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Wie man 250 Millionen Dollar fälscht und (fast) damit davonkommt

Bei einem Blattgold-Drink erklärt der angeblich "beste Geldfälscher der Welt", wie er erwischt wurde und trotzdem heute auf freiem Fuß und glücklich ist.
Frank Bourassa, ein freier Mann | Foto mit freundlicher Genehmigung von Daily Vice

Frank Bourassa trinkt süßen Goldschläger, weil er den Geschmack von Alkohol nicht mag. Der mit Blattgoldflocken versetzte, schimmernde Zimtschnaps passt außerdem perfekt zu einem Mann wie ihm. Bourassa hat einst 250 Millionen Dollar Falschgeld gedruckt—und ist heute trotzdem ein freier Mann.

Wir treffen uns mit dem selbsterklärten besten Geldfälscher der Welt in seiner Heimatstadt Trois-Rivières in der kanadischen Provinz Quebec. Dort gibt es eine Bar, die auch nach ihm benannt sein könnte: Les Contrabandiers, französisch für "die Schmuggler". Doch Bourassa ist hier nur ein Kunde unter vielen.

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Das liegt laut Bourassa daran, dass es hauptsächlich die englischsprachigen US-Medien waren, die über sein Verbrechen berichteten. "Seltsamerweise wissen die Leute hier einfach nicht davon. Das Leben hier spielt sich auf Französisch ab. Englisch dringt erst gar nicht nach Quebec vor."

Und so lebt Bourassa nun ein bescheidenes, stilles Leben in der Kleinstadt am Saint Lawrence River.

Erst vor wenigen Jahren heckte der ehemalige Berufsverbrecher den Plan aus, der sein Leben für immer verändern würde. "Ich stand gerade an der Ampel", erinnert er sich, "und dachte: Wir stehen alle morgens auf, um ein Produkt zu verkaufen oder eine Dienstleistung anzubieten—aber das Ziel ist dabei immer Geld."

"Also dachte ich, man könnte das Problem doch lösen, indem man die Zwischenschritte rauslässt und das Geld direkt herstellt. Damit würden mir die ganzen Komplikationen und Probleme im Zusammenhang mit der Arbeit erspart bleiben."

Frank Bourassa: "Mäßigung war noch nie mein Ding."

Bourassa recherchierte jahrelang für seinen Plan. Er studierte akribisch die Sicherheitsmerkmale der US-Banknoten und kontaktierte Hunderte Papierhersteller, um die richtige "Leinwand" für seine Kunstwerke zu finden.

"Ich habe echt einiges drauf, wenn es um Recherche geht", prahlt er. "Samba tanzen? Eher nicht so meins. Aber recherchieren? Ich habe Tausende Stunden gebraucht", sagt Bourassa. "Ich musste eine Rezeptur, Zutaten, Bestandteile und einen Ort dafür finden. Ich musste einen Zulieferer finden, der mein Rezept herstellen würde, ohne dass es wirkte, als ginge es dabei um Papier für Geld."

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Nach Monaten der Suche und E-Mail-Korrespondenz fand Bourassa endlich einen Hersteller in Europa, der gewillt war, seine Bestellung zu liefern. Bourassa besteht allerdings darauf, dass der Hersteller keine Ahnung von seinen Plänen hatte. Er beschreibt den Tag, an dem seine Lieferung eintraf, als den "schönsten Tag meines Lebens, bei Weitem".

Doch es war gleichzeitig der stressigste Tag seines Lebens. "Bis dahin hatte ich mich kein einziges Mal persönlich unterhalten, denn eine Stimmaufnahme ist ein ganz schön schwerwiegendes Beweismittel vor Gericht", sagt Bourassa. "Ich wickelte alles über E-Mail ab. Ich hatte keine Ahnung, ob sie nicht vielleicht das Papier abgeschickt und sofort das FBI kontaktiert hatten."

Um das Papier in Montreal abzuholen, musste Bourassa drei Tage lang den Hafen beobachten, zahlreiche Komplizen involvieren und mit verschiedenen Autos arbeiten, um seine Spuren zu verwischen.

Wir sitzen in einer dunklen Ecke, abseits von den restlichen Bargästen. Bourassa bezeichnet normale, nicht-kriminelle Menschen als "legale Leute". Er behauptet, auf den Großteil seiner unzähligen Sicherheitsvorkehrungen wären die meisten Leute nicht gekommen.

"Du musst das Papier auf eine andere Palette laden, weil die ursprüngliche vielleicht verwanzt ist", erklärt er. "Aber als ich es erst einmal in einen anderen Laster geladen und zu meiner Druckerpresse gebracht hatte, konnte mich nichts mehr aufhalten."

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Auf die Summe von 250 Millionen Dollar kam Bourassa nach eigenen Angaben, weil die Papierfirma diese Menge als Mindestbestellwert für eine neue Rezeptur vorgegeben hatte. Außerdem wird bei Bourassa grundsätzlich geklotzt und nicht gekleckert. "Wenn schon, dann gleich im großen Stil. Und ich hatte vor, es richtig zu machen, denn anders geht es nicht, wenn du etwas im großen Stil machst."

"Mäßigung war noch nie mein Ding."

"Ich würde einen falschen Zwanziger nicht mal mehr mit der Kneifzange anfassen."

