FYI.

This story is over 5 years old.

Jeden Tag 4/20

Das habe ich durch meine Beziehung mit einem Gras-Dealer gelernt

Wenn dein Freund von seinen Kunden verlangt, ihn "Hitman" zu nennen, dann solltest du lieber schleunigst das Weite suchen.
Junger Mann hält Tüte mit Gras

Nur zur Info: Das ist nicht der Typ, auf dem dieser Artikel basiert. Marihuana zu verkaufen, klingt erstmal nach leicht verdientem Geld. „Ich hole mir einfach 30 Gramm und bringe das Zeug dann in kleinen Mengen profitbringend wieder an den Mann", denkt man sich. „Das kann doch nicht so schwer sein. Der Typ aus dem Studium hat das schließlich auch durchgezogen und ihm geht's ganz gut—wenn man mal von der ganzen Paranoia, den Schulden und den ständig neuen Wegwerf-Handys absieht." Also fängt man damit an und die Kasse klingelt: Bei jedem Säckchen Gras macht man gut 30 Prozent Gewinn. Die Geldbörse ist schon bald prall gefüllt. Dann kauft man sich direkt ein neues Autoradio auf Pump. Und man sagt seinen Kunden, dass man nur noch „Hitman" genannt werden will.

Anzeige

Aber dann kommen auch die Angstzustände. Einem wird klar, dass man mit diesem ganzen Verkauf von illegalen Drogen eigentlich gegen das Gesetz verstößt. „Vielleicht ist es gar nicht mal so klug, in einem aufgemotzten Auto herumzufahren und dabei viel Bargeld und mehrere Beutel Gras bei sich zu haben. Was, wenn mich jemand abziehen will? Sollte ich ab jetzt lieber das Brotmesser meiner Mutter bei mir tragen? Oder sollte ich mir meinen eigenen Namen auf die Stirn tätowieren? Die Leute müssen schließlich sehen können, wie hart ich drauf bin."

Und wer muss sich mit diesem ganzen Blödsinn auseinandersetzen? Ich. Und andere Mädels wie ich. Andere Mädels, die mit einem kleinspurigen Gras-Dealer mit Scarface-Komplex zusammen sind. Das Ding ist jedoch, dass ich böse Jungs total heiß finde (die Aussicht, mit meinem Freund nur durch eine Plexiglasscheibe kommunizieren zu können, macht mich richtig wuschig). Ich verstehe also schon, warum andere Frauen das gleiche durchmachen wollen wie ich.

Es würde sich allerdings falsch anfühlen, diese Sache hier so anzupreisen, ohne dabei auch ein paar Hinweise zu geben. Folgendes solltest du immer im Hinterkopf behalten, wenn du mit einem Gras-Dealer zusammen kommst.

MAN STÜRZT SICH HALS ÜBER KOPF IN „DAS GESCHÄFT"

Gleichzeitig bankrott und verliebt zu sein, kann sehr schnell gefährlich werden. Ruf dir einfach mal die Geschichte von Bonnie und Clyde ins Gedächtnis—die wohl einzigen beiden Massenmörder, die von ein paar musikmachenden Multimillionären abgefeiert werden. Irgendwie muss ich wohl eine solche romantisierte Vorstellung in meinem Kopf gehabt haben, als mein Freund und ich unseren ersten katastrophalen Vorstoß in den Drogenmarkt gewagt haben.

Der ältere Bruder eines Freundes—nennen wir ihn mal Martin—fragte meinen Freund, ob er mehrere Müllsäcke voller Gras für 100 britische Pfund plus Benzingeld von Manchester nach Huddersfield bringen würde. Jeder Idiot hätte sofort erkannt, dass es sich dabei um einen echt beschissenen Deal handelte, und auch uns war das bewusst. Aber der Reiz unserer Beziehung war schon lange vergangen und wir dachten uns beide im Unterbewusstsein, dass der Transport einer riesigen und wertvollen Menge an Marihuana uns den so dringend benötigten Kick geben würde.

