Der ultimative VICE-Guide zum österreichischen Twitter
Collage von VICE Media; Einzelnachweise siehe unten

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Popkultur

Der ultimative VICE-Guide zum österreichischen Twitter

Von Alphas über Circle-Jerk bis hin zu Sifftwitter: Willkommen beim arrogantesten Netzwerk der Welt!

Wenn ein Haufen Angeber zu einer Debatte zusammenkommt, aber sich am Ende alle gegenseitig recht geben, bis zur kompletten Redundanz, und einander die Egos streicheln, als wären es Verlängerungen ihrer Genitalien.

Diese Definition findet sich im Urban Dictionary unter dem Schlagwort "circle jerk" – und ohne es zu wissen, hat hier wohl jemand auch die österreichische Twitter-Blase beschrieben. Arbeitest du in Österreich als Journalistin oder willst vielleicht irgendwann einmal das berühmte Irgendwas-mit-Medien machen, kommst du nicht daran vorbei, dir einen Account bei der Kurznachrichten-Plattform zuzulegen. Twitter ist aber nicht nur da, um sich beruflich zu vernetzen, sondern auch, um sich ungestört gegenseitig (und auch sich selbst) zu versichern, wie gut und wichtig man ist; und das natürlich in entsprechend rechthaberischem Tonfall.

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Ja, wir wissen, was ihr jetzt denkt: Natürlich sind wir selbst alle auf Twitter. Unsere Chefredaktion ist auf Twitter, wir betreiben einen VICE-Twitter-Account und ich selbst bin neben anderen Redakteuren auch aktiv auf Twitter. Ja eh. Wir sind also nicht ganz objektiv. Überraschung. Haltet die Druckerpressen an. (Das ist übrigens alles ironisch gemeint, was man auf Twitter immer dazusagen muss, aber dazu später mehr.)

Aber wenn wir eines gelernt haben, dann dass man diese zutiefst österreichische Freunderlwirtschaft, die auf Twitter bestimmt, wer hot (intellektuell) und wer not (nicht retweetfähig) ist, als echter Twitter-Journalist hinterfragen und aus der eigenen Bubble ausbrechen muss. Und genau das haben wir getan. Zum Teil mit Ironie, aber großteils ohne. Hier unser Guide für alle von Twitter-Profis bis Roman Rafreider.

Alphas

Alphas sind reichweitenstarke Männer (Ja. Männer.), die sich gerne gegenseitig beipflichten, hin und wieder gekonnt mansplainen und dann einen Scherz darüber machen, dass sie sich jetzt wohl wie ein Alpha verhalten haben. Ha. Ha. Zu den Alphas gehören zum Beispiel Florian Klenk, Armin Wolf, Hanno Settele, Peter Rabl, Tom "Eurotom" Mayer und Rudi Fußi.

Auge

Aufmerksamkeit ist bekanntlich die Währung des Internets. Der Umrechnungskurs beträgt 13,76 Schilling, was 1 Aufmerksamkeit genauso viel wert macht wie 1 Euro. Wir müssen euch also hoffentlich nicht weiter ausführen, warum Aufmerksamkeit auch auf Twitter das wichtigste Gut gleich nach dem Verified-Hakerl (siehe unten) ist. Hier kommt auch der Ausdruck "Auge" ins Spiel. Immer, wenn in einem Thread jemandes Aufmerksamkeit verlangt wird und ein Alpha (siehe oben) herbeigerufen werden soll, schreibt man auf Twitter "Auge, [Twitter-Name]". "Auge" wird auch nicht selten ironisch (siehe unten) verwendet, um Threads zu kapern – zum Beispiel, wenn jemand fragt "Kennt jemand einen guten Arzt?" und jemand anders antwortet "Auge, @MarcusFranz".

Armin Wolf

Jeder Normalsterbliche wird in der Regel einmal im Leben von Armin Wolf geretweetet; so wie auch jeder Normalsterbliche einmal im Leben im Lokalfernsehen zu sehen ist, nur besser. Dieser glorreiche Tag ist der followerreichste Tag deiner Twitter-Existenz, was bedeutet, dass du in rasender Geschwindigkeit von 735 auf 737 Follower kommen wirst.

