FYI.

This story is over 5 years old.

Popkultur

Kari Rakkola ist der österreichische Udo Kier und hat mit Larissa gewrestelt

Wir haben DIE Ikone des österreichischen Genrefilms, den Newcomer-Killer und Wahlwiener, Kari Rakkola getroffen und über heimische Bubenfilme, Lederhosenzombies und Bauhaus-Momente gesprochen.

Kari Rakkola ist so etwas wie der österreichische Udo Kier. Und ich meine damit nicht den alternden, erhabenen Herren, den jüngere Filmfans als das schönste Orgasmusgesicht der  Nymphomaniac-Promo-Poster und als verschmitzten Elaborier-Nazi aus  Iron Sky kennen. Ich meine den jungen, durchdringenden, ständig gestromten, markanten und übersexten Udo Kier, der in den Andy Warhol-produzierten Filmen von Paul Morrissey einen völlig neuen Prototypen des amerikanischen Trash- und Exploitation-Kinos erschaffen hat.

Anzeige

Genau wie Udo Kier hat Kari Rakkola ein Gesicht, das man nicht vergisst und einen Körper, der aussieht, als hätte er sich gerade aus dem Gefängnis freigebuddelt. Und genau wie Udo Kier ist Kari Rakkola ein Einwanderer in dem Land, das ihn als Trash-Ikone feiert. Ursprünglich kommt er aus Finnland (während Udo Kier eigentlich Deutscher ist) und hat sich von daher auch den anregenden Akzent behalten, der jede seiner Rollen mit ein bisschen zusätzlicher Schrägheit anreichert.

Wir kannten Kari lange Zeit nur als den gestählten Wahnsinnigen in Auf bösem Boden, bis sich unser Grafiker Ben (gleichzeitig auch unser Metal-Beauftragter und ein großer Slasher-Connaisseur vor dem dunklen Herren) als Fan outete und ganz nebenbei erwähnte, dass Rakkola im Haus gegenüber von unserem Büro wohnt. Dieses Wissen ließen wir vorerst unangetastet in unsere Stammhirne einsickern—wo wir es erst wieder hervorgekramt haben, als uns der Trailer zu Rakkolas neuestem Film Hopped Up unterkam. Hier spielt er nicht nur stilecht den bösen Forscher in einem Mädchen-Erziehungslager, sondern tut dies auch noch an der Seite von Larissa Marolt. Als wir ihn endlich zum Interview getroffen haben, hatte er eigentlich nur zwei Bitten an uns: Erstens, dass wir nicht immer mit so vielen geschmacklosen Menschen auf der Straße über so viele geschmacklose Themen reden sollten, ohne ihn einzuladen, und zweitens, dass wir die Fotos, die wir von ihm machen, nicht dazu benutzen, um ihn bei Elite-Partner anzumelden.

Anzeige

VICE: Ich habe dich über die Schauspielschule Krauss ausfindig gemacht. Seit wann arbeitest du dort?
Kari Rakkola: Ich unterrichte dort mittlerweile seit sieben Jahren Körpertechnik und Körpersprache für Schauspieler. Das ist mein Fachgebiet beim Theater und auch beim Film.

Auch Tanz?
Nein, getanzt habe ich noch nie in meinem Leben. Es geht hierbei darum, wie man auf der Bühne oder vor der Kamera richtig geht, wie man sitzt, wie man umfällt, wie man schlägt.

Wie hast du dir deinen Weg von Finnland bis an die Schauspielschule Krauss gebahnt.
Ich wollte ursprünglich 3 Monate in Wien ein spezielles Fachgebiet studieren, am Odeon Theater, bin aber dann geblieben. Aus 3 Monaten sind 10 Jahre geworden. Mit Unterricht und Theater-Gastspielen habe ich mich über Wasser gehalten.

Wie bist du vom Theater zur Rolle des 2007er Trash-Horror-Films Auf bösem Boden gekommen?
Das war, weil Peter Koller—der Regisseur—so hartnäckig war. Ich war beim Casting und dachte mir „Das ist aber nix". Ich habe nicht mal meinen Text gelernt. Aber Peter wollte mich unbedingt haben. Ich habe dann gesagt: „Nein, nein, im August bin ich in Finnland, also kann ich da nicht mitspielen", und so weiter. „Du musst mir mindestens Flugtickets kaufen". Ich war echt schwierig. Der Dreh war dann kurz, aber richtig gut. Drehzeit war weniger als ein Monat und nur eine Woche Nachdreh.

