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Europawahl 2014

„Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.“

Ewald Stadler war schon bei der FPÖ, wurde aus dem BZÖ geschmissen und hat nun seine eigene Partei gegründet: Die Reformkonservativen. Uns hat er von seiner Partei, Homosexualität, Euthanasie und Schutzengeln erzählt.

Fotos von VICE Media.

Zur Europawahl haben Österreichs Parteien verschiedenste Allianzen gebildet, um ihre Chancen auf den Einzug ins Europäische Parlament zu erhöhen. Neben den Bündnissen Europa anders und EU-STOP, haben sich nun auch Ewald Stadler mit seiner neuen Partei (den REKOS), die Christliche Partei Österreichs (CPÖ) und die konservative Junge europäische Studenteninitiative (JES) zusammengetan, um ins Europäische Parlament zu kommen—und es dann abzuschaffen.

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Mit einer Vertreterin der CPÖ haben wir schon vor der letzten Nationalratswahl über Gott, den Teufel, Homosexualität und Besessene gesprochen. Ein kleiner Fun Fact am Rande: Wenn man die CPÖ kontaktieren will, kann man den Grund für die Kontaktaufnahme anklicken, also Newsletter, Spenden und derartiges, als erste Option kommt folgende:

Screenshot der Homepage der CPÖ.

Aber heute geht es hier nicht um die CPÖ. Denn Ewald Stadler, der uns mit ehrfürchtig lauschender Entourage zum Interview in der Redaktion besucht hat, ist kein Mitglied der CPÖ, dafür war er schon bei der FPÖ, wurde aus dem BZÖ geschmissen und hat nun seine eigene Partei gegründet: Die Reformkonservativen (REKOS).

Die 10 Thesen der REKOS lassen einen aber doch wieder sehr schnell gedanklich bei der Bibel landen und der erste Satz des Parteiprogramms „Wir, ,Die Reformkonservativen—REKOS', kämpfen in Verantwortung vor Gott und dem Nächsten“ ist dann eindeutig: Ewald Stadler, einst dem deutschnationalen Teil der FPÖ zugeordnet, hat sich nun vollkommen seinen konservativ-katholischen Ansichten hingegeben. Oder? Er hat mit mir über seine Bekehrung, die Rechtmäßigkeit des Referendums auf der Krim, Homosexualität, Euthanasie und Schutzengel gesprochen.

VICE: Sie sind früher dem „deutschnationalen“ Flügel der FPÖ zugeordnet worden. Wie passt das mit den REKOS zusammen?
Ewald Stadler: Ich wurde zu diesem Flügel damals immer unter anderem deswegen gezählt, weil ich Mitglied einer akademischen Verbindung war—der Skalden in Innsbruck—und weil ich eine auf das Heilige Römische Reich ausgerichtete Auffassung der Rolle Österreichs in einem größeren Verband hatte. Nach meiner Bekehrung ist die katholische Wurzel aber wieder deutlicher geworden. Ein Freund, ein Weihbischof, hat mich dann irgendwann vor die Alternative gestellt und gesagt, ich könne nicht katholisch sein und gleichzeitig einer antiklerikalen Vereinigung angehören, also bin ich aus der Verbindung ausgetreten.

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Sind die 10 Thesen der REKOS eine Anlehnung an die 10 Gebote?
Ich habe bewusst den Ehrgeiz gehabt, das ganze auf 10er-Größe zu reduzieren. In der Politik orientiert man sich ja an bekannten Zahlengrößen und der Dekalog ist nun einmal eine bekannte Zahlengröße.

These 10 ist, die österreichische Landesverteidigung zu optimieren. Weshalb sollte Österreich das tun?
Ich glaube, dass wir nicht in einen größeren militärischen Verbund eintreten sollten. Wir haben derzeit weltweit Kriegstreiber, die versuchen, Europa in einen Krieg hinein zu hetzen. Formal ist Österreich immer noch ein neutraler Staat. Vor dieser Ausganglage habe ich gesagt, lege ich den Schwerpunkt ganz eindeutig auf das Neutralitätsrecht nach Schweizer Vorbild, damit wir uns selber verteidigen können, aber damit endet es auch.

