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So führt ihr eine Mädchenfreundschaft, ohne durchzudrehen

Überschwängliche Liebe und passiv aggressives Hass-Potenzial: Mädchenfreundschaften sind harte Arbeit.
Titelbild: VICE Media

Mädchenfreundschaften sind wahrscheinlich das Schönste und Zermürbendste der Welt. Man liebt sich beinahe grenzenlos, während man sich im nächsten Moment hassen kann, als hätte man sich gegenseitig in den halbtrockenen Nagellack gegriffen. Ich habe mit meiner besten Freundin schon alle denkbaren Szenarien durchlebt—ich habe mit ihr sturzbetrunken auf einer Hochzeit in einen Blumenstrauß gesungen, von dem wir dachten, er wäre ein guter Mikrofon-Ersatz, wir haben uns gegenseitig über die peinlichsten Typen hinweggetröstet und uns besoffen angeschrien, beschimpft und verflucht—und einen Tag später natürlich wieder geliebt.

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Nichtsdestotrotz sind Mädchenfreundschaften ziemlich harte Arbeit. Denn im Gegensatz zum gängigen Männerfreundschafts-Klischee, wo angeblich mit einem Bier und einem Fistbump wieder alles geklärt ist (weil man von Mann zu Mann schließlich nicht über Gefühle spricht), herrscht zwischen Mädchen oft teuflisches, passiv aggressives Hass- und Konkurrenz-Potenzial, das irgendwann dazu führen kann, dass die Person, die euch als einzige sehen darf, wenn ihr eiternden Sonnenbrand auf eurem Scheitel habt, eure schlimmste Feindin wird, der ihr genau das wünscht.

Damit ihr eure besten Freundin also nie mehr auf WhatsApp ignorieren müsst, weil sie euch im Rausch einmal wieder wegen einem Typen stehen gelassen habt, lest diesen Guide und habt euch lieb.

Liebt euch

Wahrscheinlich sagen sich Mädchen ohnehin viel zu oft, wie lieb sie sich haben. Spätestens im nächsten Rausch, wenn „Wannabe" ertönt, fallen wir uns um den Hals und schreien uns gegenseitig ins Ohr, dass wir uns für immer lieben werden und später einmal eine Alters-WG gründen, weil das Leben mit guten Freunden und zehn Katzen ohnehin viel angenehmer als mit einem lästigen Mann ist. Das ist auch gut so und außerdem bekommt jeder gern gesagt, was für ein super Mensch er ist.

Aber der essenzielle Bestandteil einer Freundschaft ist die Liebe, die man füreinander hegt, wenn man nicht gerade im betrunkenen Freudentaumel über die Tanzfläche schwebt. Wenn eure Freundin will, dass ihr ihr am Tag des vielleicht schlimmsten Katers eures Lebens beim Ikea-Einkauf helft, dann macht es. Wenn sie wegen einem Typen traurig ist, den ihr von Anfang an gehasst habt und von dem ihr sofort wusstet, dass er ein seelenloser Penner ist, dann dürft ihr ihr das zwar sagen, aber im nächsten Moment müsst ihr sie trotzdem trösten. Hört also entweder auf, eine dieser Freundinnen zu sein, die sich mit einer schlechten Ausrede vor dem lästigen Ikea-Besuch drücken oder findet euch damit ab, dass ihr allein mit euren zehn Katzen verrotten werdet, weil eure Freundin irgendwann merkt, dass ihr ein Arschloch seid.

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Hasst euch

Sich so richtig hassen zu können, ohne aufzuhören, sich zu lieben, ist die wahre Kunst einer Mädchenfreundschaft. Jemandem, der euch schon nackt, besoffen, verkatert, heulend und am besten in allen Zuständen gleichzeitig gesehen hat, könnt ihr ruhig sagen, wenn ihr findet, dass sie sich gerade wie eine Person verhält, die es verdient hätte, im Schlaf die Augenbrauen abrasiert zu bekommen. Das größte Übel, das ihr mit einer ehrlichen Meinung anrichten könnt, ist, dass ihr euch einen Tag lang anschweigt, euch dann schreibt, dass ihr euch sowieso für immer liebt und alles ist wieder gut oder vielleicht sogar ein bisschen besser. Ein gesunder Streit ist mindestens genau so wichtig wie die Wertschätzung, die ihr euch ständig in Form von Herz-Emojis hin und her schickt.

Jeder braucht diese eine Freundin, die einem manchmal in den Arsch tritt und die es auch verträgt, wenn man sie grundlos zur Sau macht, weil sie genau weiß, dass man es eigentlich nicht so meint. Ohne diese Freundin wüsste ich nicht, dass ich oft einen verdammt beschissenen Geschmack habe, was Typen angeht, oder ich mich manchmal verhalte, wie eine frustrierte Domina, die den Menschen um sich herum gerne sagt, wie sie sich zu verhalten haben. Eine wahre Mädchenfreundschaft lehrt einen eben die wirklich wichtigen Dinge dieses riesigen Scheißhaufen-Emojis, das sich Leben nennt: Wer seiner Freundin offen sagt, dass sie sich gestern beschissen benommen hat, muss auch damit leben können, von Zeit zu Zeit oberflächliche Beleidigungen einzustecken.

