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Die Verbrechen von „Sick Ripper“, einem der mutmaßlich schlimmsten Serienmörder der USA

Egal ob Vergewaltigung, abgeschnittene Fingerspitzen, ein "Mordmobil" oder ein Hammer als Mordwaffe – William Devin Howell wird vorgeworfen, bei seinen Gräueltaten kaum etwas ausgelassen zu haben.

William Devin Howell werden sechs Morde vorgeworfen. Für einen weiteren Mord ist er bereits verurteilt worden | Foto: bereitgestellt von der New Britain Police

Irgendetwas hat Polizei-Chief James Wardwell immer wieder an den Wald denken lassen.

Im August 2007 fand ein Jäger einen augenscheinlich menschlichen Schädel im sumpfigen Hinterland hinter einem unauffälligen Einkaufszentrum in New Britain, Connecticut. Diese Entdeckung in einer postindustriellen Stadt mit vielen Einwanderern führte dazu, dass die örtliche Polizei die Überreste von drei vermissten Menschen fand. „Ich bin immer wieder zum Fundort zurückgekehrt und habe unsere Ermittler die Gegend immer wieder durchforsten lassen", erinnert sich Wardwell, der damals die Ermittlungen des New Britain Police Departments leitete. „Wir waren nie ganz sicher, alle Überreste gefunden zu haben."

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Die örtlichen Beamten ließen nicht locker und holten sich vergangenen Frühling sogar einen Leichenspürhund des FBIs mit ins Boot. Dazu wurde die Gegend in einem Gebiet von gut 3 Quadratkilometern systematisch umgegraben und so hat man letztendlich die sterblichen Überreste von noch vier weiteren Personen ans Tageslicht befördert. Da die Polizei sowieso schon von einem Serienmörder ausging, wurde ein Belohnung von 150.000 Dollar für Hinweise zu diesen Verbrechen ausgeschrieben—die größte Summe in der Geschichte Connecticuts.

Der US-Bundesstaat hatte den richtigen Mann jedoch bereits in Gewahrsam genommen.

In der gleichen Augustwoche wurde der Landstreicher William Devin Howell aus Hampton, Virginia, zu 15 Jahren Haft verurteilt, nachdem er sich des Totschlags schuldig bekannt hatte. In diesem Fall ging es um den Tod der 33-jährigen Nilsa Arizmendi. Trotz des Schuldbekenntnisses wollte Howell jedoch nicht die Verantwortung für die Tat übernehmen und gab an, dass er zu einem Deal gezwungen worden war. Im letzten Moment versuchte er außerdem noch erfolglos, sein Schuldbekenntnis wieder zurückzuziehen.

„Ich spreche der Familie mein aufrichtiges Beileid aus. Ich weiß, dass sie denken, ich hätte ihre Tochter Nilsa umgebracht. Das habe ich jedoch nicht", meinte Howell dem New Britain Herald zufolge während der Urteilsverkündung.

Laut der Polizei fand man zwar Arizmendis Blut in Howells Van, aber die dazugehörige Leiche tauchte dann erst vergangenen Frühling hinter dem Einkaufszentrum auf.

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Die Frau wurde zuletzt gesehen, als sie im Juli 2003 in den besagten Van stieg. Das Ganze ereignete sich während der sechs Monate, in denen noch weitere sechs Personen in und um New Britain herum verschwanden. Allerdings schaffte es die Polizei erst ein ganzes Jahrzehnt später, die Puzzlestücke richtig zusammenzusetzen und die anderen Opfer als Melanie Ruth Camilini, Diane Cusack, Marilyn Mendez Gonzalez, Joyvaline Martinez, Mary Jane Menard sowie Danny Lee Whistnant zu identifizieren. Zwar waren diese Menschen alle unterschiedlichen Alters, aber den Behörden zufolge bestand die Gemeinsamkeit in ihren schwierigen Lebensverhältnissen, die in einigen Fällen auch von Rauschmitteln und Prostitution geprägt waren. Die Polizei gab an, dass die Opfer wohl sehr wahrscheinlich mithilfe des falschen Versprechens von schnellen Drogen angelockt worden waren.

Die Polizei verdächtigt den inzwischen 45-jährigen Howell schon seit Jahren und hat ihn vergangenen September nun auch offiziell wegen der Morde angeklagt. Falls er für diese sechs zusätzlichen Morde verurteilt werden sollte, wäre Howell der schlimmste Serienmörder in der Geschichte Connecticuts und würde damit an Michael Ross vorbeiziehen, der 2005 hingerichtet wurde, weil er acht Frauen umgebracht hatte (sechs in Connecticut, zwei in New York).

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Es ist nicht wirklich ersichtlich, warum Howell gerade das unauffällige Stück Land hinter dem Einkaufszentrum als Ort für seinen „Garten" (so bezeichnete er das Ganze angeblich im Gefängnis) ausgewählt hat. Wardwell wollte außerdem keine Mutmaßungen zu den Motiven für die Morde anstellen und nannte als Grund dafür einen offenen Fall. 1995 fand man am gleichen Ort auch eine junge Frau, der in den Kopf geschossen worden war, aber die Polizei geht davon aus, dass die beiden Verbrechen nichts miteinander zu tun haben. Aus den Gerichtsakten geht derweilen hervor, dass Howell beim Verbüßen seiner ersten Haftstrafe einem Mithäftlinge erzählt haben soll, wie er von seinen sieben Opfern und dem Ort, wo diese vergraben sind, geträumt hat. Außerdem bezeichnete er sich angeblich als „Sick Ripper", dessen inneres Monster einfach rauskam.

