Foto: VICE Media
Hat es euch damals wirklich überrascht, dass es im #neuland Internet neben Bewertungen zu Ärzten, Lehrern, Arbeitgebern, Handwerkern, Hotelaufenthalten und so weiter auch Erfahrungsberichte zu Bordellbesuchen gibt? Wundert es uns dann noch, dass im Internet ebenfalls ein charmanter Ort existiert, an dem man deutsche Justizvollzugsanstalten bewerten kann? Womöglich!Auf der Webseite knast.net kann man nicht nur ein lustiges Multiple-Choice-Quiz machen („Welches ist die häufigste Todesursache im Strafvollzug?"—Schießereien, Lebensmittelvergiftung, Herzinfarkt oder Selbstmord? Na?), sondern unter dem Punkt „Hotelführer" als ehemaliger Insasse, Mitarbeiter („Bediensteter") oder Angehöriger auch eine Review zu einem Gefängnis seiner Wahl abgeben. Mit einem 5-Sterne-System ist so mit wenigen Klicks sehr schnell zu erkennen, um welche JVA man—sofern man noch kann—besser einen Bogen machen sollte.Dabei gilt: Zwar finden Punkte wie Hygiene, Essen und Freizeitmöglichkeiten häufig Erwähnung, besonders ausschlaggebend für die Bewertung sind für die Insassen jedoch der Umgang mit den Beamten, die ärztliche Versorgung sowie das Resozialisierungsangebot. Interessant dürften insbesondere für Angehörige übrigens die teils sehr detaillierten Angaben zu Besuchsregelungen, Briefsendungen und Telefonaten sein.Nach investigativer tiefgreifender Recherche können wir euch nun also voller Stolz die zehn schlimmsten Gefängnisse Deutschlands präsentieren. Aufgenommen in die Liste wurden allerdings nur Institutionen, zu denen mindestens 15 Bewertungen (darunter auch einigermaßen aktuelle) abgegeben wurden. Bei Punktgleichstand wurde der Knast als „schlimmer" gewertet, der mehr schlechte Häftlings-Reviews bekommen hat.Sterne: 2,8Eigentlich ist es schon fast enttäuschend, dass der von Celo und Abdi eindrücklich berappte Schauplatz Butzbach „nur" auf Platz 10 ist. Strafvollzugsbeamte kommen in den Bewertungen größtenteils gut weg, auch wenn Einzelfälle geschildert werden, die sofort an Hirschbiegels Das Experiment erinnern. So sollen nachts Gefangene aus den Zellen herausgeholt und zusammengeschlagen worden sein. Die Überbelegung habe Arbeitslosigkeit innerhalb der JVA zur Folge und über die Frechheit, Tofu als Fleischersatz zu nehmen, regt sich User „Annonymus" vermutlich zu Recht auf. Aufgrund der genannten Punkte konstituiert „Deeply" trocken:Sterne: 2,7Kennt ihr noch Xatar? Den Rapper, der einen Goldtransporter überfiel und etwa 1,7 Millionen Euro erbeutete, die man noch heute sucht? Er hatte das Vergnügen, die JVA Rheinbach für einige Zeit seinen Wohnsitz zu nennen. Bei dieser JVA scheint es darauf anzukommen, in welchem der Flügel man landet. Der C-Flügel beherbergt wohl allerhand Ungeziefer, das es sich nicht nur in den Zellen, sondern auch in den Duschen gemütlich macht. Beamtenseitig soll der Knast aber ein wahres Paradies sein—bei gegenseitiger Sympathie schmuggeln sie den Inhaftierten, laut Angaben mehrerer User, nicht nur Handys und Whisky, sondern auch gerne mal Heroin rein. Scheinbar ist das ziemlich zeitaufwändig, denn im Gegenzug „verschwinden" Anträge der Gefangenen auf Nimmerwiedersehen und bleiben unbearbeitet. Vielleicht sollten sie nicht so viel koksen, wie User „harry" investigativ aufdeckt:Sterne: 2,4Diese JVA wird einstimmig als „Psychobunker" bezeichnet. So gäbe es einige Beamte, die ein besonders gutes Händchen dafür haben, die Inhaftierten seelisch an ihre Grenzen zu bringen. Schikane und Psychoterror scheinen an der Tagesordnung zu sein. Selbst eine Bedienstete ließ sich nach der ersten Woche wieder versetzen. Die absolute Tortur ist aber laut User „Dalton" der Warteraum. Leider ließen sich dazu keine weiteren Informationen finden. Es muss grässlich sein (Warum besagte Person aber trotzdem die Höchstzahl von 5 Sternen vergab, bleibt unklar).Sterne: 2,3Untermaßfeld macht sich insbesondere aufgrund der ärztlichen Versorgung unbeliebt. Scheinbar werden den Inhaftierten bei jeglichen körperlichen Leiden grundsätzlich Beruhigungsmittel verschrieben (User „Brian" berichtet: „die Scheiserei [sic!] war 4 Tage später zwar nicht weg aber ich regte mich nicht mehr drüber auf"), mehrere Ex-Häftlinge berichten außerdem von einem angeschraubten Patientenstuhl. Während Dr. Frankenstein also die Insassen behandelt, herrscht eine gnadenlose Überbelegung, die bei Inspektionen vertuscht werden soll. Und zu allem Überfluss, so stellt User „andreas" fest, ist noch nicht einmal das Essen zu ertragen:Sterne: 2,2In Bernau wird man laut einigen Usern zumindest nicht davon abgehalten, seine Drogensucht aufrechtzuerhalten. Das hat insbesondere eine tendenziell hohe Infektionsrate mit Hepatitisviren zur Folge, der Anstaltsarzt läuft also immerhin nicht Gefahr, in der Arbeitslosigkeit zu enden. Auf eine vernünftige Resozialisierung und Vorbereitung auf das Leben in Freiheit soll genauso wenig Wert gelegt werden wie auf das Verfallsdatum der Lebensmittel. Laut Bedienstetem „Anonymus" wird das Hauptziel—nämlich, dass die Gefangenen überleben—jedoch stets erreicht. Und das ist ja die Hauptsache!Sterne: 2,2Wer nach Stuttgart-Stammheim kommt, kann sich über Beamte freuen, die angeblich größtenteils Arschlöcher sind. So erzählt eine Angehörige, dass einer der Mitarbeiter zu Besuchszeiten „jedes Mädchen von der Seite" anmachen würde. Sympathisch! Andere berichten, dass die Bediensteten Spannungen zwischen Gefangenen geradezu befeuern würden, korrupt seien und die Nächte dazu nutzen würden, Gefangene in Kellern zu verprügeln. Wem all das noch nicht genug Psychoterror ist, der kann sich als Inhaftierter darauf einstellen, dass Besuchszeiten willkürlich gekürzt oder erst gar nicht eingehalten werden. Und dann gibt es noch nicht einmal die Mindestdosis Vitamine …Sterne: 2,2Vielleicht würde Vechta nicht so weit vorne mit dabei sein, wenn die dort tätigen Beamten sich bemühen würden, die Inhaftierten wie Menschen und nicht wie Tiere zu behandeln. Zumindest wird dieser Vorwurf bei den Bewertungen sehr häufig laut. Untermauert wird die schlechte Resonanz mit grauenvollen Schilderungen hinsichtlich der Hygienesituation, Fenster aus Lochblech und grundlegende Renovierungsbedürftigkeit des Baus. Aber es gibt Hoffnung! Wer die Zeit in Vechta hinter sich gebracht hat, den erwartet wohl ein Leben in Luxus:Sterne: 2,1Es muss eine logistische Meisterleistung sein, 50 Inhaftierte gleichzeitig zum Duschen in einen Raum mit acht Duschen zu schicken, aber Hagen macht es möglich. Geschlafen wird auf gelben Schaumstoffmatratzen älterer Semester, möglicherweise aus der Not heraus, da die JVA angeblich doppelt so viele Insassen beherbergt, wie es ihre Auslegung zulässt. Die WCs sollen sich in den Zellen ohne jegliche Abtrennung befinden, sodass man beim Toilettengang seinen Zellengenossen vermutlich vorher einfach fluchs die Augen verbinden muss, um wenigstens ein bisschen Privatsphäre genießen zu dürfen. Nur in einem Punkt sind sich alle User einig: Das Essen ist voll OK!Sterne: 1,9In Bützow besticht das eigensinnige Design der Wände (Kot!) mit seinem einzigartigen Charme. Undichte Fenster und nicht funktionierende Heizungen tun ihr Übriges, um den Aufenthalt so unangenehm wie möglich zu gestalten. Die medizinische Versorgung scheint sich auf die Verschreibung von 0815-Schmerzmitteln zu belaufen. Alles in allem sei die JVA „kundenunfreundlich". Zu Essen gibt es wohl lediglich eine Mischung aus Fett und Mehl, die man sich dann auch noch mit ungewollten Haustieren teilen muss. In einem Film klänge es überzogen, in Mecklenburg-Vorpommern ist es Realität:Sterne: 1,9Wenn ihr eine Straftat plant, für die ihr locker einwandern könntet, ist es empfehlenswert, ein anderes Bundesland als Berlin dafür auszusuchen. Die Gefahr, in Moabit zu landen, ist einfach zu groß. Diese JVA muss so furchtbar sein, dass Menschen regelmäßig verrückt werden und letztlich durch einen Neurologen mit Psychopharmaka ruhig gestellt werden müssen (wenn sie keinen Selbstmord begehen, was wohl leider verhältnismäßig häufig vorkommt). Duschen dürfe man ganze zweimal pro Woche. Sozialarbeiter seien überlastet und können die Inhaftierten nicht ausreichend betreuen. Persönliche Gegenstände verschwinden nach deren Abgabe. Die Stunde Hofgang am Tag, die den Inhaftierten zusteht, wird laut einigen Aussagen ebenfalls nicht regelmäßig eingehalten, sodass es vorkommen kann, dass man 24 Stunden eingeschlossen ist. User „Anonym" fasst höflicherweise zusammen:Folgt Yasmin bei Twitter, bevor sie für diesen Text eingebuchtet wird.
Anzeige
10. JVA Butzbach, Hessen
Anzeige
9. JVA Rheinbach, Nordrhein-Westfalen
8. JVA Frankenthal, Rheinland-Pfalz
Anzeige
7. JVA Untermaßfeld, Thüringen
6. JVA Bernau, Bayern
5. JVA Stuttgart-Stammheim, Baden-Württemberg
Anzeige
4. JVA Vechta, Niedersachsen
3. JVA Hagen, Nordrhein-Westfalen
2. JVA Bützow, Mecklenburg-Vorpommern
Anzeige