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Streitet bloß nicht betrunken

Was bei betrunkenen Streits unter Freundinnen rauskommt, wissen wir leider alle. Eine heult, geht einen kilometerlangen Weg alleine Nachhause oder verfasst absurde Hasstiraden, während die andere dem Taxifahrer aggressiv und dem Koma nahe die natürlich maximal ungerechte Situation schildert. Wer seine Freundin aus einem rational nicht ersichtlichen Grund alleine im Club stehen lässt, während die Stehengelassene nicht einmal genau weiß,was passiert, hat es mehr als verdient, am Tag danach alleine zu leiden.

Wer denkt, Streits unter Mädchen seien ohnehin schon irrational und absurd, der hat noch nie zwei besoffene Freundinnen streiten sehen. Betrunkene Streits mit meiner Freundin definieren eine neue Dimension von absurd, wie man sie ansonsten nur von schlechten Anmachen auf Tinder kennt. Wir schreien uns an, bombardieren uns mit Millionen von kryptischen, von Autocorrect noch unkenntlicher gemachten Nachrichten, die so gemein sind, dass selbst Putin noch etwas von uns lernen könnte. Mädchen streiten kalkuliert, sogar wenn sie besoffen sind. Beste Freundinnen wissen genau, welche Themen und Vorwürfe die Andere an dem einen wunden Punkt treffen, der sie in Sekundenschnelle losheulen oder an ihrem gesamten Leben zweifeln lässt. Auch wenn diese Streits in einem Zustand passieren, in dem ich auch auf einem Konzert in der Arena einen Schuh verlieren kann und trotzdem mit dem Risiko einer Fußamputation weiter tanze (ein Abend, an dem ich also sehr betrunken war), vergisst man die Dinge, die einem an den Kopf geworfen werden, trotz all dem Spritzer nicht. Sich absichtlich gegenseitig verletzen ist einfach uncool, seht es ein.

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Seht euch nicht als Konkurrentinnen

Nicht umsonst heißt es in Beyoncés „Flawless": We raise girls to see each other as competitors. In Mädchenfreundschaften geht es viel zu oft ums Gewinnen—darum, wer die cooleren Arbeitskollegen oder den besseren Bachelor-Durchschnitt hat. Man würde es zwar nie aussprechen, aber manchmal ertappt man sich selbst dabei, wie man besser als die beste Freundin sein will. Das ist der wahrscheinlich größte Fehler, den zwei Kumpaninnen in einer jahrelangen Freundschaft machen können.

Sich für die beste Freundin freuen zu können, wenn sie einen neuen, ausnahmsweise tollen Typen kennengelernt hat, während man noch immer Sex and the City-schauend in der Decke mit Ärmeln herumkauert und sich mit unwichtigen Gspusis aufhält, ist mindestens so schwierig, wie einzusehen, dass man wahrscheinlich niemals so dünn sein wird, wie sie. Aber eine Lektion, die ich bereits früh von meiner Dorffriseurin lernen musste und die ich heute noch zu hören bekomme, wenn ich erzähle, dass ich mir meine Naturlocken glätte, weil ich sie nicht ausstehen kann: Man will immer das, was man nicht hat. Und eure beste Freundin denkt wahrscheinlich in diesem Moment darüber nach, wie viele Seminare sie in ein Semester pressen muss, um nicht länger für ihr Studium zu brauchen, als ihr.

Lasst nie (wirklich NIE) einen Typen zwischen euch kommen

Ja, wir wissen, es ist die alte Leier—Freundschaften sind wichtiger als ein Typ, denn wirklich gute Freundinnen hat man schließlich (hoffentlich) ewig und die Männer sind oft schneller weg, als einem lieb ist.

Trotzdem gibt es diese paar Freundinnen, die immer dann, wenn sie gerade niemanden haben, ständig auf der Matte stehen und dann, wenn sie die nächste große Liebe ihres Lebens (LOL) getroffen haben, sind sie plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Erst, wenn der Gute sie dann wieder verlassen hat, soll man sie über ihren Herzschmerz hinwegtrösten. Langsam aber sicher bin ich diese Menschen in meinem Leben losgeworden, beziehungsweise ordne ich sie nur noch der Kategorie „gute Bekannte" zu. Denn obwohl beste Freundinnen immer wieder das gute alte „Bros Before Hoes" betonen, schaffen es Typen in viel zu vielen Fällen erstaunlich schnell, sie von diesem löblichen Vorsatz abzubringen. Wenn eure beste Freundin eine von dieser Sorte ist und euch nur dann braucht, wenn sie nichts Besseres zu tun oder keinen Penis in der Nähe hat, schickt ihr diesen Artikel und sagt ihr, sie soll sich gefälligst zusammenreißen.

Und wenn eure beste Freundin schon so lange eure beste Freundin ist, dass ihr mit ihr ihren ersten großen Herzschmerz, die Phase, als ihr dachtet, nur Tätowierer wären heiß und jeden anderen Typ in eurem gemeinsamen Leben überstanden habt, dann macht euch keine Sorgen. Ihr seid schon längst übern Berg.

Verena auf Twitter: @verenabgnr