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Howell, ein beleibter Mann, der von Gelegenheitsjobs lebte, wohnte damals in einem Van, den er angeblich auf den Namen „Mordmobil" taufte.

Nachdem er eines seiner Opfer (das er wohl als sein „Baby" bezeichnete) getötet hatte, schlief Howell eine Nacht neben der in Plastik eingewickelten Leiche, weil es wohl zuerst noch zu kalt war, um die Frau zu vergraben. Den Gerichtsakten zufolge behauptete ein Häftling auch noch, dass Howell zugegeben hätte, seine Opfer vergewaltigt zu haben. Einmal soll er während des Geschlechtsverkehrs außerdem herausgefunden haben, dass sein Gegenüber ein Mann war—das war dann auch dessen Todesurteil. Einem anderen Opfer schnitt Howell zuerst die Fingerspitzen ab und erschlug die Frau anschließend mit einem Hammer.

Wardwell zufolge wurden die Ermittlungen erheblich erleichtert, als man in Howells Van zu den Opfern passende Blut- und DNA-Spuren fand. Da Connecticut die Todesstrafe abgeschafft hat, drohen Howell bei einer Verurteilung im schlimmsten Fall also eine lebenslange Haftstrafe ohne Bewährung.

Wardwell meint außerdem, dass es sich bei dem Fall um die aufwendigsten Ermittlungen in der Geschichte des Dezernats handelte. Das Ganze könnte jedoch noch über die Stadtgrenzen New Britains hinausgehen.

Vor Kurzem haben Polizeibehörden in Florida nämlich Howell als Verdächtigen im ungeklärten Fall des Mordes an der 21-jährigen April Marie Stone ins Visier genommen. Ihre Leiche wurde 1991 in einem Straßengraben kurz außerhalb von Orlando gefunden—Howell lebte damals in der Nähe und hatte sich kurz davor schuldig bekannt, zu sexuellen Handlungen aufgefordert zu haben (er bot einer Undercover-Polizistin 15 Dollar für einen Blowjob an).

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Mit Tränen in den Augen saß Maria Matos im Dezember vor dem Gerichtsgebäude von New Britain und erinnerte sich in gebrochenem Englisch an ihre Tochter Joyvaline Martinez.

„Sehr hübsch … sportlich", meinte sie. „Sie war eine begeisterte Ringerin und Läuferin."

Joy hatte bei ihrem Verschwinden wohl bereits seit einiger Zeit mit Drogenproblemen zu kämpfen gehabt. Ihre Schwester Sandra wusste laut dem New Britain Herald gleich, dass etwas nicht stimmen konnte, als Joy am 26. Oktober 2003 nicht zur Feier ihres eigenen Geburtstags auftauchte, denn sie feierte sonst immer zusammen mit ihrer Mutter. Ungefähr zwei Wochen vorher hatte Sandra ihre Schwester zuletzt gesehen, als sie bei ihrer Mutter war, um Klamotten abzuholen.

Als Sandra dann Jahre später mitbekam, dass hinter dem Einkaufszentrum menschliche Überreste gefunden worden waren, wendete sie sich direkt an die Polizei und meinte, dass es sich dabei um ihre Schwester handeln könnte, so der Herald. Aufgrund eines Auftragsüberschusses im staatlichen Labor konnte Joy jedoch erst 2013 endgültig identifiziert werden. In der Nacht vor Howells Festnahme hat Sandra ihrer eigenen Aussage zufolge von ihrer Schwester geträumt, die meinte, dass es schon OK sein würde.

Wie man mit einem Mord davonkommt

Während eines Prozesstags im Dezember wurde Howell per Videokonferenz zugeschaltet. Er war dabei an einen Stuhl gekettet, trat extrem vornehm auf und sprach mit tiefem Südstaaten-Dialekt. „Der Staat muss jegliche Zweifel an der Schuld ausräumen und in diesem Land ist man so lange unschuldig, bis die Schuld eben bewiesen ist", ließ Howells Anwalt William Paetzold in einem kurzen Statement verlauten.

Diese Woche wird sich Howell entscheiden, ob er ein Anklageprüfungsverfahren zu seiner Mordanklage durchziehen will oder nicht. Dabei handelt es sich um eine Art Miniverfahren, bei dem die Staatsanwaltschaft ein gewisses Minimum an Beweisen vorlegen muss, um mit dem eigentlichen Verfahren fortfahren zu können. Howells Anwalt meinte, dass er nicht wissen würde, ob sein Mandant das Anklageprüfungsverfahren nun einleiten wird oder nicht. Wahrscheinlich wird der Fall aber auch so erst irgendwann 2018 wirklich vor Gericht landen. Grund dafür ist die „größte Ansammlung an Beweisen", die der Staatsanwalt Brian Preleski jemals gesehen hat.

Derzeit befindet sich nur ein „Betreten verboten"-Schild vor dem Gebiet, wo Howell mutmaßlich seine Geheimnisse vergraben hat. Einzig und allein die Familien der Opfer dürfen sich dort aufhalten.

„Sie haben jahrelang nach ihren geliebten Familienmitgliedern gesucht", meint Wardwell. „Wir sind froh darüber, dass sie mit dieser ganzen Sache endlich abschließen konnten. Leider gab es kein Happy End."