Anzeige

Wir sammelten also die Ware ein und machten uns auf den Weg zu Martin. Dort angekommen, schleppten wir das Gras hinters Haus und mussten dort feststellen, dass jemand versucht hatte, die Hintertür aufzubrechen—wahrscheinlich wollten sich die Einbrecher, die 60 zur Ernte bereitstehenden Marihuana-Pflanzen unter den Nagel reißen. Natürlich gerieten wir erst einmal in Panik und erzählten Martin von unserer Entdeckung. Der rief daraufhin die Polizei. Noch mal zum Mitschreiben: Martin, ein Typ mit 60 Marihuana-Pflanzen in seinem Haus, verständigte ernsthaft die Polizei. Als nächstes folgte dann ein panischer Anruf bei Martins Vater, der vorbeikommen und seinen Sohn sowie die ganzen Pflanzen mitnehmen sollte. Martin hatte nämlich überhaupt keine Lust darauf, festgenommen zu werden und die nächsten 18 Monate mit Plastikbesteck essen zu müssen.

Man sollte jetzt meinen, dass dieser Zwischenfall meinem Freund zu denken gegeben hätte. Dem war leider nicht so. Also hier mein erster Tipp: Wenn dein Freund bei seinem ersten größeren Deal sowohl fast auf die Polizei als auch auf Typen trifft, die ihm—ohne zu zögern—wegen einiger Pflanzen die Scheiße aus dem Leib prügeln würden, dann solltest du vielleicht noch mal überdenken, auf was du dich da einlässt.

Foto: Jake Lewis

DU WIRST DICH MIT UNGLAUBLICH VIELEN KIFFERN HERUMSCHLAGEN MÜSSEN

Das mit Abstand beste Argument, um jemanden davon abzuhalten, Gras zu verkaufen, ist folgendes: Man muss sich ständig das nervtötende Geschwafel der Kiffer anhören. Hast du schon die Geschichte gehört, als ein Airbus in 10.000 Höhenmetern einem UFO ausweichen musste? Nein? Dann kannst dich schon mal darauf einstellen. Dir ist eigentlich ziemlich egal, bei welcher Temperatur Stahlträger schmelzen? Dann hast du wohl Pech gehabt.

Natürlich ist nicht jeder Kiffer ein unerträglicher Langweiler oder hat einen Abschluss der Wikipedia-Universität und weiß damit so halbwegs, wie der Große Hadronen-Speicherring eigentlich funktioniert. Das sind jedoch leider die seltenen Ausnahmen und glaube mir, es ist unmöglich, die große Mehrheit davon zu überzeugen, dass man wirklich absolut kein Interesse an den grasgeschwängerten Vorträgen hast. Menschen, die absolut dicht sind, neigen leider dazu, selbst grundlegendste visuelle Hinweise zu ignorieren—zum Beispiel Augenrollen, das Andeuten einer unsichtbaren Schlinge um den Hals oder das direkte Verlassen des Zimmers.

Anzeige

Im Allgemeinen gilt: Je länger man sich dort aufhält, wo die Kunden des Freundes kiffen, und je intensiver die berauschende Wirkung schon eingesetzt hat, desto hirnverbrannter werden die Grasliebhaber. Aber auch hier gibt es Ausnahmen der Regel. Ich habe einmal ein Pärchen kennenlernen dürfen, das sich zuerst die Bong hin- und herreichte, als sei das Ganze nur ein tragbarer Sauerstofftank, und anschließend im Nebenzimmer verschwand, um sich dort so heftig zu streiten, dass die Wände wackelten und Möbel zu Bruch gingen. Ich meine, das war jetzt auch nicht der beste Dienstag, den ich jemals erlebt habe, aber zumindest war dieser Zwischenfall weitaus spannender als das, was ein Typ mit Super Mario Bros-Poster im Zimmer über den Marxismus zu erzählen hat.

FALLS DICH EINER SEINER KUNDEN UM EINEN GEFALLEN BITTEN SOLLTE, DANN SAG UM HIMMELSWILLEN NEIN

Wir alle wissen, dass Gras dich neben den anderen anscheinend wünschenswerten Dingen auch schläfrig und vergesslich macht. Auf eine Sache sollte man jedoch wirklich aufpassen: Marihuana schafft es, dass Kiffer absolut nicht mehr dazu in der Lage sind, rational zu denken.

Hier ein Beispiel: Einer der Kunden meines Freundes rief einmal an und wollte, dass wir ihn von einem Rave abholen—er hatte zu viel Ketamin genommen und war somit nicht mehr fahrtüchtig. Da habe ich zum ersten Mal selbst erlebt, wie ein Dealer mehr für einen Kunden gemacht hat, als ihm Drogen zu verkaufen. Und ich verstand auch schon bald, warum man so etwas eigentlich nicht tut. Wir holten den Typen wirklich ab und er entzündete sofort ein kleines Feuer auf dem Rücksitz, weil er einen Joint fallen ließ und ihn dann nicht mehr wiederfinden konnte (auf Ketamin ist es nämlich ziemlich schwer, überhaupt irgendetwas zu machen).

