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Wir haben mit der Tagespresse über den Terroranschlag in Paris gesprochen

In Paris starben bei einem Anschlag auf ein Satire-Magazin heute Vormittag mindestens 12 Menschen. Wir haben mit Fritz Jergitsch, dem Gründer der Tagespresse, darüber gesprochen.

Lest hier alles rund um den Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo in Paris: #JeSuisCharlie

In die Redaktion der französischen Satirezeitung Charlie Hebdo sind laut Polizeiangaben heute Vormittag gegen 11:30 Uhr drei vermummte und bewaffnete Männer eingedrungen. Charlie Hebdo hatte in der Vergangenheit mehrere Male mit Mohammed-Karikaturen für Aufsehen gesorgt, die auch der Auslöser für einen Brandanschlag 2011 gewesen sein sollen, bei dem die gesamte Redaktion ausbrannte.

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Laut Augenzeugenberichten riefen die Täter während dem Anschlag heute „Wir haben den Propheten gerächt"—trotzdem ist ein islamistischer Hintergrund zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht bestätigt. Bisher sind von der Polizei 12 Tote bestätigt, auf ihrer Flucht sollen die Täter einen Passanten überfahren haben, der die Straße überqueren wollte. Ein Sprecher der Polizei nannte den Angriff ein Massaker.

Wir haben uns mit Fritz Jergitsch, dem Gründer der Tagespresse, Österreichs größter Satireseite, über den Vorfall unterhalten.

Meilleurs vœux, au fait. — Charlie Hebdo (@Charlie_Hebdo_)7. Januar 2015

VICE: Macht dir der Anschlag auf die Redaktion des französischen Satiremagazins Angst?
Fritz Jergitsch: Das macht mir natürlich Angst, egal ob es ein Satiremagazin trifft oder nicht. Ich bin wahnsinnig schockiert, aber wenn es Kollegen sind, macht es mich natürlich noch betroffener. Es wird von einem religiös motivierten Anschlag ausgegangen, weil das Magazin Mohammend-Karikaturen abgedruckt hat. Nimmst du als Angst vor möglichen Reaktionen als Satiriker von dieser Thematik Abstand?
Ich habe da meine eigenen Grenzen. Zum Beispiel keine Witze gegen Minderheiten oder Witze, die die Würde von Personen zu sehr herabsenken. Ich würde auch nichts posten, was nur provokativ und nicht lustig ist. Wenn es einen bestimmten Missstand gibt, den man auf pointierte Weise satirisch behandeln kann, sollte es meiner Meinung nach keine thematischen Einschränkungen geben. Da würde ich auch nicht zögern, irgendwas zu bringen. Die katholische Kirche ist ja ziemlich oft Thema von Tagespresse-Artikeln, ähnlich ist es auch beim Postillon. Das ist quasi salonfähig und es gibt aus den Reihen der katholischen Kirche keine wirklichen Proteste. Denkst du, dass Satire und Islam nicht zusammenpassen?
Wenn ich einen Artikel machen würde, in dem ich mich über den Islam lustig mache, dann würden das 99 Prozent der Muslime und Musliminnen in Österreich auch lustig finden. Es ist aber sicher ein Problem, dass es eine sehr, sehr kleine, radikale Strömung innerhalb des Islams gibt, die dann zu solchen unfassbaren Mitteln greift.
Ich glaube, dass ich für meine Artikel über die katholische Kirche vor 300 Jahren ins Gefängnis gekommen wäre. Es gab aber zum Glück die Aufklärung und die Gesellschaft hat sich ganz einfach gewandelt, sodass Kritik an der katholischen Kirche heute kein Problem ist. In einigen muslimischen Ländern gibt es da sicherlich Defizite, allerdings ist das ein Problem einzelner Menschen und nicht des Islams per se, denke ich. Also ist das Thema Islam jetzt kein No-Go für dich. Hast du schon mal Tagespresse-Artikel über den Islam veröffentlicht?
Über den Islam selbst nicht, allerdings über die Terrormiliz Islamischer Staat. Zum Beispiel einen Artikel, in dem es darum ging, dass es im Islamischen Staat nur mehr Tinder für Männer gibt. Ich mache mich also eher über den Islamischen Staat als Institution lustig, ebenso wie ich mich über die katholische Kirche lustig mache. Die Adresse der Tagespresse ist ein Postfach … hast du das bewusst auch deshalb gemacht, um Anonymität in Bezug auf deine Adresse zu wahren?
Die Tagespresse hat ja mittlerweile schon über 1 Million Leser im Monat. Da braucht im Grunde nur ein einziger Freak dabei sein, der sich denkt, er muss vor meiner Wohnungstür auftauchen. Ich wohne noch dazu in einer WG, es ist also tatsächlich ein Sicherheitsbedenken.

Das deutsche Satiremagazin Titanic lässt sich nicht einschüchtern und hat auf seine eigene Art auf den Vorfall reagiert.

Raphael auf Twitter: @raphschoen