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Popkultur

Warum lieben die Leute ‚Dragon Ball Z‘ eigentlich so?

Wie hat sich eine Serie, in der gezeichnete Typen einander auf die Nase geben, 30 Jahre lang gehalten?

Foto: BagoGames | Flickr.com | CC BY 2.0

Diesen Sommer kehrt der Anime-Klassiker Dragon Ball Z (zumindest in den USA) zurück auf die Leinwand, und zwar in Form des Films Resurrection F. Allerdings ist diese Rückkehr nicht zu vergleichen mit der Rückkehr anderer Serienklassiker wie Wet Hot American Summer, Akte X oder Entourage. Im Gegensatz zu diesen Franchises, die in gewissem Maße davon beeinflusst werden, dass sich das Aussehen der Hauptcharaktere mit der Zeit eben ändert, bleiben die Figuren der Cartoon-Welt von DBZ zeitlos: unsterblich faltenfrei und unentwickelt, oder oberflächlich gealtert, je nachdem, was für die Story gerade benötigt wird. Die Rückkehr wird in keinen neuen Kontext gesetzt, es gibt keine Witze über Turtles Gewichtsverlust, keine Fältchen bei Paul Rudd, die dich daran erinnern, dass ein 46-Jähriger zu deiner Belustigung einen 16-Jährigen spielt. Ein neuer Dragon-Ball-Z-Film ist nur eins, nämlich ein neuer Dragon-Ball-Z-Film. Und obwohl der Film keine wirklich große mediale Aufmerksamkeit erfahren hat, verdient eine Serie, die sich jetzt schon knapp 30 Jahre gehalten hat, ein genaueres Hinsehen.

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Dragon Ball Z war 1988 zuerst nur ein Manga, feierte dann 1989 in Japan sein TV-Debüt und schaffte es 1996 nach Amerika, 1999 dann ins deutsche Fernsehen. Die Sendung war ziemlich einfach gestrickt: Wir begleiten die Hauptfigur Son-Goku (der übrigens lose auf dem König der Affen aus der chinesischen Mythologie basiert) bei seinen Abenteuern. Son-Goku ist ein auf der Erde großgewordener Außerirdischer, der zu einem großen Kämpfer ausgebildet wurde. Die titelgebenden Dragon Balls sind magische Kugeln, deren Besitzer von einem Drachen einen Wunsch erfüllt bekommt. Diese Dragon Balls dienen meistens nur als McGuffins, um die Handlung in Gang zu bringen. (Sie werden so gut wie immer dazu genutzt, jemanden von den Toten auferstehen zu lassen, anstatt sich mal ein Heilmittel für Krebs oder so zu wünschen.)

Zeitlich gesehen spielt Dragon Ball Z nach seinem Vorgänger Dragon Ball, in dem sich alles um Son-Gokus Kindheit dreht. Bei Dragon Ball Z ist er hingegen schon erwachsen und hat sowohl eine Frau als auch ein Kind. Der häusliche Frieden wird dann jedoch von einem Alien namens Radditz gestört, der sich als Son-Gokus Bruder herausstellt und diesen über seine Herkunft als außerirdischer Saiyanjin aufklärt. Anschließend will er die Herrschaft über die Erde an sich reißen, aber Son-Goku hat seine irdischen Freunde inzwischen schon so lieb gewonnen, dass er seinen Wahlplaneten um jeden Preis verteidigt. So kommt es zum Kampf, Son-Goku geht letztendlich als der Sieger hervor und die Grundlage für Dutzende weitere Feinde und Hunderte weitere DBZ-Folgen ist geschaffen.

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Das ist die Kurzfassung. Doch Dragon Ball Z war eine Serie übers Kämpfen. Mit Diplomatie wurde in dieser Serie nie etwas gelöst. Die Bösewichte waren aus Prinzip böse bis auf die Knochen (außer wenn sie sich ab und zu verliebten oder Magie sie gut werden ließ) und hatten sich immer der Eroberung verschrieben. Die Helden, edel und opferbereit, kämpften immer dagegen an. Die Formel war sehr einfach: Ein Bösewicht taucht auf und gewinnt—bis die Helden ihn nach jeder Menge Training endlich besiegen. Wenn sich dann der Staub gelegt hat, erscheint ein noch stärkerer Feind. Anfangs waren die Bösewichte nur stark genug, um eine Stadt in die Luft zu jagen. Später waren sie in der Lage, alles Leben auszulöschen. Mit den zunehmend großen Bedrohungen fragte man sich: Wie werden die Helden wohl stark genug, um damit fertigzuwerden?

Die Stärke dieser Figuren wurden in Power-Leveln gemessen, einer vagen Maßeinheit, die in etwa den Midi-Chlorianern aus Star Wars entspricht und anzeigt, wie viele Planeten jemand in etwa in die Luft jagen kann. Anfangs war es noch bemerkenswert, wenn jemand ein Power-Level von über 9.000 hatte. Dann über 1 Million. Später wurde es noch höher. Im Laufe der Zeit wurden die Figuren auf Mathematik reduziert. Sie wurden zu Sport. Die hypothetischen „Wer würde gewinnen"-Überlegungen eines jeden Fandoms wurden zu einer emotionslosen Berechnung, wodurch Nebenfiguren wie Kuririn und Yamchu immer weiter ins Hintertreffen gerieten, während die Power-Level von Son-Goku, seinem Sohn Son-Gohan und seinem Frenemy Vegeta schwindelerregende Höhen erreichten und die Einsätze immer größer wurden. Hauptfiguren wurden zu Statisten, die sich damit zufrieden gaben, im Hintergrund zu stehen und unterstützend zu klatschen, während die Saiyajins immer größere Muskeln und noch viel größere Frisuren bekamen. (An seinem Höhepunkt sah Son-Gokus Haar aus wie eine übergroße Bananenstaude). Dragon Ball Z entschied die Handlung nicht danach, welche Figuren am interessantesten waren, sondern lediglich nach Schlagkraft.