Anzeige

Was ich mit dieser kleinen Anekdote eigentlich sagen will: Tue niemandem einen Gefallen, denn es ist doch sehr wahrscheinlich, dass du am Ende von irgendwelchen Leuten über den Tisch gezogen wirst, die eigentlich nur Teil deines Lebens sind, weil du ihnen alle zwei Wochen mal ein bisschen Drogen verkaufst.

Foto: Jake Lewis

EIN GEREGELTER JOB UND DAS ZUSAMMENLEBEN MIT EINEM DEALER VERTRAGEN SICH NICHT GUT

Gras landet einfach überall. Wenn deine berufliche Tätigkeit irgendeine Art von Situation beinhaltet, in der du es mit Menschen zu tun bekommst, deren Job es ist, dein Zeug zu durchwühlen, dann kontrollier aufmerksam deine Taschen, deine Geldbörse und deinen Rucksack, bevor du das Haus verlässt.

Als Journalistin musste ich regelmäßig über Gerichtsverhandlungen berichten. Eines Montagsmorgens warf ich mir den Regenmantel über, den ich das Wochenende über schon getragen hatte, und machte mich auf den Weg zum Gericht, um mir dort eine Verhandlung zu einem Schmugglerfall anzusehen. Als ich mich der Polizei, den Sicherheitskräften und dem Metalldetektoren am Eingang näherte, leerte ich den Inhalt meiner Taschen in eine Wanne—wie man das ja vom Flughafen kennt. Stifte, Notizbücher, zusammengeknülltes Papier, Kleingeld, Zigaretten, ein paar Bonbons (mein Frühstück) und ein Päckchen Gras. Ein verdammtes Päckchen Gras, von dessen Existenz ich keine Ahnung hatte.

Während ich durch den Detektor ging, malte ich mir schon aus, wie ich jetzt gleich meinem Job, meinem Haus und meiner anderweitig makellosen Reputation Lebewohl sagen konnte. Auf der anderen Seite angekommen, steckte ich dann unauffällig das Zeug aus der Wanne wieder in meine Taschen. Ich hatte mit den diversen Beamten hier schon so oft Smalltalk gehalten, dass sie meinem Tascheninhalt kaum mehr als eines flüchtigen Blickes würdigten, während ich sie auch dieses Mal in eine belanglose Unterhaltung verwickelte. Ich hatte Glück, Polizeibeamte sind nicht jeden Tag für Smalltalk zu haben. Ich hatte einfach unglaubliches Glück, dass ich an diesem Tag keine fremde Hand in meinen Körperöffnungen spüren musste.

Anzeige

Foto: r0bz | Flickr | CC BY 2.0

MACH DICH SCHON MAL AUF VERNICHTENDE PARANOIA GEFASST

Wir alle kennen doch dieses Gefühl vor einer Matheprüfung: Man weiß natürlich, wie der Satz des Pythagoras lautet, kann sich aber gerade nicht daran erinnern, weil man das Gefühl hat, das eigene Hirn würde schmelzen und sei kurz davor, sich über die Tränendrüsen zu verabschieden. Wir beide hatten dieses Gefühl des ständig über uns schwebenden Damoklesschwerts—mit dem kleinen Unterschied, dass hier statt einer schlechten Note das Gefängnis drohte. Das sind nicht gerade die besten Voraussetzungen für eine harmonische Beziehung.

Neben der Angst vor dem langen Arm des Gesetzes gab es bei uns auch noch Eltern, die ausreichend Anlass für Stress und Streitereien boten. Die ganze Wohnung stank nach Gras und es war nur eine Frage der Zeit, bis aus den Erkundungen über „diesen komischen Geruch" und „diese gut gekleideten Jungs draußen vor dem Fenster mit den Dreadlocks und den Perlenketten" maßlos enttäuschte Eltern werden würden.

Mein Freund bewahrte den Großteil seiner Kohle in einer ausgehöhlten Bibel und den Großteil seines Grases in einer Truhe auf einem Beistelltisch auf—weil er ein Idiot ist. Wer weiß, was wir wohl gemacht hätten, wenn irgendwelche Elternteile auf die Idee gekommen wären, das gute Buch zu konsultieren oder das Innenleben besagter Truhe zu begutachten? Mit ziemlicher Sicherheit hätte das eine mittelschwere Herzrhythmusstörung und eine strenge Belehrung durch meinen Vater nach sich gezogen. Er hätte ja nie gedacht, dass seine Tochter mal cannabis-abhängig werden würde. „Was kommt als Nächstes?", würde Vater dann fragen. „Als Nächstes willst du dann bestimmt auf eins dieser Musikfestivals gehen!"