Blockieren

Wenn du dich gerne kritisch über konkrete Personen oder konkrete Tweets von konkreten Personen äußern möchtest, bist du auf Twitter zumindest teilweise fehl am Platz. Da gibt es nämlich User wie zum Beispiel Hanno Settele vom ORF, krone.at -Chefredakteur Richard Schmitt oder auch Florian Klenk, die hin und wieder ausführliche Blocking-Sessions einlegen.

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Drunterkommentar

Will man auf Twitter seine Meinung sagen, drunterkommentiert man. Will man auf Twitter brillieren, kommentiert man etwas, das schon sieben Menschen vorher kommentiert haben. Früher galt es, vor Antworten einen Punkt zu setzen, damit alle Follower sehen, welche wichtige Konversation man gerade mit Florian Klenk führt. Heute funktioniert Punkt-vor-Handle nur noch in neu begonnenen Threads und nicht mehr beim Drunterkommentieren, was einige Leute sehr traurig macht.

Drüben auf Facebook

Wenn du deinen Followern auf subtile Art und Weise klar machen willst, dass ihr alle besser seid als der Rest der Welt, weil ihr euch in dem besseren Netzwerk bewegt, ist die regelmäßige abschätzende Erwähnung von "denen da drüben", die schon wieder irgendwas schreiben, zwingend notwendig.

Ei

Accounts, die ein Ei als Profilbild eingestellt haben, muss man grundsätzlich misstrauen. Entweder sind sie Bots, Trolle, alte Männer, die nicht wissen, wie man ein Foto ins Internetz lädt, oder alles gleichzeitig. Oder um es mit Leo Fischer zu sagen:

Eigenlob

Wird ein eigener Artikel von jemandem gelobt (im Idealfall von Armin Wolf), ist es zwingend erforderlich, dieses Lob zu retweeten und mit "Oh danke" zu kommentieren. Eine andere, subtilere Möglichkeit des Eigenlobs ist es, sich beim Retweet nicht zu bedanken, sondern diesen mit einem Humblebrag zu versehen, wie etwa: "2 Stunden nicht online und schon komme ich nicht mehr nach :/ Sorry, wenn ich euch nicht antworte!" Das wirkt nicht nur gefinkelter, sondern auch katholischer und kommt damit bei einem Gutteil der Alphas (siehe oben) besonders gut an.

Elite

Eigentlich sollte Elite "Alite" heißen, damit es als erster Eintrag in diesem Guide stehen kann, so wichtig ist sie für Twitter. Zum Glück steht am Anfang immerhin "Alphas", was eine Teilmenge der Elite ist, also können wir beruhigt durchatmen. Die Elite, wie sie auf Twitter herrscht, ist eine Mischung aus allen bisherigen Begriffen außer "Ei". Sie besteht aus Alphas mit Anhang, die sich dauernd selbst loben, auf das intellektuell unterfordernde Facebook schimpfen (weil sie selbst natürlich am liebsten nur Fließtext auf Latein lesen würden) und auf kein Gespräch eingehen, bei dem nicht mindestens ein Klenk oder Wolf mitliest. Außerdem empfindet sie sich als geistiger Gatekeeper der guten Seite von Social-Media und bestimmt im Alleingang, welche Themen wichtig sind und welche nicht, indem sie kluge Dinge wie "Sehr lesenswert" oder "Interessante Innenansicht" über Tweets von anderen schreibt oder Screenshots von Statistiken postet, für die man definitiv mehr als 140 Zeichen zum Interpretieren bräuchte, aber wurscht. Die Twitter-Elite ist das, was Verschwörungs"theoretiker" glauben, dass die Bilderberger sind, nur in echt.

Gert Postel

Obwohl Gert Postel Deutscher ist, hat er sich einen Absatz in diesem Artikel redlich verdient. Postel wurde als Hochstapler bekannt, weil er sich in den 80ern und 90ern fälschlicherweise als Arzt ausgab und unter anderem hochrangige Positionen bekleidete. Auf Twitter treibt Postel Gert seit einiger Zeit sein Unwesen, erzählt verrückte Geschichten über seine Nachbarin und begleitet uns somit täglich beim "Abenteuer Kommunikation". Sein vielleicht denkwürdigster Tweet aller Zeiten: "Twitter macht gerade wieder so viel Spaß!"

