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It's still real to me, damn it!

Die besten Untertaker-Momente im Weltuntergangsjahr

Das Jahr der Apokalypse ist da – und mit ihm auch die Frage, warum die pathologisch schlechtgelaunten Christen eigentlich erst 500 Jahre später auf das hören, was die Maya (eh nicht) zu sagen hatten.

Das Jahr der Apokalypse ist da – und mit ihm auch die Frage, warum die pathologisch schlechtgelaunten Christen eigentlich erst 500 Jahre später auf das hören, was die Maya (eh nicht) zu sagen hatten, anstatt schon damals ein offenes Ohr zu haben und uns allen diese ganze Conquistador-Kacke zu ersparen. Jedenfalls habe ich als Einstimmung auf das Ende schon mal alle Wrestlemania-Matches des Weltuntergangs-Wrestlers The Undertaker an einem Abend geschaut und kann jetzt jederzeit zufrieden abtreten.

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All jenen, denen der Taker nicht noch aus ihrer Jugend ein Begriff ist, muss ich hier mal ein paar Sachen erklären.

Erstens: Der Undertaker ist mit seinem Charakter eines untoten Totengräbers, der je nach Jahrzehnt wahlweise auf Leucht-Urnen, Motorräder oder UFC steht, eigentlich eine der lächerlichsten Gestalten der Wrestling-Welt, und niemand hätte wohl 1990 gedacht, dass dieses Gimmick länger bestehen würde, als das von Max Moon, Bastion Booger oder gar das des Shockmasters (manche Wunden heilen eben nie, seufz). Trotzdem gibt es den Undertaker (mehr oder weniger) heute immer noch und diese Mischung aus Beständigkeit und Wandlungsfähigkeit seines abstrusen Charakters ist es auch, was ihn heute zum größtbeklöteten Gott des Ringgevierts macht. So fing übrigens alles an:

Zweitens: Der Undertaker altert rückwärts und hat in den letzten zwei Dekaden so an Talent und Geschwindigkeit zugelegt, dass es eine umso größere Freude ist, sich alle seine Matches in einem Durchlauf anzusehen, weil sie einfach immer besser werden. Er ist damit gewissermaßen der Ian McDiarmid des Wrestling – ihr wisst schon, der Typ, der in beiden Star Wars-Trilogien Imperator bzw. Senator Palpatine spielt und der in den Prequels jünger aussieht als im Original. In beiden Fällen liegt das natürlich daran, dass die Akteure als Jungspunde maßlos tiefgestapelt haben und auf Alter getrimmt waren und im Fall von McDiarmid werden die Sachen eigentlich auch nicht besser, aber egal. Die ganze Entwicklung des Deadman anhand seiner Wrestlemania-Auftritte seht ihr in 5… 4… 3… 2… 1…

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Drittens: Der Undertaker hatte mit dem Bestattungsunternehmer Paul Bearer den besten Wrestling-Manager aller Zeiten (auch wenn er ursprünglich von Solariumfresse Brother Love in die WWE eingeführt wurde, wie sich die einsamen Nerds unter uns erinnern) und auch, wenn die Beziehung der beiden von mieser Missgunst, billigem Betrug, sporadischen Mordversuchen und Gesichtanzünden gekennzeichnet war, wäre ohne den kleinen Dicken mit der fiepsigen Jenseitsstimme wahrscheinlich nie mehr als ein schlecht gebookter Monster-Heel aus dem Undertaker geworden. Spitzt die Bleistifte, hier kommt eine Bearer-Taker-Muster-Promo:

Soviel also zu den Basics. Oh, und vielleicht sollte man auch noch erwähnen, dass der Undertaker bei Wrestlemania nach wie vor unbesiegt ist und damit die unglaubliche Siegessträhne von 19:0 vorzuweisen hat. Ja, ganz recht: Das sind volle 19 Wrestlemania-Matches, die wir uns euretwegen gestern Nacht praktisch ohne Pause und nur bewaffnet mit Pizza, Bier und ziemlich vielen Wodka-Shots reingezogen haben.

Warum? Damit ihr nicht selber müsst. Und weil die legendäre "Undefeated Streak" des Undertakers das Wrestling-Äquivalent zu klassischen Silvester-Programmen wie "Dinner for One" oder "Ein echter Wiener geht nicht unter" für Fakesport-Freaks ist. Schließlich kenne ich die Matches auch schon auswendig und schau sie mir trotzdem in rituellem Rahmen immer wieder an – und der Countup von 1 zu 19 gibt dem Ganzen auch noch festlichen Charakter, der durch die Wodka-Euphorie vorteilhaft untermalt wird.