Wir sind nicht dafür da, amerikanische, britische oder französische Interessen am Hindukusch oder im Indischen Ozean zu verteidigen. Wenn das so ist, werde ich meinen Söhnen raten, nicht ins Bundesheer zu gehen. Ich denke überhaupt nicht daran, dass meine Kinder einer Armee angehören, die von anderen gesteuert wird.

Aber Sie würden ihnen raten, in einer Armee, die von Österreich gesteuert und für österreichische Interessen kämpfen würde, zu dienen?
Ja, österreichisches Militär ist zur Verteidigung Österreichs da, nicht dazu, gegen Piraten im Indischen Ozean zu kämpfen.

Wer sind die Kriegstreiber, von denen Sie vorher gesprochen haben?
Das sind all jene, die versuchen, die Ukraine gegen Russland zu instrumentalisieren. Das ist in einem bedenklichen Ausmaß erfolgt. Politiker fahren auf den Maidan-Platz und hetzen dort die Bevölkerung auf. Das ist von meiner Sicht aus gezielte Kriegshetzerei.

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Von Putin gab es keine Provokation?
Putin hat lange Ruhe bewiesen, er hat lange nichts getan.

Aber inzwischen hat er etwas getan.
Putin hat lange nichts getan, bis in der Ukraine eine Putschistenregierung an die Macht gekommen ist.

Die Ukraine ist trotzdem immer noch ein souveräner Staat.
Nur so lange sie keine Einmischung toleriert, aber wenn sie Europäer und Amerikaner zur Einmischung holt, dann ist sie es nicht mehr.

Also würden Sie sagen, dass die Ukraine kein souveräner Staat mehr ist?
Sie ist kein vollsouveräner Staat mehr. Aber auf der Krim hat sich etwas ganz anderes ereignet. Die Bevölkerung auf der Krim, die zu einem überwiegenden Teil von Sprache und Ethnie her russisch ist, hatte die Nase voll von der korrupten Bande in Kiew. Daher haben die mit überwiegender Mehrheit beschlossen, sich an die Russische Föderation anzuschließen. Das ist die Ausübung des Grundrechts der Völker auf Selbstbestimmung.

Können Sie die Kritik an der Durchführung des Referendums nachvollziehen?
Naja, es hat ja funktioniert.

Natürlich hat es funktioniert, zu Gunsten Russlands.
Ich kann die Kritik so lange nicht nachvollziehen, so lange der Putsch am Maidan-Platz als legitimer Machtwechsel betrachtet wird und dann gleichzeitig ein Referendum, bei dem es Wahllisten gab, wo keiner zu irgendetwas gezwungen wurde, als ungültig erklärt wird. Ich würde das genau so unterstützen, wenn das die Südtiroler machen würden, die Katalanen, die Schotten, und so weiter. Ich war immer ein Vertreter des Selbstbestimmungsrechts der Völker.

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Also sind die Sanktionen von Seiten der EU nicht gerechtfertigt?
Das ist einfach nur kindisch. Das sind ja nicht einmal echte Sanktionen. Das vergiftet nur das Klima, aber hat keinen anderen Effekt.

Aber Putins Entscheidung, die Krim wieder zu einem Teil der Russischen Föderation zu machen, hat das politische Klima nicht negativ beeinträchtigt?
Nein, das ist sein gutes Recht. Putin hat niemanden zu irgendetwas gezwungen.

OK. Wieder zu den REKOS und zur Europawahl. Viele fordern mehr Kompetenzen für das Europäische Parlament, Sie wollen es abschaffen. Wie soll das funktionieren?
Die EU nutzt jede Krise, um sich noch mehr Kompetenzen an zu eigenen. Ich will den europäischen Superstaat nicht und ich glaube auch nicht, dass er funktionieren würde. Und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Um einen Staat konstruieren zu können, brauchen Sie drei Elemente. Sie brauchen eine Staatsgewalt, man kann sagen, die hat die EU. Man braucht ein Staatsgebiet, auch das hat die EU. Und man braucht ein Staatsvolk. Und das hat die EU nicht und sie wird es auch nie haben. Ein Staatsvolk könnte nur durch grausame Kriege entstehen, und einen solchen will ich nicht.