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Ironie

Ironie ist im Internet generell eine fremde Währung. Anders als Aufmerksamkeit (siehe "Auge") steht sie ziemlich schlecht im Kurs und es gibt kaum Wechselstuben, die sie führen. Aber während man auf Facebook den kaputten Ironie-Detektor der Internet-Welt mit 4.000 Zeichen an Ausführungen und Erklärungen umgehen kann ("Das meine ich TOTAL ernst, WIRKLICH, ich meine, wie KÖNNTE ich das nur NICHT ernst meinen, like DUH!?"), macht die 140-Zeichen-Grenze auf Twitter den Einsatz von Ironie zu einem gefährlichen Minesweeper-Spiel, das eigentlich nur Trolle gewinnen können.

Journalismus

Die Beziehung zwischen österreichischem Journalismus und Twitter ist eine eher schwierige und auch wechselseitige: Was auf Twitter passiert, wird zu News. Was News ist, wird zu Tweets. Wichtig ist dabei die Schnelligkeit, damit Journalisten ihren Ruf ausbauen und "Erster!" sagen können. Nachweislich entscheiden einige wenige Menschen auf Twitter, was für die Bubble und den Rest der Welt relevant ist.

Klenk Falter

Florian Klenk ist Chefredakteur vom Falter und einer dieser Menschen, die auf Twitter gerne zu den berüchtigten Alphas (siehe oben) gezählt werden. Florian Klenk ist aber nicht nur irgendein Alpha, sondern wahrscheinlich der wichtigste aller Alphas, höchstens noch gleichauf mit ORF-Anchorman Armin Wolf, mit dem er sich von Zeit zu Zeit nett gemeinte Abreibungen mit sehr vielen Zwinkersmileys (inklusive Bindestrich als Nase) liefert. Florian Klenk gibt auf Twitter häufig den Ton an und bekommt dafür auch ziemlich viel Zuspruch.

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Dieser Zuspruch findet oftmals in den Antworten auf seine Tweets statt, häufig aber auch in Tweets, in denen Menschen auf mysteriöse Art und Weise vergessen, ihn zu taggen. Weil Florian Klenk jedoch für seine Fähigkeiten als Aufdecker bekannt ist, setzt er sich wohl manchmal spätnachts vor den Laptop und gibt seinen eigenen Namen in das Suchfeld ein, damit ihm auch diese Nennungen ohne Tags – sogenannte Nonmentions (siehe unten) – nicht entgehen. Florian Klenk ist der Papa von Twitter, und das nicht nur deshalb, weil er einmal das Rockhand-Emoji neben seinem Namen stehen hatte, als keiner hingesehen hat. Rock on, Klenk Falter!

Marcus Franz

Was machen Menschen, die im echten Leben keinerlei mediale Aufmerksamkeit mehr genießen und all ihre Relevanz verloren haben? Richtig, sie treten einer Partei bei. Und sie registrieren sich auf Twitter. So auch Marcus-Po-Grapsch-Franz, der dort zum Beispiel solche Dinge schreibt:

Cui Bono??

Moral

Moral wird auf Twitter groß geschrieben. Nicht nur, weil es halt so im Duden steht, sondern auch, weil man sich auf Twitter gerne über die Dinge stellt und durch moralische Selbstüberhöhung auf wichtige Themen hinweist, die im echten Leben keine Rolle spielen.

"Muss jeder selber wissen"

Dieser häufig verwendete Satz wird als Phrase ans Ende von Blasen-Weisheiten gefügt, um Überlegenheit auszudrücken. Oft wird sie mit "muss jeder selber wi", "muss jeder sel" oder sogar "muss je" abgekürzt. Zumindest haben wir uns das von dieser Userin sagen lassen. Ob das als Begründung wirklich ausreicht, muss jeder se.

Natascha Kampusch

Der Account von Natascha Kampusch ist ein besonderes Twitter-Juwel, das wir euch nicht länger vorenthalten können. Und bevor ihr jetzt die Moral(siehe oben)-Keule schwingt: Wir wissen genau, was ihr denkt. Aber wir meinen das nicht ironisch (siehe oben). Wir feiern @nkampusch für ihre konsequente Verweigerung, Twitter so zu benutzen, wie es die Alphas tun und lesen ihre Tweets mit sehr viel unironischer Liebe. Darin teilt sie ihre Gedanken zu Bundeskanzler Christian Kern, Songzeilen wie "whatever will be will be" und informiert über das aktuelle Datum.

