Politik

Diese Karte zeigt, wo Gewalt droht, weil das Wasser knapp wird

Der Nahe Osten ist besonders betroffen.
Diese Karte zeigt, wo Gewalt droht, weil das Wasser knapp wird
Bild: Screenshot vom WPS-Prognose-Tool

Nicht nur politisch ist der Nahe Osten ein Pulverfass, das jederzeit hochgehen könnte. Noch ein Faktor könnte zu Konflikten führen: Wasserknappheit.

Genau darauf basiert ein neues Prognose-Tool, das von Forschenden der niederländischen "Water, Peace and Security Partnership"-Initiative entwickelt und vor Kurzem vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vorgestellt wurde. Zum ersten Mal hat man Umweltfaktoren wie Dürre genutzt, um vorherzusagen, wo die nächsten Konflikte ausbrechen könnten – und zwar nicht nur im Nahen Osten, sondern auf der ganzen Welt.

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Das Tool soll Gesetzgebern und Regierungen dabei helfen, einzugreifen, bevor Konflikte überhaupt entstehen. An sich kann aber jeder das Ganze ausprobieren.

Durch Satellitenbilder und deren Daten können die Forschenden feststellen, wie viel Feuchtigkeit Nutzpflanzen abgeben. So bekommen sie ein Bild davon, wie gut es diesen Pflanzen geht. Wenn es eher schlecht um sie bestellt ist, geht das Konfliktrisiko nach oben. Die Ergebnisse werden mit üblichen Konfliktprognosefaktoren – etwa politischer Instabilität – kombiniert. So wird geschätzt, wie wahrscheinlich Auseinandersetzungen sind.


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"Vielleicht können wir das nächste Syrien voraussagen", sagt Charles Iceland, der sich bei der Non-Profit-Organisation World Resources Institute um Wasserinitiativen kümmert und an der Entwicklung des Prognose-Tools beteiligt war.

2006 brach in Syrien – begünstigt durch den Klimawandel – die wohl schlimmste Dürre seit Hunderten Jahren aus. Nur 15 Prozent des syrischen Viehbestands überlebten. Viele betroffene Bauern waren gezwungen, in Städte zu ziehen, rund 1,5 Millionen Menschen. Das führte zu sozialen Unruhen – die laut Forschenden wiederum den Bürgerkrieg verschärften und somit noch mehr Menschen zur Flucht zwang.

"Die Dürre hatte viele Syrer schon vor dem eigentlichen Konflikt verdrängt", sagte Francesco Femia, der Mitgründer des Centers for Climate Security gegenüber VICE. "Was dabei so schlimm ist: Viele Analytiker, die sich mit der Gegend auseinandersetzen, hatten das gar nicht auf dem Schirm."

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Iceland merkt aber an, dass solche Konflikte immer verschiedene Gründe hätten – Wasserknappheit allein sei quasi nie der Auslöser. "Sofern nicht jemand direkt den Brunnen eines Nachbarn verschmutzt, kommen bei den meisten Auseinandersetzungen immer noch andere Faktoren dazu", sagt er.

Der Nahe Osten erwärmt sich schneller als der Rest der Welt. Und wie das Tool vorhersagt, werden im nächsten Jahr Dürren den sowieso schon sehr wackeligen Frieden im Iran und im Irak gefährden. Die Flüsse Tigris und Euphrat waren einst die Quelle der "Wiege der Zivilisation", heute sind sie die Endstation für irakische Abwasser und trocknen aus. 2018 mussten fast 120.000 Menschen ins Krankenhaus, nachdem sie verschmutztes Wasser getrunken hatten. Das Ganze führte zu gewalttätigen Protesten. Im Iran führen exzessiver Dammbau, schlechtes Wassermanagement, Dürren und der Klimawandel zu Wasserknappheit. Der iranische Salzwassersee Urmia, der früher mal über 5.000 Quadratkilometer groß war, ist inzwischen auf weniger als 20 Prozent seiner ursprünglichen Größe geschrumpft.

"Solche Probleme destabilisieren den Iran von innen heraus", sagt Iceland. "In Kombination mit geopolitischen Auseinandersetzungen führen sie zu noch mehr Chaos."

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