Es musste also alles ziemlich schnell gehen für einen Horrorfilm.
Ja, also die Vorgabe war, dass wir um 7:00 Uhr schon in der Rolle sein mussten—bis die Sonne untergeht. Nachdem alles abgedreht war, haben mich die Leute von der Crew bei irgendeiner Feier getroffen und meinten: „Ach so! Du bist gar nicht so irre!"

Anzeige

Gab es danach noch andere Beiträge aus diesen Genres?
Ja, mit der Crew von damals gibt es jetzt ein Projekt namens Attack of the Lederhosenzombies. Da haben wir gerade einen Teaser gemacht und der ist jetzt bald fertig. Es wird noch gedreht, weil der Schnee dann ein bisschen zu schnell weg war. Lederhosenzombies halten sich ja im Umkreis der Alpen auf, versteht sich.

Natürlich, wo sonst! Dann habe ich da in der Filmographie noch einen Kurzfilm von dir gefunden: Todesnachrichten.
Todenachrichten war vom österreichischen Regisseur Umut Dag. Keine Ahnung, wie seriös diese Fake-Doku gedacht war oder wie philosophisch. Es war halt ein Kurzfilm. In dem Sci-Fi-Film Ainoa habe ich dann einen Verräter namens Pjotr gespielt, der auch der Liebhaber von der Schwesterfigur ist. DIe hat übrigens Gabriela Benesch gespielt. Der Film war halt visuell sehr schön. Und dann habe ich noch Hopped Up gemacht.

Über Hopped Up wollte ich eh genauer sprechen. Wie ist da der Produktionsstand?
Die Premiere ist, soweit ich weiß, am 21. August in Deutschland und Österreich. Verleih und internationaler Vertrieb sind auch schon geplant.

Hast du schon den ganzen Film gesehen?
Ja … ich habe den ganzen Film gesehen. Der Verleih hat zwar angefragt, ihn etwas zu kürzen. Der Film war 108 Minuten lang und man muss ihn auf 95 runterkriegen. Ich hoffe nur, dass meine schöne Sterbeszene vom Ende nicht weggekürzt wird. Ich habe mir den Film angeschaut und dachte eher: Ja, das ist schon okay, das ist auch okay, das auch. Und dann am Ende: Das ist jetzt aber richtig gut!

Anzeige

Dann hoffen wir, dass die Szene drinnen bleibt. Was passiert in dem Film?
Meine Rolle ist der Dr. Yakoo, ein Professor, der ein Umerziehungslager für Mädchen leitet.

Da schwingt aber schon ein gewisser sexueller Vibe mit.
Mit so vielen jungen Frauen ist da prinzipiell schon eine Tendenz in die Richtung zu spüren, ja. Knappe Shorts und enge Shirts. Aber soweit ich weiß, gibt es keine direkten Anspielungen oder Nacktszenen in der Hinsicht. Die weiblichen Charaktere werden nicht missbraucht … und das ist gut so.

Wie bist du zu dieser schrägen Rolle gekommen?
Das war auch kompletter Zufall. Eine Schülerin von mir ist damals nach dem Unterricht etwas phlegmatisch geworden und als ich dann diesen Casting-Aufruf gesehen habe, wollte ich sie einfach ein bisschen motivieren. Sie suchten gerade junge Mädchen und habe ich sie gefragt, was das denn sei. „Ist das ein Porno oder wie? Was sucht ihr da genau?" Ich habe der Studentin dann vorgeschlagen, sie dort hin zu fahren und auf sie zu warten. „Und wenn irgendwas schlimm ist, hole ich dich raus und bring dich wieder zurück, so als Bodyguard", hab ich gesagt.

Und dann hast du gleich eine Rolle bekommen. Und noch dazu als eine der Hauptfiguren des Films, oder? Der Bösewicht!
Er ist zwar der Chef, aber da gibt es noch eine schlimmere Frau. Er ist halt Wissenschaftlicher und würde gerne sein Ding durchziehen, seine Forschungen, aber die Leiterin des Umerziehungs-Camps, gespielt von Rita Hatzmann, die ist da „zielgerichteter". Rita war damals noch am Burgtheater und ist immer auch in vielen anderen Produktionen dabei. Auch Sonja Chan—eines der Mädchen, mit denen ich mehr gespielt habe—war sehr gut.