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Nonmentions

Das, wonach beispielsweise Florian Klenk spätnachts hin und wieder zu suchen scheint, wenn er wissen will, wo am Twitter er erwähnt, aber nicht getaggt wurde, nennt sich Nonmentions. Ja, jemand hat dich nicht verlinkt und natürlich willst du trotzdem wissen, was genau diese Menschen über dich zu sagen haben. Immerhin sind wir hier auf Twitter, du bist mit großer Wahrscheinlichkeit ein elitärer Alpha – und wie wir alle wissen, kann man an Meinungen von Fremden im Netz nicht einfach vorbeigehen.

Peter Rabl

Peter Rabl ist ehemaliger Journalist und wird von vielen in seiner Familie auch zu den Alphas gezählt – und zwar aus mehreren Gründen: Rabl zitiert sich selbst in seiner Twitter-Bio und hat sich mittlerweile durch die von ihm sehr ernst gemeinte Weise, Texte zu empfehlen ("wichtig und richtig", "Chapeau"; siehe "+1") selbst zum unsterblichen Meme gemacht. Von Kennern wird er Rabels, Rabbels, Rabel genannt (siehe "Nonmention" und "Sobi Sobotker").

Retweet ≠ Endorsement

Diesen Hinweis schreiben alle in ihre Bio, die Angst haben, dass ihr ironischer (siehe oben) Marcus-Franz(siehe oben)-Retweet falsch verstanden werden könnte. Falls ihr zu diesen Menschen gehört und nicht aufgrund eures öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers dreifach betonen müsst, dass ihr nur privat hier seid: Bitte hört auf, euch so wichtig zu nehmen und zu glauben, dass irgendwer da draußen glaubt, ihr würdet für eure Firma, den Staat oder die Welt sprechen. Obwohl … wir sind hier immerhin am Twitter, also: Ihr seid gut so, wie ihr seid!

Screenshot

Willst du Retweets und Favs für einen tollen Tweet? Ärgerst du dich, dass dieser tolle Tweet nicht dir selbst eingefallen ist, willst aber trotzdem den Fame dafür abgreifen? Dann mach einen Screenshot und poste den Tweet, ohne den Urheber zu erwähnen. Du herzloses Arschloch.

Sebastian Huber

Sebastian Huber arbeitet unter anderem als Autor für Die Tagespresse und hat Twitter kurz gesagt zu einem besseren Ort gemacht, an dem Spaß (siehe unten) wieder erlaubt ist. Fun, Fun, Fun! Sebastian Hubers Scherze sind so böse und absurd, dass Richard Schmitt ihn wohl am liebsten blocken und entblocken würde, nur um ihn ein zweites Mal blocken zu können. Wer bei Sebastian Huber nicht lacht, hat keine Seele – oder keinen Sinn für Witze über Herbert Kickl oder Yung Hurn.

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Selbstbeweihräucherung

Wie bereits erwähnt, spielt das gegenseitige Schulterklopfen auf Twitter eine ziemlich große Rolle. Und man lobt hier nicht nur eine Handvoll anderer, sondern am liebsten sich selbst. Man präsentiert sich mit gekonnter Verknappung und besonders schroffen Abkürzungen schlauer als man in Wahrheit ist und promotet die eigene Online-Persönlichkeit, um irgendwann entweder zu den "30 unter 30" zu zählen oder von Armin Wolf (siehe oben) geretweetet zu werden. Da erklärt es sich von selbst, warum sich der Teil der Bevölkerung, der nicht in der Medienbranche arbeitet oder links und zwischen 25 und 30 ist, einen Scheiß für dieses soziale Netzwerk interessiert.

Shitstorm

Grundregel Nummer 1: Auf Twitter ist so ziemlich alles Grund für einen Shitstorm. Alles ist Empörung, alle verteilen Favs für eine bessere Welt. Wer nicht mitmacht, ist ziemlich wahrscheinlich rechts oder hat keine Meinung. Nach einem Tag ist die Empörung meist aber schon wieder verflogen. Was nicht heißt, dass sich die Menschen beruhigt haben, sondern nur, dass sie zum nächsten Aufregungsthema weitergezogen sind. Den Unterschied zwischen Twitter und weniger soziopathischen Plattformen wie Facebook verdeutlicht dieser Tweet:

Sifftwitter

Als Sifftwitter bezeichnet man eine gut vernetzte Hass-Community aus Hunderten von austauschbaren Pöbel-Accounts (siehe auch "Ei"), die besonders gerne auf Feministinnen und Linke losgehen. Sie sind gekommen, um zu trollen. Der Begriff wird auch gerne ironisch verwendet (siehe "Spaß" und "Ironie").