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DBZ-Cosplayer. Foto: Michael Mol | Flickr.com | CC BY 2.0

Diese Logik mutet mehr als nur ein wenig kindisch an—Geschichten erzählen, indem man Actionfiguren aneinanderklotzt, um zu sehen, welche zuerst kaputtgeht. Dragon Ball Z war sicherlich nicht die einzige Anime- oder Kinderserie, die nach diesem Schema funktionierte: Power Rangers, Pokémon, Jackie Chan Adventures—die Liste ist lang. Immer größer werdende Bedrohungen sind eine einfache Methode, eine Geschichte am Leben zu halten, und sie liefern die vorgeschriebenen emotionalen Höhepunkte: Das Gute wird vom Bösen besiegt, welches wiederum vom Guten besiegt wird.

VIDEO: Das Power-Level des Iceman ist garantiert auch über 9.000

Was Dragon Ball Z so spannend machte, waren die Breitbild-Actionsequenzen, in denen Städte dem Erdboden gleichgemacht und Planeten zerstört wurden, der nihilistische Todestrieb der Bösewichte und die harten Kämpfe. Diese wurden nicht an Monster oder Roboter delegiert oder mit Pistolen und Schwertern ausgeführt—stattdessen gab es brutalen Nahkampf, bei dem jeder Schlag, Tritt oder Feuerball aus gebündeltem Ki Blut und blaue Flecken nach sich zog. Die US-Version entledigte sich des Blutes und der Todesszenen des japanischen Originals—anstatt zu sterben, wurden Figuren „in eine andere Dimension geschickt"—doch niemand, nicht einmal Kinder, ließ sich davon etwas vormachen. Die Figuren wussten sofort, wenn jemand ein höheres Power-Level erreicht hatte, denn es bedeutete immer, dass jemandem gleich ordentlich der Hosenboden strammgezogen wurde.

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Die größte Zielgruppe von DBZ waren 9- bis 14-jährige Jungs und die Serie war eindeutig aggressiv-maskulin. Die Figuren wurden nicht nur durch Training stärker, sondern auch durch mehr Wut. Die Einführung der Super-Saiyajin machte das besonders deutlich: Diesen mächtigen Zustand erreichten Son-Goku und die anderen Saiyanjin, indem sie so wütend wurden, dass ihnen die Adern praktisch aus der Haut platzten. Wenn ich mich in mein früheres Selbst zurückversetze—ein junges Emotionsknäuel mit einem Hang zu Wutanfällen—, dann kann ich schon nachvollziehen, warum eine Serie, in der die Gleichung „Geschrei = Stärker" Anwendung fand, ziemlich anziehend auf mich wirkte.

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„Ich mag Gewalt nicht", schrieb Don DeLillo in seinem Roman Unterwelt. „Sie jagt mir eine Heidenangst ein. Aber ich denke, es handelt sich dabei um eine Macht, an der der Charakter wächst. Und ich denke, die Fähigkeit eines Menschen, entgegen seiner Tendenz zur Gewalt zu handeln, kann eine Quelle der Tugend sein, ein Zeugnis seiner Stärke und Leidensfähigkeit." Dragon Ball Z hat das mit dem Wachsen wörtlich genommen—man erinnere sich, wie die Muskeln nach nur einer Trainingseinheit wie aufgepumpt aussahen—und gutherzige Männer mit unbeschreiblichen Fähigkeiten ausgestattet, um zu sehen, ob sie sich treu bleiben oder in erobernde Barbaren verwandeln. Hierbei darf man nicht vergessen, dass die Figuren lediglich wütend wurden, um stärker werden zu können.

Die Simplizität dieser Ideologie, in der der Stärkere grundsätzlich Recht hat, war ansprechend, weil es toll ist, sich vorzustellen, dass das Gute siegt und dass man siegen kann, indem man sich einfach mehr anstrengt. Sieh dir nur einmal MMA-Star Ronda Rousey an, die stolz Dragon-Ball-Z-Shirts trägt, oder die Chicagoer Rap-Crew Sicko Mobb, die zwei mit schwindelerregender Energie vollgepackte Mixtapes nach dem Super-Saiyan-Zustand benannt hat. DBZ ist eine Serie, in der es darum geht, sich niemals geschlagen zu geben, ohne wenn und aber. Es fehlt ihr vielleicht der thematische Tiefgang von Werken wie Neon Genesis Evangelion, Chihiros Reise ins Zauberland, Akira oder Fist of the North Star—aber das ist ja gerade der Sinn der Sache. Selbst der Tod konnte die Figuren nicht davon abhalten, sich ins Kampfgetümmel zu stürzen, denn sie waren nur einen Drachenwunsch von der Auferstehung entfernt. Die Verstorbenen hingen einfach so lange im Himmel ab und warteten darauf, sich wieder am ewigen Krieg zu beteiligen.