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Cop Watch

Ein Polizist in Hessen hat nebenbei als Drogendealer gearbeitet

Sogar seine minderjährige Freundin hat er mit Amphetaminen versorgt.

Es gibt Gedanken, die nur so lange in Ordnung sind, bis man sie in die Tat umsetzt. "Fingernägel mit der Flex schneiden?" Oder: "Lass mal Polizisten nach Drogen fragen!" Im hessischen Büdingen konnte man diesem zweiten Geistesblitz anscheinend eine Zeit lang problemlos nachgehen, wenn man den richtigen Freund und Helfer kannte.

Zwischen 2008 und 2014 soll dort ein Polizist mit Drogen gedealt haben. Außerdem wird ihm vorgeworfen, auch seine damals minderjährige Freundin mit Amphetaminen eingedeckt zu haben. Seit zwei Jahren ist der heute 35-Jährige vom Dienst suspendiert, die Anklage lautet auf Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz in mindestens 84 Fällen. Da der Prozess vor einem Schöffengericht verhandelt wird, könnte das Strafmaß maximal vier Jahre Haft betragen. Im Büdinger Amtsgericht fand vergangene Woche der zweite Verhandlungstag statt und laut dem Lauterbacher Anzeiger entwickelte sich der Prozess zu einem einzigen Desaster.

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Die geladenen Zeugen litten offenbar unter erheblichen Erinnerungslücken. Am zweiten Verhandlungstag sollte es darum gehen, wie alt die damalige Freundin des Angeklagten war, um daraus seine Aktivitäten als Dealer zu rekonstruieren. Vor Gericht erinnerte sie sich zunächst, dass sie den zehn Jahre älteren Polizisten 2007 mit 16 kennengelernt habe. Wo genau das war, wusste sie allerdings nicht mehr. Aus ihren weiteren Aussagen schloss das Gericht schließlich, dass ihr der Angeklagte damals Amphetamin und Kokain gegeben hatte. Dass er auch an andere Leute Drogen verkauft habe, sagte die Zeugin aus, habe sie in Anrufen und Gesprächen mitgehört.

Das Problem war nur: In einer früheren Vernehmung hatte die Zeugin erklärt, den Angeklagten mit 17 bei einer Geburtstagsparty kennengelernt zu haben. Als der Verteidiger ihr diese Tatsache vorlegte, relativierte sie ihre letzte Aussage wieder. Abgang Zeugin Nummer eins, Auftritt Zeuge Nummer zwei. Auch dieser, angeblich ein ehemaliger Kunde des Angeklagten, warf eher neue Fragen auf, anstatt welche zu beantworten.

Er scheiterte schon an einer leichteren Einstiegsfrage. Seit wann er mit Drogen zu tun habe, fragte der Richter ihn. Das wisse er nicht, sagte der Zeuge. Wenig später konnte er sich jedoch erinnern, dass das erste Mal an seinem 19. Geburtstag gewesen sein muss. Als die Richterin ein Chatprotokoll vorlegte, in dem der Zeuge dem Angeklagten seinen schlechten Zustand nach einem LSD-Trip beschrieb, reagierte der Verteidiger überrascht. Angeblich hatte er von dieser Prozessakte noch nie gehört und verlangte Einsicht. Daraufhin unterbrach die Richterin die Verhandlung und setzte den nächsten Termin am 21. September an.

Vielleicht erinnert sich ja dann irgendjemand, wie das damals eigentlich mit dem Drogen dealenden Polizisten war.

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