Also Sie glauben nicht, dass diese Kriege eher entstehen würden, wenn man wieder zurück zum Nationalstaat geht?
Nein. Die Ausbalancierung von Interessen hat besser funktioniert, als das, was wir seit dem Vertrag von Maastricht haben.

Also Sie finden, dass sich die Zusammenarbeit der Nationalstaaten in Europa vor der EU bewährt hat?
Nach dem zweiten Weltkrieg, ja. Mit dem Vertrag von Maastricht ist man in eine falsche Richtung gegangen und die wird nicht funktionieren, auch der Euro wird so nicht funktionieren. Auch dieses Projekt wird scheitern.

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Also ein Referendum, wie es in Großbritannien stattfinden soll, über den Austritt aus der EU, würden Sie befürworten?
Das befürworte ich sehr, ja. Der Begriff Referendum treibt den Oligarchen in der EU ja die Schweißperlen auf die Stirn. Alleine das ist doch schon verräterisch: Dass eine Führungsebene das Volk fürchtet … Es funktioniert nicht. Deswegen sollte man es einfach lassen und nach Alternativen suchen. Man sollte den Europäischen Gerichtshof abschaffen, genau so wie den Europäischen Auswertigen Dienst, der kann absolut nichts. Ich bin auch dagegen, dass eine Militärunion entwickelt wird und die Kommission sollte auf ein echtes bürokratisches Vollzugsorgan zusammengeschrumpft werden, ohne eigenes Initiativrecht.

Sie haben den Fahrplan gegen Homophobie von Ulrike Lunacek, über den im Europäischen Parlament abgestimmt wurde, abgelehnt. Weshalb?
Das war kein Fahrplan gegen Homophobie, sondern ein Fahrplan für eine Privilegierung von Homosexuellen. Es gab auch Aussendungen von Homosexuellenverbänden, die gesagt haben, sie wollen gar keine Sonderrechte.

Es geht ja nicht um Sonderrechte, sondern um Gleichberechtigung.
Wo wollen Sie denn eine Gleichberechtigung?

Bei Adoption zum Beispiel.
Der Punkt ist folgender: Adoption ist ausschließlich aus dem Blickwinkel des Kindes zu sehen. Alle Kinderpsychologen sagen, dass Kinder für die Persönlichkeitsprägung sowohl männliche als auch weibliche Bezugspersonen brauchen. Wenn man gute Argumente hat, kann man mit mir über alles reden, in dieser Debatte sind sie aktuell aber nicht vorhanden und ich sage es Ihnen, man tut den Homosexuellen nichts Gutes damit.

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Diese Debatte über die Homo-Partnerschaft war ja auch unsinnig. Ich kenne aus dem BZÖ Homosexuelle, die das selbst definitiv abgelehnt haben, weil sie nicht den gleichen Fehler machen wollen wie Heterosexuelle. Selbst bei den Heterosexuellen nimmt die Zahl der Eheschließungen ab, also wieso sollte man es den Homosexuellen auf einmal verordnen.

Man verordnet ja niemandem etwas, sondern gibt ihnen das Recht, selbst zu entscheiden.
Es gibt kein breites gesellschaftliches Bedürfnis danach und daher muss sich die Politik nicht damit beschäftigen. Es hat sich herausgestellt, dass nur sehr wenige Homosexuelle eingetragene Partnerschaften selber wollen. Der Gesetzgeber kann nicht aufgrund von Einzelfällen Gesetze machen.

Aber es sind nicht zehn Menschen in Österreich homosexuell, das sind ja keine Einzelfälle.
Es braucht ein generelles Bedürfnis danach. Man kann für den Einzelfall keine Gesetze machen. Gesetze sind immer generell-abstrakte Normen. Die individuelle Norm ist ein Urteil oder ein Bescheid.

Aber es handelt sich hier nicht um Einzelfälle.
Natürlich. Sehen Sie sich doch die Zahlen an. Die Ehe ist älter als jeder Staat dieser Erde. Daher spreche ich auch dem Staat das Recht ab, diese bewährte Institution zur Disposition zu stellen.