Anzeige

Wie ist der Dreh allgemein verlaufen? Nach den ersten Bildern vor einem halben Jahr, als ein eher privat gemachter YouTube-Trailer erschienen ist, sah das ja noch eher nach Chaos aus.
Ja, teilweise. Wir hatten wieder recht wenig Zeit. Mit diesen knapp kalkulierten Produktionen ist es oft so. Bei meinen letzten Filmen davor, hatte ich schon auch immer extra Stunden für Bewegungs-Training und extra Vorbereitung mit den Stunts und so weiter. Aber bei Hopped Up gab es eine Szene, in der mich die Mädchen überwältigen, fast wie Wrestling, und da sie alle schauspielerisch unerfahrene, junge Mädchen waren, musste ich bei der zweiten Probe den Regisseur Michael Fischa fragen: „Sind wir eigentlich versichert?" Die Kombination von vielen Menschen, Würfen, Asphalt und Gegenwehr ist nicht ungefährlich. Schon gar nicht, wenn da dann zehn Mädchen auf einen drauf springen. Soweit ich weiß ist aber beim Dreh am Ende niemand verletzt worden.

Foto: Sem Musen | Flickr | CC BY 4.0

Wie hat sich Larrissa Marolt in der Rolle der Lilly angestellt? War sie schauspielerisch auch unerfahren?
Sie macht das, was sie machen muss. Es ist halt schon solala. Ihren letzten Film habe ich auch gesehen—Rise Up, ein Tanzfilm, in dem sie nicht tanzt. Aber da spielt sie ziemlich okay, ganz souverän. Es passt schon, was sie da macht. Auch bei Hopped Up.

Passt sie als Figur eigentlich in dieses trashige Genre?
Nein, es müsste nicht unbedingt diese Sparte für sie sein. Sie könnte auch was anderes machen. Ich kann sie mir zum Beispiel gut bei Gute Zeiten, Schlechte Zeiten vorstellen. Und sie macht ja ihre ORF-Show, ist Jurorin bei Die große Chance und Teilnehmerin bei Let's Dance in Deutschland. Ich habe echt nichts Schlechtes über sie zu sagen.

Anzeige

Ist Larissas Rolle eine Hauptrolle, eine Nebenrolle oder irgendwas dazwischen? Ist sie nur Eye Candy oder doch wichtig für den Plot?
Da bin ich mir nicht sicher—das kommt darauf an, wie sie den Film geschnitten haben. Man kann es so oder so aussehen lassen. Sie haben schon gemeint, dass sie eine ordentliche Rolle hat, also wird es wohl so geschnitten worden sein, dass sie tatsächlich eine ordentliche Rolle hat.

Sie wird wohl als erste in den Credits aufblitzen, da sie einen der bekanntesten Namen hat.
Damals während dem Dreh nicht, aber jetzt schon, ja. Hopped Up ist ja schon seit zwei Jahren abgedreht. Die Postproduktion hat lange gedauert und die Regisseure haben auch andere Sachen dazwischen gemacht.

Was glaubst du, wird Hopped Up gut ankommen oder eher verrissen werden?
Es ist einfach ein kleiner, klassischer Genre-Film. Da sind die Schwerpunkte oft verschieden gelagert. Mal konzentriert man sich mehr auf das Visuelle, wie bei Wienerland, so eine coole post-apokalyptische Horror-Fantasy-Serie für das Internet. Bei Peter Koller steht dagegen mehr sein eigenartiger Humor im Vordergrund. Und bei den Lederhosenzombies wurden so ziemlich alle technischen Neuerungen eingesetzt, die wir kennen. Das wird auch sicher alles sehr schön aussehen. Die Effekte standen bei Hopped Up eher im Hintergrund.

Wie schräg ist Hopped Up geworden?
Diese Filme sind einfach Bubenfilme. Ich bin ja schon alt. Aber ich habe auch ziemlich früh erwachsen werden müssen, so dass ich mich jetzt jedes Mal, wenn ich so etwas machen darf, freue und diese ganzen Spielereien nachholen kann, mit denen andere ihre Zeit zwischen 15 und 17 verblödeln.

