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Meine neue Lieblingsseite „Nationale Frauen sind sexy. ღ“ wurde leider gelöscht

Auch rechte Frauen wollten auf Facebook zeigen, wie sexy sie sein können—scheiterten aber maßlos.

Selbst ich habe über Twitter irgendwelche Accounts abonniert, die  ausschließlich gutaussehende, zumeist halbnackte Frauen posten. Ein Trend, der leider über Facebook nicht ganz so gut funktioniert, weil Mark Zuckerberg zwar Enthauptungen, aber keine Brüste mag.

Trotz der rigorosen Jugendschutzbestimmungen auf Facebook gibt es natürlich genug Seiten, die irgendwo am Rande der AGBs ihren Umtrieb feiern. Meine neue Lieblingsseite darunter war bis vor kurzem „Nationale Frauen sind sexy. ღ“. Die haben es geschafft, einen Service für den User zu bieten, der vergleichbare Angebote in den Schatten stellte. Mit nur einem Like konntest du gleichzeitig zeigen, dass du rechts und sexistisch bist. Noch während ich diesen Text hier geschrieben habe, wurde die Seite von Facebook dicht gemacht, aber vermutlich werden bald die ersten Klone auftauchen.

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Aufgesprungen auf den Trend, in den sozialen Netzwerken Aufmerksamkeit für eine Seite durch Frauenbilder zu generieren, nutzte „Nationale Frauen sind sexy. ღ“ die Reichweite von 3.500 Facebook-Fans dazu, rechte Propaganda zu verbreiten. Auch wenn es die Seite schon seit Mai zu geben scheint, fing sie erst im September an, regelmäßig zu posten. Allem voran ein Hinweis auf den rechten Liedermacher Frank Rennicke, dessen Musik man doch unterstützen möge.

Dass die Seite eng in Zusammenhang mit dem Musiker steht, der auf Wikipedia als „Schlüsselfigur der rechtsextremen Szene“ bezeichnet wird und der 2009 von der NPD und der DVU als Bundespräsident nominiert wurde, zeigt sich anhand der Zitate, die zusammen mit den Bildern veröffentlich wurden. Diese finden sich fast alle in einem von Rennicke im Internet publizierten Flugblatt wieder.

Dort stellt er aberwitzige Zusammenhänge zwischen aus dem Kontext gerissenen Aussagen von berühmten Persönlichkeiten der Weltgeschichte und seinem Kampf gegen die Unrechtmäßigkeit der BRD her. In einem Atemzug werden dort, wie auch auf der Facebook-Seite, Mahatma Gandhi, Platon oder Martin Luther King genannt, als würden sie wie selbstverständlich für die rechte Sache eintreten. Er macht sich ihrer Kommentare eigen und verwurstet sie zu seiner eigenen Propaganda.

Perfekt in Szene gesetzt ist diese Zitatesammlung auf der Facebook-Seite „Nationale Frauen sind sexy ღ“ durch mehr oder weniger—meist weniger—hübsche, echt deutsche Frauen, die durch ihr Bild Zuspruch bieten. Was mich am meisten fasziniert hat, war, dass es sich bei den Frauenfotos scheinbar um echte Einsendungen von Fans handelt und nicht aus dem Internet mit Copy-Paste zusammengeklaute Frauenbilder. Über die Google-Bildersuche taucht in meiner Stichprobe keines von ihnen an anderer Stelle im Netz auf. Außerdem bedankten sich viele Damen in den Kommentaren unter ihrem Bild fürs Hochladen.

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Als wichtigste Propaganda der Seite galt die Befreiung „politischer Gefangener“. Darunter die üblichen Verdächtigen der rechten Bewegung: Horst Mahler, bekannter Holocaustleugner, Gottfried Küssel, auch Holocaustleugner, Axel Möller, was für eine Überraschung, noch ein Holocaustleugner. Sorry Mädels, diese Seite hat nichts mehr mit Nationalstolz zu tun, sondern ist reine Nazi-Propaganda.

Es ist immer wieder erstaunlich, für wie einfach gestrickt Rechte ihre Zielgruppe halten. Besorge dir einfach ein paar Fotos von Frauen und lege ihnen Zitate des Widerstands oder des Nationalstolzes in den Mund und schon bekennen sich die Menschen öffentlich auf Facebook zu ihrem rechten Gedankengut.

Doch was erwartet der Nazi von seiner Traumfrau? Die nationale Traumfrau hat gefärbte Haarsträhnen, wahlweise in Lila, Grün oder Blau, und damit eine Frisur, die mich an den letzten rebellischen Ausbruch einer Supermarktkassiererin gegenüber ihres despotischen Vorgesetzten erinnert. Dazu mehr Gesichtspiercings, als ein Job mit Kundenkontakt verkraften kann. Der Widerstand gegen die Gesellschaft, ja wenn nicht gar die Staatsgewalt, ist ihr sprichwörtlich ins Gesicht geschrieben. Ich hätte euch gerne noch mehr Fotos gezeigt, doch während ich gerade dabei war Screenshots zu machen, ist die Seite offline gegangen.

Ich nenne das Ganze salopp: Nazi-Erotik. So kann der einsame Rechte, der morgens sein Facebook aufklappt, doch noch davon träumen, eines Tages ein gleichgesinntes, hübsches deutsches Mädel zu treffen. Zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich mich mit den Rechten verbunden. Auch sie wollen doch bloß von einer hübschen Frau geliebt werden, wenn sie morgens im Bett ihre Twitter- und Facebook-Timelines checken, bevor sie sich nochmal die Bettdecke über den Kopf ziehen, um weiter zu schlafen.

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