Von welcher Partei werden Ihrer Meinung nach die meisten Wähler zu Ihnen kommen?
Von den Nichtwählern. Viele Leute sind mit SPÖ und ÖVP unzufrieden. Dann wählen Sie erst einmal gar nicht mehr und sind froh, wenn sie dann eine politische Heimat finden. Es kommen gerade ganze Gruppen zu uns.

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Weshalb sind Sie doch wieder in die Politik zurückgekehrt?
Die Chance, die wir jetzt haben, dem konservativ-christlichen Wähler eine parlamentarische Vertretung zu verschaffen, haben wir in wenigen Monaten nicht mehr. Wir müssen keine Unterschriften sammeln, ich kann mit meiner eigenen Unterschrift antreten. Ich habe Infrastrukturen und Zugang zu Dokumenten, die ich in wenigen Monaten nicht mehr habe. Meine Bekanntheit kann ich nutzen.

Es macht mich auch ein bisschen stolz, das muss ich sagen, dass ich über eine Bekanntheit verfüge, die mit der eines ehemaligen ORF-Moderators vergleichbar ist. Diese Bekanntheit habe ich mir selbst erarbeitet, das macht mich stolz, dass ich zu den bekanntesten Persönlichkeiten der EU-Wahl gehöre.

Diese Berühmtheit ist aber zu einem großen Teil negativ.
Das mag sein. Die Leute wissen wenigstens, wofür ich stehe. Das lehnen einige ab und die anderen finden es gut. Es gibt leider zu viele Politiker, bei denen man nicht mehr weiß, wofür sie stehen.

Wie zum Schluss das BZÖ?
Der Bucher war so einer. Dem musste man jeden Tag ein bisschen Ideologie einimpfen. Es gab einen ganz klaren Zeitpunkt, an dem ich dann aus dem BZÖ austreten wollte. Das war, als er im Standard-Livechat war und von Abtreibung auf Krankenschein gesprochen hat. Da dachte ich, jetzt reicht’s.

Weil er Abtreibung befürwortet hat?
Abtreibung ist für mich absolut inakzeptabel, vor allem auf Krankenschein. Das ist ja keine Krankheitsbehandlung. Das war seine persönliche Meinung und die halte ich für verwerflich, das habe ich ihm auch damals gesagt. Man kann nicht akzeptieren, dass das wehrloseste menschliche Wesen getötet wird. Wo man landet, sieht man in Belgien. Da werden jetzt sogar schon geborene Kinder umgebracht.

Wenn sie an unheilbaren Krankheiten leiden und sich selbst dazu entschlossen haben.
Wenn man ein Kind fragt: Willst du sterben? Was soll es da entscheiden können? Das ist Euthanasie. Das haben die Nazis auch gesagt mit den unheilbaren Krankheiten. Also da ist mit mir überhaupt kein Konsens zu finden. Der Mensch ist nicht Herr über Leben und Tod. Das ist nur Gott.

Sie haben nach ihrem Skiunfall diesen Winter von „Fügung“ gesprochen, dass sie einen Helm trugen und gesagt, dass ihr Schutzengel da bei Ihnen war. Was ist in so einer Situation Fügung?
Dass ich einen Helm aufhatte. Den hatte ich noch nie auf. Ohne diesen Helm hätte ich schwerste Kopfverletzungen gehabt. Das nenne ich Fügung und auch die Wirkung meines Schutzengels. Ich bin fest davon überzeugt, dass es Schutzengel gibt.

Hat jeder einen Schutzengel?
Ja, wenn ein Unfall passiert, bedeutet das aber nicht das Versagen des Schutzengels, sondern das ist göttliche Zulassung. Es ist nicht Aufgabe des Schutzengels, uns vor allen Prüfungen zu bewahren, die auf uns zukommen. Er hat die Aufgabe, unsere Seelen zu bewahren. Die lebt ewig, ob Sie es wollen oder nicht.

Folgt Hanna auf Twitter: @HHumorlos