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Gastronomie

Londoner Edelrestaurants wollen keine hässlichen Gäste

Eine Doku-Reihe in Großbritannien deckt auf, wie Kunden in Restaurants diskriminiert werden: Wer nicht dem Schönheitsideal entspricht, wird an den Katzentisch gesetzt.

Schönheit liegt sicherlich im Auge des Betrachters. Wenn du aber bei deinem nächsten Besuch in London Lust bekommen solltest, bei einem der Top-Restaurants essen gehen zu wollen, solltest du dich mit allen hübschen Menschen umgeben, die du nur irgendwie auftreiben kannst. Mach am besten einfach gleich ein Casting.

So könnte zumindest dein nächster Restaurantbesuch aussehen, glaubt man der vierteiligen Dokumentation Tricks of the Restaurant Trade, die letzte Woche zum ersten Mal im britischen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Die TV-Reihe will die Geheimnisse der Branche aufdecken und den Restaurantbesuchern zeigen, wie man „das beste Essen und den besten Service in Restaurants bekommt".

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Um es kurz zu machen: Sei einfach hübsch. Sehr, sehr, sehr, sehr hübsch.

Berichten zufolge wollen die Produzenten der Dokumentation beweisen, dass Londoner Edelrestaurants unattraktivere Gäste oft diskriminieren. Dafür wurden „vier sehr attraktive Models zu drei der teuersten Restaurants in London geschickt, wo sie sofort die heißbegehrten ,goldenen' Tische am Fenster bekamen."

Adam Pearson, einer der Moderatoren der Show, dessen Gesicht aufgrund von Neurofibromatose von nicht krebsartigen Tumoren übersät ist, besuchte danach dieselben Restaurants und fragte nach einem Platz. Er und seine Begleitung wurden entweder komplett abgewiesen oder sie bekamen einen Tisch in der hintersten Ecke des Restaurants. Die Namen der besuchten Geschäfte wurden nicht genannt. Pearson fasst seine Erfahrung zusammen: „Das ist wirklich enttäuschend. Wenn du das nächste Mal am Katzentisch platziert wirst, weißt du warum."

Simon Rimmer, Moderator der Show und Koch, hat diese Situation aus Insiderperspektive erklärt. Er meint, dass jedes Restaurant „einen goldenen Tisch hat", der attraktiven Kunden zugewiesen wird. Im Interview mit dem Evening Standard sagte er weiter: „Die Klientel eines Restaurants sagt auch etwas über das Geschäft selbst aus. Gut aussehende Gäste ziehen mehr Kundschaft an und damit auch mehr Geld. Also werden sie dort hingesetzt, wo man sie auch sehen kann."

Neil Gill, Besitzer des Londoner Restaurants „Season Kitchen", erklärte der Sun: „Jeder will sich selbst ja auch mit coolen, gut aussehenden Leuten umgeben. Man möchte man den Eindruck haben, mit anderen coolen Leuten in einem Restaurant zusammen zu essen."

Für einige ist diese Erkenntnis wahrscheinlich nichts Neues oder Überraschendes. Bisher haben aber nur wenige aus der Gastronomie dieses diskriminierende Verhalten tatsächlich zugegeben.2013 geriet das Pariser Restaurant „Georges" in die Schlagzeilen, nachdem eine ehemalige Kellnerin in Le Canard Enchainé enthüllte, dass ihr Chef ihnen die Anweisung gab, „die hübschen und schönen Kunden" an Tische zu führen, wo sie von den Passanten auch gesehen werden. Unattraktivere Gästebekamen Plätze in den hinteren Ecken des Restaurants.

Mit diesem Schönheitswahn geht es in Restaurants wohl auch nur noch um ein simples „Hot or Not". Damit muss man nicht mal mehr bei Tinder nach links wischen. Es reicht einfach, essen zu gehen.