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LGBT+

Die Handball-EM in Polen verträgt kein Zeichen gegen Homophobie

Der Kapitän der Schweden wollte mit regenbogenfarbener Binde auflaufen. Dagegen liefen polnische Medien Sturm, bis der EHF einknickte. Jetzt wollen schwedische Fans in die Bresche springen.

Es sollte nur ein kleines, aber feines Zeichen gegen Homophobie und für Toleranz werden. Der Kapitän der schwedischen Handballnationalmannschaft, Tobias Karlsson, hatte beim Europäischen Handballverband (EHF) angefragt, ob er bei der heute startenden EM in Polen mit einer regenbogenfarbenen Spielführerbinde auflaufen könne, so wie auch schon in mehreren EM-Vorbereitungsspielen zuvor. Nachdem er Anfang der Woche noch positive Signale aus Wien erhalten hatte, gab es gestern von Verbandsseite die kalte Dusche. So werden wir Karlsson (rechts) also in den kommenden zwei Wochen nicht sehen können:

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Sveriges lagkapten Tobias Karlsson spelar i regnbågens färger i handbolls-EM i Polen: — DN Sport (@DN_Sport)January 13, 2016

Der Grund dafür klingt ziemlich fadenscheinig: Weil die Kapitänsbinde „als Teil des Trikotsatzes" zu betrachten sei, müsse sie auch „eine Farbe oder mehrere Farben der jeweiligen Nation" enthalten. Nicht nur, dass man argumentieren könnte, dass die Regenbogenfarben genau das erfüllen (schließlich beinhalten sie auch Gelb- und Blautöne). Vielmehr hat es den Anschein, dass der EHF am Ende einfach nur unter dem Druck polnischer Medien eingeknickt ist.

Im Gastgeberland wurde das geplante Toleranzbekenntnis als ein Protest gegen Homophobie in Polen gedeutet. So what, möchte man sagen. Doch weil die polnischen Medien Homophobie offenbar OK finden—oder ist es gar die neue Regierung, die bisher nicht unbedingt als Verfechter von Pressefreiheit aufgetreten ist?—ist so ein Zeichen natürlich unerwünscht. Dabei ging es nie darum, den Finger gegen ein bestimmtes Land zu erheben, wie Karlsson im Interview mit SVT Sport erklärte:

„Es ist schade, dass sie die Aktion als etwas interpretiert haben, was es gar nicht ist. Und dass sie diese Botschaft dann auch noch an sehr viele Polen verbreitet haben. Das Ganze hat nichts mit Polen zu tun, sondern ist ein stilles Plädoyer für Akzeptanz. Ich hätte damit auch gespielt, wenn die EM in der Schweiz oder Frankreich stattfinden würde."

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Es ist wohl kein Zufall, dass das bekannteste LGBT-Symbol gerade in Polen unerwünscht ist. Schließlich ist in Polen—vor allem außerhalb der Hauptstadt Warschau—Homophobie noch immer ein verbreitetes Problem, was nicht zuletzt mit dem großen Einfluss der katholischen Kirche im Land zu tun hat.

Doch Karlsson lässt sich davon nicht unterkriegen und denkt bereits an die Zukunft:

„Hier—unter der Regie des EHF in Polen—bin ich ja nur vorübergehend. Ich werde in Zukunft aber auch andernorts Handball spielen, und dort werde ich die Binde dann mit Freude tragen."

Eine Reaktion der schwedischen Fans auf das Last-Minute-Verbot blieb natürlich nicht aus. Viele haben sich bei Karlsson gemeldet und gefragt, wo sie regenbogenfarbene Kapitänsbinden herbekommen können, damit die Pro-Toleranz-Aktion nicht im Sande verlaufen muss. Karlsson selbst hat schon versprochen, möglichst viele an Schweden-Fans bei der EM zu verteilen.

„Ich sorge gerne dafür, dass sie unsere Botschaft in die Welt tragen, wenn wir es schon nicht tun dürfen", so Karlsson im Interview mit Aftonbladet.