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Hitler-Drogen-Headline, die Zweite: Die Bild arbeitet weiter daran, Volker Beck zu zerstören

Wer gedacht hat, dass die Bild gestern mit dem Beck-Hitler-Vergleich den Boden des schlechten Geschmacks erreichte, der hat den neusten Artikel des Blattes über die „Hitler-Droge" nicht gelesen.

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Wer sie abonniert hat, wer gestern auf dem Weg zur Arbeit beim Bäcker oder an der Tanke schnell Halt machte und bei der Zeitungsauslage über die Bild stolperte, dem knallte die Kinnlade mitunter auf die Kasse. Titelüberschrift: Grüner mit Hitler-Droge erwischt. Mit dem Grünen ist Volker Beck, mit der Hitler-Droge Crystal Meth gemeint. Deutschland diskutierte und auch wir fragten uns, ob die Bild mit dieser Überschrift den Boden des schlechten Geschmacks erreicht hatte. Spätestens ab heute wissen wir: Nein. Es geht noch tiefer. Viel tiefer. Frei nach dem Motto „Bad publicity is good publicity" zaubert die Bild ein richtiges Sahnestück aus dem redaktionellen Hut: Hitler-Droge flutet die Schwulenszene. Darin wird dem Leser zunächst klar zu machen versucht, dass Chemsex-Partys der heißeste Scheiß in der hauptstädtischen Schwulenszene sind.

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Was für ein Novum DER Hitler-Drogen-Trend wirklich ist, zeigt allein schon unser Artikel aus dem Jahr 2014 mit dem Titel: „Crystal Meth ist schon längst in Berlins schwuler Clubszene angekommen".

Der vermeintlich Aufhänger ist also Bullshit, für Bild aber nötig, um im weiteren Verlauf des Textes die schmierige Nummer abzuziehen, die sie sich vorgenommen hat. Schon gestern hat sie höchst suggestiv mit einer Reductio ad Hitlerum den Ruf von Volker Beck zu diffamieren versucht.

1. Adolf Hitler ist schlecht
2. Adolf Hitler nahm Pervitin/Crystal Meth
3. Volker Beck nahm Crystal Meth
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4. Es folgt: Volker Beck ist schlecht

Im jüngsten Artikel geht die Bild noch einen Schritt weiter; sowohl was die Diffamierung des grünen Politikers anbetrifft als auch die Sub­ti­li­tät, mit der sie es anstellt. Nachdem also Crystal Meth erstmal zum neuesten Trend in der Schwulenszene erklärt wurde, geht die Redaktion dazu über, die verdorbenen Praktiken auf den ominösen „Chem Partys" dem treuen Bild-Publikum zu beschreiben. Die Infos hierfür hat man sich vom szene-erprobten Stadtmagazin Zitty eingeholt:

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Nochmal schön eine Expertenstimme für Suchttherapie eingebunden, die die tagelangen Sex-Exzesse auf den Dächern, Straßen und in den Bunkern der Stadt absegnet und dann kann die Redaktion jene Passage wie aus dem Nichts raushauen, auf die es ihr eigentlich ankam:

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Es fehlt nur noch, dass Bild ihre Leser daran erinnert, dass Volker Beck schwul ist—aber so viel Vertrauen in die Transferleistung ihrer Leserschaft scheinen sie dann doch zu haben. Der Versuch, an Volker Beck ein Nazi-Junkie-Image zu heften, war für das Blatt nicht genug; das Stigma eines schwulen, sexsüchtigen Junkies ist noch besser. Die perfide Umsetzung ist dabei fast schon beachtlich: Man lässt sich wieder von einem Experten (Drogenfahnder) erklären, was die üblichen Mengeneinheiten sind: 1-Gramm-Päckchen. Beck hatte aber nur 0,6 Gramm dabei!!! Es fehlen also 0,4 Gramm, sie gingen drauf für den Eigenkonsum! Aber hey: „Was Volker Beck mit der Droge anstellte, behält er für sich." Sehr gut, die Bild ist integer, sie würde nie behaupten, Volker Beck ballert sich Crystal Meth, während er in Berliner Altbauwohnungen auf Kirschbaum-Dielen Männer „lutscht und f…". Niemals, das wäre ja unprofesionell. Man stellt lediglich die schwule Chem-Sex-Welt und Volker Beck in einem Artikel einfach nebeneinander, wirft noch schön Hitler mit in die Gleichung und hofft, dass der Bildkäufer die Verbindung schon selbst wird knüpfen können—wenn das mal kein spektakulärer Ersatz für das abgeschaffte Seite-1-Mädchen ist, dann weiß ich auch nicht.

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