Wir alle müssen irgendwann mal das Haus verlassen. Selbst wenn du Freelancer bist, dir deine Einkäufe liefern lässt und per Fernstudium deinen BWL-Abschluss machst: Irgendwann trifft es auch dich. Spätestens wenn dir vom vielen Sitzen der Rücken so sehr schmerzt, dass du zum Orthopäden musst.Wenn du rausgehst, musst du dich entscheiden: Wie komme ich am besten von A nach B? Wie schnell muss ich da sein? Wie viel Kohle habe ich zur Verfügung? Worauf habe ich gerade Bock? Und in Zeiten der Klimakrise auch: Womit richte ich am wenigsten Schaden an?
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Aus der Wahl deines liebsten Fortbewegungsmittels lassen sich deswegen Rückschlüsse auf deine Persönlichkeit ziehen. Aber bitte, lies selbst.Du findest Menschen richtig scheiße. Wenn sie sich bewegen, wenn sie reden, wenn sie atmen, eigentlich immer. Und du findest richtig gut, dass das so ist. Misanthropie hält dich am Leben. Deshalb fährst du auch am liebsten mit der Bahn: Nirgends kannst du deinen Menschenhass besser zelebrieren.Die morgendliche Rush Hour ist für dich die beste Stunde des Tages. Wenn du in die volle Bahn steigst und dich bei jeder kleinen Berührung anderer ein kleiner Stress-Strom durchfährt, gibt dir das genau den Kick, für den andere Kaffee trinken. Dein Herz schlägt schneller vor Aggression, pumpt Blut durch den ganzen Körper. Du bist bereit für den Tag. Bereit, dich vor deiner Kollegin richtig hart darüber auszukotzen, wie voll die U-Bahn schon wieder war. Was geht bitte mit all diesen Menschen, die sich zur gleichen Zeit in die U-Bahn quetschen? Können die nicht früher fahren?Dass du selbst auch zu diesen Menschen gehörst, ist nebensächlich, denn hier geht es um etwas größeres: Katharsis. Nachdem du all deinen Hass rausgelassen hast, dich über alle Menschen erhoben hast, geht es dir richtig gut und du vergisst deinen eigenen langweiligen Job. Der Kick hält bis zum Nachmittag – und dann ist ja auch schon Feierabend und die Rückfahrt steht an.
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Bierbike
Elektroroller
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Laut Spiegel-Kolumnist Jan Fleischhauer bist du eine Blondine und klein, ziemlich klein. Du bist ein bad girl, born to kill (the Klima). Du musst mit deinem Fahrzeug etwas kompensieren. Denn im Alltag verlierst du wegen deiner Größe oft den Durchblick. Ein SUV und das Lebensgefühl, das zum Wagen als Extra verkauft wird, bringen dich in andere Sphären. Dieses Gefühl teilst du dir aktuell mit über drei Millionen anderen Menschen in Deutschland (tatsächlich hauptsächlich Frauen). Außerdem stehst du auf Geborgenheit. Du fühlst dich eigentlich immer im Recht, wenn du andere Verkehrsteilnehmer überholst. Du fährst nicht Auto, du fährst Raumschiff. Und weil auch nicht jeder ins All fliegen kann, sitzt du am liebsten allein im Auto, auch wenn Platz für fünf Andere wäre. Der Umweltaspekt ist dir dabei so egal wie Menschen mit weißen Tennissocken in den Schuhen ihr Ruf. Sie sind Mode-Rebellen, die Blicke anderer sind ihr Applaus – oder sie haben einfach kalte Füße. Genauso wird dir kalt ums Näschen mit einem Gefährt, das weniger als 14 Liter mit seinem 400-PS-Quadturbo-Diesel in der Stadt verbraucht.Du bist Single, urban und laut deinem Datingprofil "einfach ein cooler Typ". Zwinkersmiley. Verbindlichkeit ist nicht so dein Ding. Das einzig Beständige, was du in deinem Leben willst, sind Tattoos auf deiner Haut. Wenn du zu einer Party eingeladen wirst, sagst du: "Ja, mal schauen." Wenn ein One-Night-Stand dich nach deiner Nummer fragst, antwortest du: "Wenn das Universum es so will, wird es uns wieder zusammenführen." Genauso hältst du es mit deiner Fortbewegung: Individualverkehr, ja bitte. Aber Steuern, Versicherungen und Verpflichtungen? Nein danke. Thank god capitalism wohnst du in einer Großstadt, in der es zahlreiche Anbieter gibt, bei denen du dein Gefährt kurzfristig leihen kannst. Einfach App öffnen, gucken, was geht, einsteigen, abstellen, fertig. Ein bisschen wie Tinder, diese Sharing Economy, und damit voll deins.Lange Haare oder Man-Bun, sportlich und immer gut gebräunt? Du bist der Großstadt-Surfer. Dich kann niemand aus der Ruhe bringen oder aufhalten. Außer Kopfsteinpflaster und Bordsteine. Der Gehweg ist deine Welle. Und wenn du sie reitest, bleiben Menschen stehen und gestikulieren wild, um dich zu bewundern und anzufeuern. Das glaubst du jedenfalls. Unter deinen Kopfhörern hörst du nämlich nicht, was sie dir wirklich zurufen, wenn du sie überholst.Dir war schon immer völlig egal, was andere von dir denken. Das sagen zwar alle von sich, aber dich juckt es wirklich nicht. Deswegen fällt es dir nicht mal auf, wenn Menschen dir, verwundert über dein Gefährt, hinterhergucken. Du bist eine der wenigen Personen, die Funktionskleidung unironisch trägt. Die ist halt derbe praktisch! Für dich müssen Dinge sinnvoll und nicht stylisch sein. Und das in allen Bereichen deines Lebens.Folge VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.