Sobi Sobotker, Hanno Setterli & Richert Schmitz

Um Nonmentions vor den Nonmention-Suchern zu verstecken, haben sich die lustigen Menschen von Twitter (siehe "Spaß") etwas einfallen lassen: Leicht abgewandelte Namen, die so lustig und ansteckend sind, dass wir den Innenminister in einem Artikel einmal ganz ernsthaft "Sobotker" genannt haben. Diese Abwandlungen betreffen vor allem Alphas wie beispielsweise Richard Schmitt oder Hanno Settele, dessen ultimative Nemesis Radfahrer darstellen (siehe auch "Nonmentions").

Spaß

Die existenzielle Frage, ob Spaß auf Twitter überhaupt möglich ist, wird neben Accounts wie dem von Sebastian Huber auch von Jonastrovje, Möwi, Yung Piperich und Paolo Picasso beantwortet, die tagtäglich abliefern und Twitters zu einem Ort machen, an dem man auch tatsächlich manchmal sein möchte. Spaß ist auch das Gegenstück zu Ironie (siehe oben), weil man ihn in der Regel erkennt, solange man nicht den Alphas oder den sogenannten "Identitären" angehört.

Stefanie Sargnagel

Die Autorin schaut nur auf Twitter vorbei, wenn sie auf Facebook mal wieder dank einiger Rechter geblockt wurde oder dann, wenn sie ihre Falter-Comics an die Zielgruppe (= alle auf Twitter) bringen will. Umso faszinierender ist es, wie oft die Autorin am Austro-Twitter Thema ist und die gesamte nichtlinke Blase von Richert Schmitz bis Mario Sellnyer beschäftigt.

Tanja Playner

Vielleicht ist euch schon einmal aufgefallen, dass Queen Tanja Playner in Österreich regelmäßig neben ziemlich spannenden und genauso langweiligen Hashtags wie #imzentrum trendet. Vielleicht habt ihr auch schon das eine oder andere Mal auf ihr Profil geklickt und euch gefragt, wer zur Hölle diese verdammt weirde Künstlerin ist. Falls nicht, haben wir hier einen Newsflash für euch: Tanja Playner ist eine lebende Legende, eine Internet-Ikone aus Mauerkirchen im Bezirk Braunau. Tanja Playner ist Twitter. Genauer gesagt "am Twitter". Also laut Aussage ihres Mannes. Bow down, Bitches!

Thomas Brezina

Thomas Brezina ist toll. Auf Twitter genauso wie überall sonst. Wer dazu ernsthaft noch Fragen hat, ist offenbar nicht bereit für Antworten.

Tweetklau

Der bereits erwähnte Screenshot ist eine Unterform des Tweetklaus. Auch möglich ist es, auf Englisch verfasste Tweets einfach auf Deutsch zu übersetzen und so zu tun, als ob man sich den Text selbst ausgedacht hätte. Eine weitere Variante besteht darin, Bilder von anderen zu verwenden, und sie erst nach fünf nicht ganz so subtilen Hinweisen wie "Retweet kennst, Junge?" zu erwähnen.

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Twitteria

Als Twitteria bezeichnen sich Menschen mit Twitter-Account, um das Zugehörigkeitsgefühl noch einmal zu verstärken. Zum näheren Verständnis: "Twitteria" ist sowas wie ein Clubname, den man sich mit seinen Freunden im Kindergarten ausgedacht hat, bevor man sich gemeinsam in eine Burg aus Stühlen und Decken verzogen hat.

