FYI.

This story is over 5 years old.

Stuff

Warum ich FKK ekelhaft und überholt finde

Nackt an einem abgefuckten Strand zu liegen ist für mich nicht der Inbegriff von Freiheit oder sexueller Offenheit, sondern einfach nur unangenehm.
Titelbild: Zakwitnij!pl Ejdzej & Iric via photopin

Ich weiß nicht, ob ich in Wien jemals an einen FKK-Strand gehen würde. Vielleicht liegt das daran, dass ich zu oft die Alltagsgeschichten von der Donauinsel gesehen habe oder daran, dass ich es vorziehe, meine Geschlechtsmerkmale hinter kleinen Dreiecken aus Kunststoff zu verstecken, wenn ich mich an einen öffentlichen Badeort begebe. Ich kann mir nur wenig vorstellen, das mich dazu bewegen könnte, FKK-Baden zu gehen, abgesehen von einem Sex-Urlaub mit meinem nicht existenten Freund.

Anzeige

Aber was genau ist mein Problem und überhaupt das Problem unserer Generation? Sind wir einfach nur verklemmte Jammerlappen, die in einem mehr oder weniger unkontrollierbaren Umfeld nicht nackt sein wollen und können, weil wir uns schämen oder verdrehte Vorstellungen vom Traumkörper haben?

Ich kann nur von mir selbst sprechen. Grundsätzlich gehe ich ziemlich offen mit Sex um, bin meist im Reinen mit meinem Körper und finde es auch nicht sonderlich schlimm oder hippie-esk, sich im Urlaub oben ohne an einen Strand zu legen, um am Ende des Sommers nicht mit komplett weißen Brüsten dazustehen und zu zeigen, was man hat. Trotzdem habe ich noch nie das Bedürfnis verspürt, an einen FKK-Strand zu gehen—weder Zuhause, noch im Urlaub.

Der Ursprung des Problems liegt für mich nicht am Nacktsein an sich, sondern im Wesen von FKK. Denke ich an FKK, denke ich nicht an Menschen, die sich einfach nur bräunen und ein bisschen schwimmen gehen wollen, sondern an irgendetwas Schmuddeliges und Veraltetes zwischen glotzenden, alten Säcken und in Alufolie gepackte Extrawurst-Semmeln.

Ich stelle mir kleine Schwänze vor, die unter riesigen Bierbäuchen verschwinden und mit Make-up konservierte, alte Frauen mit verrauchter Stimme, die Rosamunde Pilcher oder Henning Mankell lesen. FKK hat für mich so etwas Schlüpfriges, dass ich mich ekle, wenn ich daran denke, wie ich dort auf meinem Handtuch liegen könnte und mir von einem (für meine Verhältnisse) ziemlich alten Mann auf meine knackigen, nicht einmal annähernd hängenden Brüste starren lasse, während seine Frau neben ihm die Rätsel-Krone auflöst. Und wer jetzt einwendet, dass Männer um die 50 und aufwärts doch auch nur ihren Badespaß haben und ihre Eier baumeln lassen wollen, der wurde noch nie von einem Mann in oder kurz nach seiner Midlife Crisis im Vorbeigehen als „schoafe Kotz" bezeichnet.

Anzeige

Aber die Tatsache, dass ich mich an einem Nacktbadestrand in den meisten Situationen, die ich mir ausmalen kann, unwohl fühlen würde, bedeutet noch lange nicht, dass ich verklemmt bin. Ich wünsche mir lediglich einen Ort, an dem ich mir sicher sein kann, dass alles ästhetisch abläuft und ich meine heilige Ruhe habe. Und mit „ästhetisch" meine ich nicht, dass ich nur schlanke, meiner Ansicht nach hübsche Menschen sehen will, sondern dass ich, wenn ich meine Freibad-Pommes esse, nicht auf einem weißen Plastiksessel kleben will, auf dem vorher die Po-Ritze eines alten Mannes geruht hat oder ich mich fragen muss, ob der Badegast neben mir durch zwei Löcher in seiner Gratiszeitung Frauen bespannt.

Unsere Elterngeneration wird mich dafür verfluchen, weil ich alles, was sie mit ihren entblößten Nippeln und der ganzen freien Liebe erkämpft haben, aus Bequemlichkeitsgründen ablehne und mein Recht auf nacktes Baden nicht nutze. Für mich ist es aber nicht der Gipfel der sexuellen Offenheit, nackt an einem abgefuckten Badestrand zu liegen, um zu zeigen wie sehr ich auf Konventionen und Kleidung scheiße. Die zeitgemäßere Variante der sexuellen Offenheit sind für mich Miley Cyrus' blanke Nippel und ihre bunten Achselhaare oder die Tatsache, dass Scout Willis oben ohne Einkaufen geht, um gegen die Anti-Nippel-Richtlinie von Instagram und für #freethenipple einzutreten. Und wer weiß, vielleicht trefft ihr mich demnächst oben ohne in der Fußgängerzone beim Shoppen.

Verena auf Twitter: @verenabgnr


Titelbild: Sand mermaid via photopin (license)