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Schluss mit der Neuro-Spalterei der Geschlechter

Eine neue Studie spricht von objektiv messbaren Differenzen von männlichen und weiblichen Gehirnen. Wie halten die Neurowissenschaftler es mit Gleichberechtigung und Gender Stereotypen?

Wissenschaftliche Beweise, die Stereotypen bestätigen, sind so ziemlich das Letzte, was die Frauen im 21. Jahrhundert brauchen können, wo doch immer noch damit gekämpft wird die, Eingrenzungen der Geschlechterrollen zu überwinden. Doch leider ist genau das, was gerade mit der Weihe angeblicher wissenschaftlicher Objektivität in die Welt gesetzt wurde. Eine neuen Studie behauptet nämlich, dass männliche und weibliche Gehirne so geschaffen sind, dass sie gänzlich unterschiedliche angeborene Veranlagungen haben. Machen sich Neurowissenschaftler daran, unseren langen Kampf für Gleichberechtigung kaputt zu machen?

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Die Studie verleiht den lang gehegten Annahmen mehr Glaubwürdigkeit, dass Frauen geselliger und besser im Multitasking sind, während Männer überlegene motorische Fähigkeiten haben und sich besser auf Aufgaben, wie das Lesen von Landkarten konzentrieren können. Die Forschungen führen dies auf große Unterschiede in den Verbindungen im neuronalen Netz zurück. Es wurden männliche und weibliche „connectomes" untersucht—Karten der neuronalen Verbindungen im Gehirn—und dabei fand man heraus, dass Frauen stärkere Verbindungen zwischen Links und Rechts haben—ein Hinweis auf die Fähigkeit, Vernunft mit Emotion und Intuition zu mischen. Währenddessen hätten Männer mehr Verbindungen zwischen vorderen und hinteren Hirnbereichen—assoziiert mit Wahrnehmung und koordiniertem Handeln, wie Fahrrad fahren oder geographischer und räumlicher Orientierung.

Zu dieser provokativer Schlussfolgerung kamen die Forscher von der University of Pennsylvania, nachdem sie sich fast 1.000 Hirnkarten von Männern und Frauen im Alter von 8 bis 33 ansahen. Die Studie, die von dem National Institutes of Health finanziert und gestern in der Zeitschrift Proceedings of National Academy of Sciences veröffentlicht wurde, kommt bedeutungsschwanger daher—die größte Untersuchng von geschlechtsspezifischen Unterschieden der Hirn-Verbindungen. Was Sorgen bereitet, ist, was für Folgen diese Funde haben werden. Es war kontraproduktiv genug, zu sagen, dass Frauen zum Beispiel im Bereich Ingenieurwissenschaften nicht gut sind, denn Männer sind ja sowieso viel besser darin. Und jetzt soll die Biologie diesen Quatsch auch noch unterstützen?

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Das Gehirn dafür zu benutzen, um zu erklären, warum die meisten Ärzte Männer sind und die meisten Lehrer Frauen, kann Jahre vom Kampf gegen Stereotypen auslöschen. Zum einen repräsentieren die Ergebnisse den Durchschnitt und nicht Individuen. (Ich zum Beispiel kann ganz hervorragend Landkarten lesen.) Und natürlich spielt die Kultur ein große Rolle in der Definition unserer Talente. Andere Forschungen der Plastizität des Gehirns haben gezeigt, dass Verhalten und Erfahrung den Geist genauso stark formen können, wie die Gehirnchemie Verhalten steuern kann. Genau genommen ist der Begriff „Veranlagung" selbst eine Fehlbezeichnung.

Das lässt folgende Fragen aufkommen: Haben Männer überlegene motorische Fähigkeiten aufgrund einer biologischen Realität oder helfen die Gitarrenstunden als kleiner Junge die gewissen Bereiche des Gehirn zu stärken? Sind Frauen gute und einfühlsame Zuhörer, weil ihr mentaler Aufbau so verlangt ist oder weil die regelmäßigen sozialen Interaktionen diese Fähigkeiten gestärkt haben? Sind Männer abgeneigt nach dem Weg zu fragen, weil sie so gut darin sind, Landkarten zu lesen oder hat es kulturelle Einflüsse?

Neurowissenschaftliche Forscher wissen noch immer nicht, ob das Huhn oder das Ei zuerst da war. Aber der gesunde Menschenverstand besagt, dass eine Kombination von den beiden die Stärken und Schwächen einer Person gestaltet. Interessant ist, dass die Studie herausgefunden hat, dass die kleinen geschlechtsspezifisches Unterschiede des neuronalen Kreislaufs nach der Pubertät größer werden. Das könnte zum Teil biologische Gründe haben, denn die Hormone greifen ein. Aber gleichermaßen auch gesellschaftliche, denn es ist eine Zeit, wenn die Kinder mehr und mehr sozialen Druck empfinden, ihren Geschlechterrollen zu entsprechen.

Natürlich, wenn man sich die guten alten Jäger und Sammler Zeiten ansieht, macht es auch alles Sinn, dass menschliche Fähigkeiten in Geschlechterrollen unterschieden sind. „Es ist auffällig, wie sich die Gehirne von Männer und Frauen tatsächlich ergänzen," sagte der Autor Ruben Gur in einer Stellungnahme.

Aber das war vor tausenden Jahren. Ich finde, wir haben dringend ein Update nötig. Wenn wir uns von Ausreden und Versuchungen, wegen denen wir immer wieder auf faule Stereotypen zurückfallen, trennen können, dann entwickeln sich kulturelle Normen vielleicht sogar zu einem gleichwertigen Spielfeld für beide Geschlechter. Und wer weiß, vielleicht werden sogar unsere Gehirne neurologisch messbar auch diese Wahrheit reflektieren.