Verified-Hakerl

Wer hat, der hat. Erst recht am Twitter. Und um die Elite noch mal ein bisschen klarer vom Rest abzugrenzen, als es die reinen Follower-Zahlen tun, gibt es für besonders prominente Alphas ein Extra-Leckerli oben drauf: das Verified-Hakerl. Es zeigt an, dass ein User echt, also verifiziert, ist. Einerseits schützt das andere User davor, Fake-Accounts zu folgen. Andererseits tut es dem Ego der Verifizierten gut und hilft bei der Selbstüberhöhung, was fast noch wichtiger ist. Als Verifizierter tritt man bevorzugt nach unten, was der Titanic-Chefredakteur Leo Fischer sehr schön persifliert hat, als er twitterte: "Die Unterschicht ist für mich Kilmakiller Nr. 1" Leo Fischer hat übrigens auch ein Hakerl.

Zusatz

Auch, wenn es im Katastrophenplan der Regierung noch keinen Eingang gefunden hat: Twitter ist eine kritische Infrastruktur für einen – sehr kleinen – Teil der österreichischen Bevölkerung. Wenn es also zusammenbricht, was nicht selten der Fall ist, braucht es einen Notfallplan, der unmittelbar umgesetzt werden kann. Dieser heißt im Fall von #TwitterDown "Twitter notfall sammelgruppe", und ist eine Facebook-Gruppe (siehe auch "Drüben auf Facebook"). Dort wird dann diskutiert, ob man nicht auch auf Facebook das 140-Zeichen-Limit einhalten sollte. Was wir unbedingt noch loswerden wollten: Ohne Sir Otto Pendl ist ein österreichisches Twitter nicht vorstellbar. Ihr werdet euch fragen, wer Otto Pendl ist, und warum er den Titel "Sir" trägt, und wenn ihr keinen Twitter-Account habt, ist diese Frage eine berechtigte. Der Sir ist ohne Frage Kult: Mit seinem Doppelkinn, seinem steten Lob für öffentlich Bedienstete, der Pädo-Brille, die nicht Hipster, sondern vermutlich tatsächlich noch ein Überbleibsel aus den 60ern ist, dem unverkennbaren Dialekt, ist Sir Otto Pendl einer der letzten Großen im österreichischen Nationalrat. Niemand konnte je so sympathisch sagen, dass man "Flüchtlinge menschenwürdig umbringen, äh unterbringen" sollte.

1/3

Auf Twitter ist man gezwungen, das, was man sagen möchte, in 140 Zeichen zu verpacken (plus Links und Fotos, die extra gezählt werden), weshalb jeder Mensch, der dort aktiv ist, weiß, wie wichtig das &-Zeichen ist. Ein paar User haben aber schnell einen Weg entdeckt, um diese Vorgabe zu umgehen und teilen ihre Tweets seit einiger Zeit einfach in mehrere auf. Das heißt, sie schreiben eigentlich Facebook-Postings mit Überlänge, nur eben am Twitter, und kennzeichnen die einzelnen Tweets mit 1/3, 2/3 und 3/3. Das hat zwar nicht mehr viel mit der Idee zu tun, sich kurz zu fassen, passt aber ganz gut zur "Ich habe eine wichtige Meinung"-Mentalität der Twitter-Elite (siehe oben). Nehmt euch ein Zimmer, wenn ihr so viel zu besprechen habt!

+1

Wenn ein Retweet mit dem Zusatz "lesenswert! ;-)" nicht mehr reicht, drückt man seine grenzenlose Zustimmung für kluge Kollegen mit einem gekonnt platzierten "+1" aus.

#ff

Vielleicht haben wir schon erwähnt, dass Twitter zum großen Teil aus gegenseitigem Schulterklopfen und Selbstlob besteht. OK, vielleicht besteht es sogar ausschließlich daraus. Weil Selbstlob aber bekanntlich stinkt (also sehr wenige Favs bekommt), wurde irgendwann der Follow-Friday eingeführt, an dem Menschen anderen Menschen Menschen empfehlen, die besonders toll sind, um dann selbst von diesen Menschen anderen Menschen als besonders toll empfohlen zu werden. Womit sich der Circle-Jerk schließt.

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Einzelnachweise: Hintergrundbild: Alan O'Rourke | flickr | CC BY 2.0; Armin Wolf: Werbeplanung.at – Digital Marketing in Österreich | flickr | CC BY 2.0; Tanja Playner: Heinz111 | Wikimedia Commons | CC BY-SA 4.0; Florian Klenk: Manfred Werner (Tsui) | Wikimedia Commons | CC-BY-SA 4.0