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Popkultur

Wie der mysteriöse Tod einer Taube in Köln einen Shitstorm auslöste

Jetzt könnte es sogar eine Obduktion geben.
Symbolfoto: imago | Stefan Zeitz

Die weiße Taube: steht für Frieden und Liebe. Die Brieftaube: fütterte den Menschen über Jahrhunderte mit Informationen. Und die Straßentaube? Sie scheißt überall hin, belästigt einen im Straßencafé und überträgt viele Krankheiten. Die "Ratte der Lüfte" hat in der Gesellschaft ein ähnliches Standing wie Alexander Gauland auf einer Antifa-Demo. Doch es gibt auch Fans von ihr, richtige Tauben-Ultras. Und die haben jetzt wegen des vermeintlichen Mordes an einem ihrer Lieblingstiere Alarm geschlagen.

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Die "Kölner Arbeitsgruppe gegen die Stadttaubenproblematik" (Slogan: "Wir helfen … denn auch Stadttauben sind Friedenstauben") machte den Vorfall in einem Facebook-Post öffentlich. "Seit kurzer Zeit erst warst du nicht mehr in deinem sicheren Nest, sondern allein auf den Straßen am Barbarossaplatz unterwegs, um etwas Nahrung zu finden", schreibt die Gruppe. "Doch am Samstagabend wurdest du müde, es war kalt und nass und du suchtest Schutz unter einem Dach. […] Doch dieser Schutz sollte dein Todesurteil werden."

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Das Dach gehörte zum Eingangsbereich eines Restaurants. Eine Mitarbeiterin soll mit einem Besen auf die Taube eingeschlagen haben. Passanten bemerkten das und verständigten die Tauben-Arbeitsgruppe, die innerhalb von 20 Minuten am Tatort ankam. "Der Kleine schaffte es nicht einmal mehr bis in unsere Pflegestelle. Er starb an den Verletzungen, zugefügt durch die Mitarbeiterin", so der Facebook-Eintrag weiter.

Der Post wurde mittlerweile Hunderte Male geteilt, gelikt, kommentiert – und hat sich zu einem Shitstorm entwickelt. "Die Bestie Mensch hat wieder einmal ihr wahres Gesicht gezeigt … Karma, möge sich erfüllen", schreibt eine Frau. "Bitte zeigt dieses Subjekt an. Hoffentlich wird sie bestraft und verliert ihren Job!", meint eine andere Nutzerin. Einige rufen zum Boykott des Ladens auf. Gleichzeitig beschweren sich viele über eine "Hetzjagd" der Tauben-Retter. "Sie gefährden gerade Existenzen! Auf der Seite des Ladens werden ununterbrochen negative Bewertungen abgegeben - das geht gar nicht", so ein Nutzer.

Nach den ersten wütenden Kommentaren, brach der Restaurantbesitzer sogar seinen Urlaub ab und reagierte noch am Sonntag: "Liebe Tierfreunde, mit Erschrecken haben wir eure Mitteilung gelesen und sofort unsere Mitarbeiterin angerufen. Sie schwört bei Gott, dass sie der Taube kein Leid zugefügt hat. Eine Italienerin, Mutter von 3 Kindern, Oma und sehr gläubig. Wir kennen sie seit Jahren und sie kann keiner Fliege was zu Leide tun." Sie habe das Tier nur verscheuchen wollen. Um das zu erreiche,n habe sie mit einem Mopp auf den Boden geschlagen, nicht aber auf die Taube. "In dem Moment sind dann wohl die Passanten gekommen … und hier entwickelt sich leider eine falsche Nachricht."

Für den Kölner Restaurantbesitzer könnte der Fall existenzbedrohend sein. "Ob wir unter diesen Umständen in der nächsten Woche unseren normalen Betrieb weiterführen können, wissen wir noch nicht", sagte er der Rheinischen Post. Wegen des Shitstorms und der Drohungen sei auch schon die Polizei im Restaurant gewesen. Die Kölner Arbeitsgruppe gegen die Stadttaubenproblematik wies jegliche Vorwürfe zurück. "Ich weiß, dass das Unternehmen einen guten Ruf hat und beliebt ist, da wird keine existenzgefährdende Rufschädigung stattfinden", so die Verwalterin der Facebook-Seite gegenüber der Rheinischen Post. Auf Nachfragen von VICE hat sie bisher nicht reagiert.

Während die Taube mittlerweile auf einem Gnadenhof bestattet wurde, geht der Streit um ihren Tod weiter. Weil Aussage gegen Aussage stehen, bietet der Restaurant-Inhaber nun eine Obduktion an. Sie soll beweisen, dass die Taube ohne Fremdeinwirkung gestorben sei. Ob es dazu kommt, ist noch unklar. Was aber klar ist: In diesem Fall steht die Taube nicht für Frieden.

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