FYI.

This story is over 5 years old.

Vice Recommends

Das Chlorhuhn ist nicht gefährlich, die Diskussion ist es schon

Das Chlorhuhn war ein mächtiges Symbol im Kampf gegen das Freihandelsabkommen TTIP. Jetzt sorgt es gerade für einen Backlash.

Das Chlorhuhn ist ein wirklich seltsames Tier. Es geistert seit Monaten durch die Presse und taucht auf etlichen aktivistischen Internetseiten auf. Und obwohl es in den USA davon jährlich knapp sieben Milliarden gibt, findet man eigentlich nicht mal ein gutes Stockfoto von ihm. Es scheint ein verdammt scheues Tier zu sein. Das Chlorhuhn— also die Methode, Hühner nach der Schlachtung in ein Chlorbad zu tauchen, um Keime abzutöten—ist zum Kampfsymbol gegen das das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP geworden. Die Transatlantic Trade and Investment Partnership, so der offizielle Name, hat ohnehin eigentlich fast nur Gegner, wenn man sich umschaut. Die Krone kampagnisiert seit ein paar Tagen mit Marcel Hirscher, Mirjam Weichselbraun und Niki Lauda gegen „Genmais“ (ein Wort, das sprachlich so sinnvoll ist wie das „Bundesgesetz für ein atomfreies Österreich“) und TTIP. Man muss sich schon sehr beherrschen, da nicht sofort auf die Seite der Befürworter zu wechseln.

Anzeige

Der Kampf gegen das TTIP erfolgt über Symbole und gefühlte Wahrheiten. Das ist scheiße, aber zum einen gerecht (das TTIP wird schmutzig und geheim verhandelt, also darf man den Kampf auch schmutzig führen), zum anderen auch sinnvoll, denn Symbole sind mächtig. In ihnen manifestieren sich Informationen oft besser als in 5-seitigen Broschüren, die eh niemand liest.

Flickr | Mehr Demokratie | CC BY-SA 2.0

Das Problem ist, dass Symbole leider auch sehr angreifbar sind. Wenn man das Chlorhuhn oder den Genmais zum Problem des TTIP stilisiert, besteht die Gefahr, dass man diese Probleme einfach aus dem Weg räumt. Sei es durch Argumente (s. u.) oder Ausnahmeregelungen. Dann steht man ohne Munition da und gerät in die Defensive. Die strukturellen Schweinereien dahinter sind plötzlich schwer zu thematisieren. Michel Reimon, Neu-EP-Abgeordneter der Grüner und engagierter Gegner des TTIP, hat das hier schon mal gut aufgeschrieben („Dann können wir nur noch ,Ja, aber‘ antworten“), ohne eine Lösung zu bieten. Was ok ist, denn für das „Simplifizieren oder medial Untergehen“-Dilemma gibt es keine einfachen Lösungen.

Es war einfach, mit dem Chlorhuhn zu aktivieren. Es klingt nach Chemie und Industrie—zwei Dinge, die zwar täglich mit unserem Essen in Berührung kommen, wir aber eigentlich nicht wollen. Es klingt widernatürlich, ungesund und gefühlt bäh. Jetzt erzeugt das scheiß Chlorhuhn aber gerade einen Backlash: In Deutschland melden sich reihenweise Experten, die den Standpunkt vertreten, dass die Chlorbehandlung keineswegs ungesund und eigentlich ziemlich sinnvoll ist, weil Geflügel in Europa sehr keimbelastet sei. Zu diesen Experten zählen auch Menschen vom deutschen Bundesamt für Risikobewertung, denen man eine gewisse Distanz von Lobbyinteressen durchaus zutraut.

Anzeige

Das Chlorhuhn ist also nicht ungesund oder schädlich. Cool. Hat auch niemand explizit behauptet. Aber man hat es gerne in Kauf genommen. Die zugrunde liegenden Probleme (Aufweichung von Produktstandards; den mangelnden Druck, die Keimfreiheit durch die Haltung der Tiere zu verringern) zu thematisieren wird jetzt schlagartig schwieriger. Und das ist wirklich gefährlich. Im Gegensatz zum Chlorhuhn.

Flickr | wolfgangfoto | CC BY-ND 2.0

Bei diesen Partys könnt ihr am Wochenende in Chlor tauchen.

DONNERSTAG

Die Fußball-WM beginnt. Wen das nicht interessiert, der kann zu 2 Days of Glow ins Celeste schauen.

FREITAG

Dichtes Programm: Auf der Terrasse der Forelle findet zu erst die Letzte Show der Modeschule Hetzendorf statt. Hinterher gibts Party.

Im Atelier de KoekKoek eröffnet eine neue Ausstellung, Bande à Part feiern ihr Summer Closing mit Lakuti. Außerdem HAM bei Birds and the Bees.

SAMSTAG

In den Hofstallungen feiern Zweitbester/Sexy Deutsch/Zen Clan, was ja irgendwie dasselbe ist. Jam City kommt, was sehr gut ist.

DIENSTAG

D.M.X. ist in der Stadt, ihr Nasen.