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Nur, weil ich schlecht gelaunt bin, heißt das nicht, dass ich meine Tage habe

„Hast du etwa deine Tage?" ist die dümmste Frage, die man einer schlecht gelaunten Frau stellen kann. Und Blödsinn noch dazu.
Foto: Patrick Humphries via flickr

Manchmal bin ich schlecht gelaunt. Das ist an sich keine wahnsinnig große Enthüllung und jedem Mensch, der mich näher kennt, sollte diese Tatsache ohnehin bekannt sein (an dieser Stelle: Entschuldigung). Jedenfalls wird der Fakt, dass ich an manchen Tagen meines Lebens schlechter gelaunt und empfindlicher bin als an anderen, ziemlich oft in Zusammenhang mit meinem Geschlecht gebracht—vor allem von Männern.

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Immer mal wieder kommt es vor, dass ein Typ, dem ich beim Chatten nicht sofort und/oder zuckersüß antworte, mir Kommentare wie „Zicke" oder „Hast du deine Tage oder warum bist du so genervt?" entgegenwirft. Für Fragen wie diese wurde übrigens der Ausdruck „Selbsterfüllende Prophezeiung" erfunden.

Natürlich gibt es Belege dafür, dass während der Periode Hormone in unseren Körpern dafür sorgen können, dass wir launisch sind und uns selbst nicht so richtig leiden können—aber wie immer sind solche Aussagen statistischer Natur und nur die halbe Wahrheit. OK, manchmal habe ich überraschenderweise Stimmungsschwankungen, wenn Blut aus meiner Vagina kommt, ich Bauchkrämpfe erlebe, die sich anfühlen, als würde mir jemand meinen Uterus mit einer Eiskelle aus meinem Unterleib schaben, und ich tagelang durchgehend Kopfschmerzen habe.

Aber aufgepasst: Viel öfter noch habe ich Stimmungsschwankungen, wenn ich mich mit Idioten und Arschlöchern herumschlagen muss oder schlicht und einfach mit dem falschen Fuß aufgestanden bin.

Für mich ist die Frage, ob ich denn meine Tage habe, weil ich so schlecht drauf sei, oder das schnelle Abstempeln als Zicke aber mittlerweile mehr als nur ein nervtötendes Klischee über Frauen oder ein Witz, den ich ignorieren kann. Für mich bedeutet diese These vor allem, dass in der Vorstellung der Idioten, die mich mit solchen Fragen und Vorwürfen konfrontieren, meine Laune rein der Kontrolle meiner Hormone unterliegt—und damit vor allem erliegt. Wer meine Launen ausschließlich meiner Periode und meinem Hormonhaushalt zuschreibt, der spricht mir nicht nur jede Kontrolle, sondern auch die Fähigkeit, als Frau vernünftig denken zu können, ab.

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Ich habe früher stark unter meiner Periode gelitten und habe mir teilweise die Seele aus dem Leib gekotzt. Ich verstehe also nur allzu gut, warum man während oder kurz vor der Periode schlecht gelaunt ist, weil man schon weiß, was einen erwartet. Nichtsdestotrotz ist es zu kurz gegriffen, die negativ konnotierten Gemütszustände von Frauen rein auf die Periode zu reduzieren.

Ein Gegenbeispiel aus der Männerwelt wäre das Klischee, dass alle Männer trieb- und schwanzgesteuert sind und ihr Penis ihnen das Denken abnimmt. Auch hier werden verschiedene Verhaltensweisen monokausal erklärt—und klar ist das bequemer, als komplizierte Motive zu verstehen zu versuchen. Aber damit geben wir gleichzeitig auch die Verantwortung ab und ersetzen Selbstbestimmung einfach durch biologistischen Determinismus.

Genau so, wie ich es mir einfach machen und die Erklärung für das Verhalten eines Typen in seinen angeborenen, animalischen Trieben suchen kann, anstatt bei mir selbst anzusetzen oder einen Schritt weiter zu denken, machen es sich manche Männer leicht und machen die Hormone für mein Verhalten verantwortlich, anstatt darüber nachzudenken, warum ich wütend auf sie oder aus irgendeinem anderen, völlig banalen Grund verärgert sein könnte.

Dass man auch unabhängig von seinen Reproduktionsorganen einfach einen schlechten Tag haben könnte, scheint vielen Menschen nur bei sich selbst in den Sinn zu kommen. Aber wisst ihr was? Es ist genau diese ignorante, selbstgefällige und herablassende Denkweise, die mich erst recht wütend macht.

Verena auf Twitter: @verenabgnr


Titelbild: Patrick Humphries | flickr | CC BY-ND 2.0