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Rechtsextremismus

Rechtsextreme wollen, dass Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken

Die Identitäre Bewegung will ein Schiff chartern, um Rettungsaktionen auf offener See zu verhindern.
Imago: Joker

In diesem Jahr sind bereits über 1.650 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken. In den Sommermonaten wird diese Zahl wieder massiv ansteigen. Ohne die zivilen Rettungsorganisationen wie SeaWatch, SOS Méditerranée und Jugend rettet gäbe es noch viel mehr Tote. Alleine in diesem Jahr haben sie schon über 6.000 Menschen vor dem Ertrinken gerettet.

In den Kreisen der rechtsextremen Identitären Bewegung werden die zivilen Retter als "Schlepper" beschimpft, die "Europa mit illegaler Migration fluten". Sie haben die Aktion "Defend Europe" ausgerufen und planen, ein Schiff zu chartern, mit dem sie die Arbeit der Hilfsorganisationen im Mittelmeer verhindern wollen. Das Geld für die Aktion haben sie laut eigener Angaben bereits gesammelt. 1.200 Personen spendeten innerhalb von drei Wochen eine Summe von insgesamt 63.000 Euro, um die Rettung von Menschenleben im Mittelmeer zu behindern.

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Auch bei VICE: Eine der tödlichsten Routen nach Europa: Flucht übers Meer


Die Identitäre Bewegung will laut ihrer eigenen Facebook-Seite "in See stechen", um "das Unrecht zu beenden". Mit Unrecht meinen sie aber nicht, dass Zehntausende Menschen auf der Überfahrt nach Europa ertrunken sind, sondern, dass Flüchtlinge überhaupt Zuflucht in Europa suchen. Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Die Identitäre Bewegung will, dass Flüchtlinge sterben, damit sie es nicht nach Europa schaffen.

Die Aktion der Identitären Bewegung sorgt bei der zivilen Rettern bislang nicht für Angst und Schrecken. Ein Aktivist von SeaWatch sagt zu VICE: "Theoretisch können sie das Auslaufen von Schiffen verzögern oder versuchen, unsere Propeller zu blockieren, um uns zum Halten zu zwingen. Wir glauben aber nicht, dass sie auf offener See viel ausrichten können."

Die gesammelte Summe reiche zudem nicht, um längerfristig aktiv zu sein: "Sie können vielleicht eine Yacht mieten und ein paar Tage auf dem Mittelmeer rumfahren, aber wirklich große Aktionen können sie mit der Summe nicht durchführen."

Um ins Mittelmeer zu fahren und die Rettung von Menschenleben zu behindern, müsste die Identitäre Bewegung aber zunächst ein Schiff chartern. Laut eigenen Angaben haben sie keinen Schiffseigner gefunden, der ihnen eins überlassen möchte. Das liegt auch daran, dass sich ihre Pläne rumgesprochen haben. Deswegen betteln die Identitären derzeit auf sozialen Medien, ihnen doch bitte ein Schiff zur Verfügung zu stellen.

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Am 12. Mai versuchte die Identitäre Bewegung bereits, das Rettungsschiff Aquarius der Hilfsorganisation SOS Méditerranée am Auslaufen aus dem Hafen von Catania auf Sizilien zu hindern. Die Hafenbehörde griff ein und das Schiff konnte seine Rettungsmission wie geplant durchführen.

Vordergründig hat die Identitäre Bewegung nichts erreicht. Bei der Aktion wurde allerdings ein Video für die eigenen Fans gedreht, mit dem für Spenden geworben wurde. Das ist Teil der Medienstrategie der Identitären. Es geht den Rechtsextremen bei diesen Aktionen nicht darum, erfolgreich zu sein, sondern darum, sich als große Bewegung zu inszenieren.

Identitäre blamieren sich regelmäßig

Laut Recherchen von Zeit Online gibt es in Deutschland aber nur wenige hundert gut vernetzte Mitglieder. Viele kommen aus der NPD-Jugend, aus radikalen Burschenschaften oder verbotenen Naziorganisationen wie der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ).

Es ist auch deshalb fragwürdig, ob die Identitäre Bewegung die Rettungsaktionen im Mittelmeer wirklich behindern kann.

In Deutschland hat sich die Identitäre Bewegung mit ihren jüngsten Aktionen komplett blamiert. Am 19. Mai versuchten rund 50 Anhänger der rechtsextremen Organisation, das Bundesjustizministerium mit einer Leiter zu stürmen. Die Aktion misslang, die Rechtsextremen wurden von der Polizei abgeführt und in den sozialen Medien regnete es Spott. Zuvor hatten sie die versucht, CDU-Parteizentrale in Berlin zu "blockieren", und zwar zu einer Zeit, als das Gebäude überhaupt nicht geöffnet war. Sie hätten sich genauso gut im Juni auf die Theresienwiese in München setzen können, um das Oktoberfest zu blockieren.

In Wirklichkeit bekommt die Identitäre Bewegung derzeit nicht viel auf die Reihe, was den Funktionären auch bewusst ist. Der österreichische Promi-Identitäre Martin Sellner schrieb in einer neurechten Publikation vergangenes Wochenende, dass die Bewegung stagniert und seit 2015 nicht wirklich wachsen konnte. Bei all den Nachrichten über wachsende rechte Bewegungen in Europa ist zumindest das eine erfreuliche Neuigkeit.

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