Anzeige

Profi-Tipp: Stell sicher, dass dein Freund seinen Vorrat irgendwo aufbewahrt, wo selbst Kommissar Rex ihn nicht finden würde.

Foto: Jake Lewis

ER WIRD DENKEN, DEALEN MACHT IHN COOL (ACHTUNG SPOILER: TUT ES NICHT!)

Die meisten Menschen stehen der Aussicht auf Unmengen von Kohle bei gleichzeitig viel Freizeit wahrscheinlich nicht ganz abgeneigt gegenüber. Die Chancen allerdings, dass du auch nur eine der beiden Sachen in deinen Zwanzigern erreichst, stehen überaus gering. Den meisten von uns fehlt es üblicherweise an beidem: Zeit und Geld. Es ist also durchaus verständlich, dass es einem etwas zu Kopf steigt, wenn man für seinen Job nicht in einem langweiligen Büro sitzen muss und für relativ wenig Arbeit ziemlich viel Geld verdient.

Wie dem auch sei, es hat überhaupt nichts Glamouröses, selber Gras zu verkaufen, oder mit jemandem auszugehen, der Gras verkauft—es sei denn, deine Vorstellung eines glamourösen Lebens beinhaltet, dass dein Freund einen Großteil seiner Zeit mit dem Anstarren seines iPhone-Bildschirms verbringt. Solltest du es nämlich nicht schaffen, feste Arbeitszeiten durchzusetzen, hat der Arsch nie Feierabend. Egal, ob bei einem Pärchenabend, unterwegs mit Freunden, beim Fernsehen, Essen, Schlafen oder Ficken; sein Meister wird ihn zu jeder erdenklichen Zeit anrufen und er wird sofort alles stehen und liegen lassen.

Hier ist auch das Problem: Weil er wenig zu Hause ist—und wenn er es dann doch ist, hast du nie seine ungeteilte Aufmerksamkeit—, wirst du entweder denken, dass er dich betrügt (deine Freunde werden anfangen, Witze darüber zu machen, wie „paranoid" du bist—natürlich immer megalustig) oder so verzweifelt nach gemeinsamer Zeit dürsten, dass du ihn zu den stundenlangen Drogendeals begleitest, nur um in seiner Nähe zu sein. Oft hoffst du, dass der nächste Anruf nur die Kundenberaterin seiner Bank ist, die ihm irgendwelche Vorsorgepakete andrehen will—so verzweifelt wirst du sein. Aber nein: Es ist immer irgendein BWL-Student, der „ein paar Gramm feinstes Kush braucht—am besten sofort."

Bevor du dich versehen kannst, sitzt dieser Typ plötzlich in deiner Küche, trinkt deinen Tee, lässt eure Nachbarn misstrauisch aus den Fenstern schauen und erzählt euch beiden bekifft und ungefragt die Details zu seinem Autounfall letztens / seiner kaputten Beziehung / den gleichen Scheiß wie immer / davon, wie gut er mit seinem Vorhaben vorankommt, endlich mit dem Kiffen aufzuhören. „Das hier ist definitiv die letzte Ladung Mary Jane, die ich kaufen werden, danach mach ich einfach kalten Entzug. Ist das Beste", sagt der BWL-Student, bevor er dann einen verfickten Hacky Sack aus seiner Tasche holt und anfängt, damit rumzuspielen. In diesem Augenblick fällt dir ein, dass ihr schon seit Monaten keinen Sex mehr hattet—weder high noch nüchtern noch sonst wie—und dass das letzte Mal, dass du etwas gegessen hast, das nicht aus dem Drive-Thru eines McDonald's stammt, auch schon über eine Woche her ist. Du findest eine kleine Knolle Gras in deinem Haar, während euer Gast im Badezimmer ist und großzügig auf eure Klobrille pisst. Er besteht darauf, nicht abzuspülen, denn „Klospülen ist nur eine Verschwörung der großen Ölindustrie." Du packst dir eine kleine Tasche mit deinen Sachen und fährst zu deiner Mutter.

Kurz gesagt: Es ist nicht cool, deine Freundin zu ignorieren, nur um etwas Profit aus einem Zehnertütchen zu schlagen—selbst wenn du das mit einem Golf GTI und in einer unfassbar teuren Hose machst.