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DIE GLUTEUS MAXIMUS ISSUE

Brasilianische Slumkinder schwimmen buchstäblich im Müll

An die 6.500 Kinder leben in den Slums im Norden Recifes. Viele von ihnen bestreiten ihren Lebensunterhalt, indem sie durch das dreckige Wasser waten und schwimmen um Altmetall aus dem Müllbrei zu fischen.

Foto von Diego Nigro/JC Imagem

Die brasilianische Stadt Recife ist bekannt für ihre majestätischen Brücken, aber im November zeigte ein Foto in einer Zeitung eine der hässlicheren Seiten der Stadt. Das im Jornal do Commercio veröffentlichte Bild zeigt den neunjährigen Paulo Henrique, der fast im Müll versinkt, der die Kanäle unter einer dieser Brücken füllt, während er Dosen aus dem dreckigen Wasser fischt, um sie zu verkaufen.

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Laut Schätzungen der Regierung leben an die 6.500 Kinder in den Slums der Viertel Arruda und Campina Barreto im Norden Recifes. Viele von ihnen bestreiten ihren Lebensunterhalt, indem sie, genau wie Paulo, durch den Müll waten—aber dennoch nahmen die Behörden erst von ihnen Notiz, nachdem das Bild veröffentlicht worden war. Als Reaktion auf das Foto und den dazugehörigen Artikel versprach die Stadtverwaltung, Paulo und seinen fünf Geschwistern Sozialhilfe zu zahlen. Darüber hinaus hat diese Öffentlichkeit bislang leider keinem einzigen Kind zu mehr sozialer oder finanzieller Unterstützung verholfen.

„Wir versuchen, sie zu beschäftigen, ihnen eine Ausbildung und richtiges Essen zu geben, aber mit dem Geld, das wir bekommen, können wir nie mehr als 120 Kindern gleichzeitig helfen“, sagte Anatilde Costa, eine Sozialarbeiterin im „Heim der göttlichen Fürsorge“, einer örtlichen NGO, die die Kinder mit Essen, Kleidung und Grundbildung versorgt. „Viele leben unter erbärmlichen Umständen … als wären sie Tiere.“ Ihre Organisation erhält eine kleine Summe Geld von der Zentralregierung, ist aber im Wesentlichen von Spenden abhängig.

Larissa Silva, eine Zehnjährige, deren Körperoberfläche zu 80 Prozent von chronischer Ringelflechte befallen ist, lebt ein paar Meilen vom Hauptsitz des Heims entfernt. Als ich sie in dem aus Pappkartons bestehenden Haus traf, in dem sie mit ihrer Familie lebt, fragte sie mich, ob ich glaube, dass sie gerne hier wohne. „Nein“, sagte ich, und sie antwortete: „Tue ich aber, denn es ist das einzige Leben, das ich kenne.“

Fabiana, Larissas Mutter, erzählte mir: „Wir sammeln über zwei Monate alle Arten von Aluminiummaterial und verkaufen es dann an eine Recycling-Firma, die uns 130 Reals [circa 40 Euro] dafür bezahlt. Davon ziehe ich meine drei Kinder auf.“

Auf meinem Rückweg aus dem Slum traf ich zufällig auf Jeferson, Larissas Bruder. Er erzählte mir, dass er auf Regen hoffe, um sich waschen und in den überfluteten Müllkanälen spielen zu können.