Anzeige

Warum hast du so schnell erwachsen werden müssen?
Oh, das ist nicht wirklich interessant. Das war halt so eine Situation. Peter Koller und ich waren mal bei einem Interview, bei dem die Frage aufkam: „Warum haben Sie so viel Hass?" Dazu konnte ich nicht viel sagen, nur: „Sie haben meine Mutter nicht kennengelernt."

Wäre mir noch nicht aufgefallen, dass du so viel Hass in dir hättest.
Nein, normalerweise nicht! Diese Psycho-Rollen sind ja nicht viel anders aufgebaut als andere Rollen. Natürlich kann man sich ein bisschen ausleben und ein Ventil ist es manchmal auch. Aber es ist keine Selbstfindungsgruppe, sondern schon überlegte Schauspielerei und damit auch immer ernsthafte Arbeit.

Im Trailer war bei Hopped Up ja eine Standbohrmaschine beim Kopf eines Mädchens angesetzt. Welche „Bauhaus-Momente" wird es im Film noch geben?
Mir fallen jetzt nur Spritzen, Heugabeln und Bohrer ein. Eine Axt kommt nicht vor, glaube ich.

Wie ist es überhaupt zu Hopped Up gekommen? Was waren Michael Fischas Ideen und Ambitionen?
Michael Fischa hat schon mehrere solche Filme gemacht—er macht diese „Bubenprojekte" einfach sehr gerne. Aber er hat auch „seriöse" Projekte hinter sich, wie eine Zusammenarbeit mit Roland Emmerich—oder wer war noch mal der Regisseur von Day After Tomorrow? Nicolas Cage kennt er auch. Mit anderen deutschsprachigen Hollywood-Leuten hat er auch schon zusammengearbeitet.

Und du selbst?
Ich mache auch immer wieder andere Sachen. Gerade hatte ich eine Probe von Jüdisches Villach im Zuge einer Kärntner Ausstellungseröffnung. Am Wochenende mache ich dann wieder Jura Soyfer, eine ganz andere Ecke. Es hält sich die Waage. Ich arbeite an „bedeutungsschwangeren Themen" und andererseits an solchen Sachen, Hopped Up und Auf bösem Boden.

Anzeige

Hattest du viele Szenen gemeinsam mit Larissa?
Ganz ehrlich—ich war unsicher, ob der Film überhaupt jemals herauskommt. Sie ist halt bekannt geworden und dann ging es plötzlich doch recht schnell mit dem Film. Ich hab dann Dschungelcamp geschaut und gedacht: „Moment, welche ist nochmal die Larissa?" Sie war sicherlich eine der professionelleren Darstellerinnen in dem Film.

Findest du, dass der Genrefilm in Österreich einen Aufschwung erlebt, mit Blutgletscher und ähnlichem?
Ja, definitiv. Die Szene wird immer besser—auch wegen den immer billigeren technischen Möglichkeiten.

Also war das Genre gut zu dir?
2007 wurde ich sogar für Auf bösem Boden in der deutschen Fachzeitschrift VIRUS als „Newcomer-Killer des Jahres" gewählt. So habe ich auch mal eine Auszeichnung bekommen, die man sich für sein Leben merken kann.

Gibt es neben den Lederhosenzombies jetzt noch Aussicht auf weitere solche Rollen?
Hoffentlich. Es macht Spaß und ich mach diese Dinge gern. In Lederhosenzombies von Dominik Hartl bin ich ein russischer Oligarch, der mit seinen Millionen einen Ski-Ort retten soll. Dann wird er von einem Elch—Moment, nein—einem Reh gebissen und verwandelt sich in einen Zombie.

Ein Traum!
Ja! Peter Koller schreibt auch viel, kommt aber nicht mehr viel zum Produzieren. Öffentliche Unterstützung gibt es bei solchen Filmen meistens nicht wirklich, was es für Genre-Liebhaber natürlich nicht einfacher macht. Aber Attack of the Lederhosenzombies wird beispielsweise von österreichischen Filmförderungen unterstützt.

Ich glaube, alleine durch dieses Interview hast du die Lederhosenzombies unterstützt, ein paar extra Tickets verkauft.
Hoffentlich!

Josef auf Twitter: @theZeffo