach Köln zum Casting gefahren wäre, antwortet sie: "Da ich Tiere sehr liebe, hätte ich mir gut vorstellen können, zu reisen und Tiere zu erforschen."
Alisar ist in Syrien geboren und kam mit sieben Monaten nach Österreich. Sie wuchs in Amstetten und Schörfling am Attersee auf, zog dann aber mit ihrer Familie nach Mattighofen im Bezirk Braunau. Erst 2014 traf sie wieder auf Heidi Klum in ihrer US-Show Project Runway, in der Alisar für den Gewinner Sean Kelly modelte. Das Wiedersehen mit Heidi dürfte aber nicht allzu unangenehm gewesen sein. "Das war ganz witzig – sie wusste nicht, dass ich gebucht wurde und als sie mich wieder sah, war das sehr schön und wir haben gleich gequatscht", erzählt Alisar gegenüber VICE. "Ich bin ja im Guten mit ihr auseinandergegangen."
Alisar wurde 2015 mit dem "Women of the year"- Award des österreichischen Magazins look! in der Kategorie "Beauty" ausgezeichnet. Es scheint, als hätte sie die Show geschickt genutzt, um eine erfolgreiche Modelkarriere zu starten.
Screenshot via Instagram | mit freundlicher Genehmigung von Chiara
Die 19-Jährige aus Braunau am Inn war wohl eine der sympathischsten und vor allem geradlinigsten Kandidatinnen der 10. Staffel, was Wolfgang Joop bei einer Entscheidungsshow mit einem "I mog di" deutlich und im Sinne aller zum Ausdruck brachte. Aber auch bei den Fans war sie unglaublich beliebt, weshalb sie wahrscheinlich als erste Kandidatin einer aktuellen Staffel beim Finale als Backstage-Reporterin eingesetzt wurde.
Sie landete auf dem 8. Platz und zog nach der Show nach Linz, wo sie ein Praktikum bei Life-Radio Oberösterreich begann. Mittlerweile hat sie ihr Volontariat abgeschlossen: "Ich bin also jetzt offiziell Redakteurin und Off-Air-Moderatorin. Es macht echt Spaß", erzählt sie. Neben der Arbeit beim Radio modelt sie, so gut es geht: "Ich habe sehr viele Anfragen und tolle Jobs. Erst kürzlich habe ich zum Beispiel eine Kampagne für die Fussl-Modestraße geshootet". Aber auch bei Galileo und am Titel der Oberösterreicherin war die junge Frau zu sehen. Für die Tageszeitung heute testete sie im Rahmen der Berichterstattung zum immer wieder geforderten Burkaverbot fragwürdigerweise, wie es ist, für einen Tag eine Burka zu tragen.
Obwohl sie mit mehreren Agenturen kooperiert und viele Aufträge bekommt, plant sie weiterhin in der Medienbranche zu arbeiten: "Im Augenblick mache ich mit ganz viel Leidenschaft Radio und bald auch YouTube. Das Modeln geht nebenbei ganz gut, ist mir aber als Hauptberuf zu unsicher." Ihr YouTube Kanal Kiki's World startete kurz nach dem Interview mit VICE.
Folge Sabrina auf Twitter: @SprinertFolge VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.
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Anja Platzer, 2. Staffel – 2007
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Larissa Marolt, 4. Staffel – 2009
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