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Aber auch, wenn neun Stunden Kirchenglocken-Einzüge und Tombstone-Finisher eindeutig zusammenschweißen und einem das Gefühl geben, so etwas Ähnliches wie ein Kriegsveteran zu sein, dessen Hirn vom Napalm durchlöchert ist, sind doch nicht alle 19 Kämpfe so richtig sensationell, weshalb ich euch jetzt die drei besten Taker-Auftritte präsentieren möchte, die jeder Fan unbedingt gesehen haben sollte, bevor ihn die Fettleber oder das Hirnbluten im Endzeitjahr endgültig niederstreckt:

Nummer 3: Undertaker vs. Triple H, Wrestlemania X7

Die beiden hatten zwar auch bei der jüngsten Wrestlemania-Inkarnation aus dem verstaubten Jahr 2011 ein relativ okayes Match gegeneinander, aber dieser Leckerbissen bleibt dennoch unerreicht – hier gibt es immerhin noch Klappstühle auf die Köpfe, Blut auf den Stirnen und Fans am Rande des Nervenzusammenbruchs! Die Geschwindigkeit passt, das Booking ist solide, die Spots sind alle sauber (bis auf einen arschhaaraufrichtenden Regiefehler, der die Magie eines absoluten Mega-Moves in einer Sekunde zunichte macht) und darüber hinaus ist das Publikum in Houston noch derart aufgestachelt vom besten Tag Team-Leitermatch aller Zeiten, dass jeder normale Faustschlag zu Orgasmuschören führt. Kurz: sehr sehenswert. Schau, da:

Nummer 2: Undertaker vs. Edge, Wrestlemania XXIV

Dieses Match von 2008 muss alleine deshalb schon in die Top 3, weil ich bis zu Beginn des Matches natürlich wusste, dass der Undertaker gewinnen musste, und am Ende des Matches trotzdem überrascht war, dass der Undertaker gerade gewonnen hatte. Zugegeben, bei Wrestlemania XXIV könnte man mir eine gewisse Befangenheit unterstellen, da das nun mal die erste Mania war, bei der ich live im Publikum saß und deshalb natürlich nie ein schlechtes Wort über das Event verlieren werde, aber glaubt mir, wenn ich euch sage, dass es dieses Match nach Ric Flairs Rücktrittskampf wirklich nicht leicht hatte und dank exzellentem Booking und perfekter Dramaturgie trotzdem noch die Leute aus den Sitzen hieven konnte. Übrigens gab es im Stadion bei der Abschlussfeier des Undertakers einen Unfall mit dem Feuerwerk, der von dort, wo ich saß, ziemlich übel aussah, aber scheinbar wurden nur ein paar Leute verletzt, von denen hoffentlich keiner im Nachhinein blöd herumbitcht, wenn man bedenkt, was sie als Gegenleistung für sensationelles Wrestling geboten bekamen.

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Nummer 1: Undertaker vs. Shawn Michaels, Wrestlemania 25th Anniversary

Okay, hier mein Einwortkommentar zur Top 1: "Duh." Wenn ihr in eurem Leben nur ein Wrestling-Match sehen könnt, weil ihr die restliche Zeit vielleicht blind oder doof seid, sollte es dieses hier sein. Wenn ihr in eurem Leben nur zwei Wrestling-Matches sehen könnt, sollte das zweite übrigens Ric Flair vs. Shawn Michaels sein, weil es selbst Rapper zum Weinen bringt und vom emotionalen Grundton epischer ist als Herr der Ringe, aber darum geht es heute nicht. Undertaker vs. Shawn Michaels von Wrestlemania 25th Anniversary (der natürlich mathematisch gesehen der 24th Anniversary war, aber bitte) ist alles, was Wrestling sein kann.

Auch hier war ich live Vorort dabei und ich kann euch sagen, die Schreie der Fans hinter mir haben mich mindestens zwei Hautschichten meines Trommelfells gekostet. Das Gesicht, das der Undertaker macht, als Michaels nach dem Tombstone aus dem Pinversuch rauskickt, ist inzwischen das ikonischste Standbild des Wrestling, und das Ende eins der traumhaftest ausgeführten aller Zeiten. 30 Minuten erstklassiges Storytelling mit ziemlich vielen Minuten ebenso erstklassigen Aktionen und ein paar Augenblicken hervorragend rauszögerndem Leiden. Klingt wie Sex? Ist es auch.

Damit ihr mir in Zukunft auch alles glaubt, was ich so erzähle, schiebe ich an dieser Stelle jede Eitelkeit beiseite und gebe euch unter dem Tusch von Bomben und Böllern, die jenseits des Fensters auf die Welt niederregnen, dieses Beweisfoto aus Houston, Texas:

Und soviel also für dieses Mal. Und damit, liebe Freunde der gehobenen Sport-Oper, sage ich: That's a wrap for 2011. 2012 bringt uns dann vielleicht den zwanzigsten Sieg des Undertakers. Nur der Gegner steht noch nicht genau fest – Gerüchte besagen, es handle sich um einen schwulen Eisbären (dass er schwul ist, tut nichts zur Sache, ist aber Fakt). Jawollja. Und jetzt ab zur nächstbesten Party, raus in den westlichen Wahnsinn verwöhnter Kids, die für einen Tag im Jahr so tun, als hätten sie viel lieber mehr Krieg als Wohlstand, und hinein ins Mitternachtsvertigo, aus dem ich frühestens morgen Abend wieder erwache, mit einem Kater mehr, ein paar Freunden weniger und der Grazie eines frühen Undertaker-Einmarschs beim mehrmaligen Gang vom Bett ins Badezimmer. Ich kann die Glocken schon läuten hören…

Fesches Neujahr, Freude durch Wut und noch schnell ein letztes, lautes: Mahalo!