Ein paar Monate lang lebte Bourassa in Saus und Braus, wobei er gleichzeitig darauf achtete, eine bescheidene Fassade aufrecht zu erhalten. "[Das Geschäft] lief, ich hatte die ersten Kunden, kleine Bestellungen von 700.000 Dollar hier und da … Anfangs waren es noch Probekäufe. Sie wollten alles sehen und überprüfen, bevor sie es an ihre Leute weitergaben. Nach den Tests riefen sie mich zurück."

Am besten war es für ihn, wenn eine kleine Zahl von Kunden große Summen kaufte. Bourassa verlangte 30 Dollar pro Hunderter-Bündel Falschgeld. Doch die Suche nach neuen Kunden trieb ihn direkt einem verdeckten Ermittler in die Arme. Sein blühendes Geschäft mit den Blüten nahm ein jähes Ende. "Alles ist wunderbar, dann klopft es an der Tür und plötzlich fällt deine Welt in sich zusammen. Alles in einer Sekunde", beschreibt Bourassa.

Nun war Bourassas Schicksal in den Händen der Royal Canadian Mounted Police (RCMP) und des U.S. Secret Service. Die US-Behörde bemühte sich um seine Auslieferung an die Staaten. Das wäre sein schlimmster Albtraum gewesen, meint Bourassa. "Dann wäre wirklich alles vorbei gewesen. Das Ende der Welt. In den Staaten wäre ich weit von zu Hause, würde keinen Besuch kriegen. Ich würde meinen Dad nicht mehr sehen, bevor er irgendwann stirbt. Es war eine Katastrophe."

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Mit der Hilfe eines Mannes, den er als "den besten Anwalt der Welt" bezeichnet, und ein wenig Glück, konnte Bourassa die Anklagen reduzieren lassen und einer Auslieferung an die USA entgehen. Letzten Endes lief alles auf eine Vorsichtsmaßnahme hinaus, die Bourassa genommen hatte: Bei der Lieferung des Falschgelds hatte er sein Auto unter ein Dach gestellt, sodass die beschattenden Polizisten ihn niemals tatsächlich mit der Ware hantieren sahen.

Sein Anwalt argumentierte, dieser Fehler mache den Durchsuchungsbefehl nichtig. Bourassa verschaffte sich einen weiteren Vorteil, indem er anbot, den Ermittlern bis zu 200 Millionen Dollar unentdeckten Falschgelds zu liefern. Am Ende musste er für sechs Wochen ins Gefängnis und 1.350 Dollar Bußgeld zahlen.

Und dabei war das Bußgeld nicht einmal für Falschgeld, sondern für kleine Drogenmengen. "Sie haben in meinem Auto Drogen gefunden, weil ich ständig Leute dabeihatte—klingt unglaubwürdig, aber ich habe wirklich nichts genommen. Sie haben Rückstände von Dingen gefunden, von denen ich gar nichts wusste, und eine Pille, die auf den Boden gefallen war."

Die Schmuggler in der Schmuggler-Bar

Hinter der Bar hängen gerahmte Festnahmefotos von Lucky Luciano, Arnold Rothstein und Al Capone—berühmte Verbrecher, die lange Haftstrafen absitzen mussten oder brutal zu Tode kamen.

Bourassa sagt, er fühlt sich, als habe er gewonnen: Er ist mit dem Leben, seiner Freiheit und vielleicht sogar einem Teil seines Geldes davongekommen. Von seinem Blüten-Vermögen wurden 50 Millionen Dollar niemals gefunden.

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"Ich kann nicht viel sagen. Nur, dass es gut versteckt ist und ich bestimmt keine Eile habe, es herauszuholen", sagt er. "Früher habe ich gescherzt, dass es 50 Schritte von der großen Eiche entfernt liegt, aber ich kann es natürlich nicht verraten. Mein Geheimnis", grinst er.

Bourassa sieht sein Verbrechen als ein größtenteils opferloses, da er das meiste des Geldes an asiatische, afrikanische und europäische Kunden verkauft hat, um mit seinen Geschäften nicht den Amerikanern zu schaden.

"[Amerikaner] gehören zu den besten Menschen der Welt, aber ihre Regierung schadet ihnen. Sie haben es schwer", sagt er und nennt als Beispiel den Mangel an bezahlbaren Krankenversicherungen. "Daher wollte ich kein Netzwerk von Kunden, die das Geld in den USA ausgeben, denn wer mit Falschgeld erwischt wird, verliert das Geld natürlich."

"Ich mag viele schlechte Eigenschaften haben, aber ich bin kein Typ, der darauf steht, Leute zu bestehlen und ihnen zu schaden. Wenn jemand aber etwas gegen die Regierung macht, tja, damit habe ich weniger Probleme."

Das Geld, das Bourassa verkauft hat, lässt sich kaum verfolgen, weswegen er auch nicht wissen kann, ob es für weitere Verbrechen eingesetzt wurde. "Ich bezweifle mal, dass es in die Kirche geflossen ist", sagt er.

Der Geschmack der Freiheit—zumindest in Kanada

Der weltbeste Geldfälscher betreibt heute sein eigenes Unternehmen, das Firmen berät, die sich vor Falschgeld schützen wollen.

Doch völlig frei ist Bourassa nicht: Nur, wenn er in Kanada bleibt, ist er sicher vor der Auslieferung an die Staaten. Auch kann er nicht wissen, ob er noch beschattet wird—der Secret Service teilte VICE mit, er könne den Fall nicht kommentieren, da die Ermittlungen noch laufen würden.

Bourassa findet jedoch, weitere Beschattung sei nur Zeitverschwendung. "Ich würde einen falschen Zwanziger nicht mal mehr mit der Kneifzange anfassen", sagt er. "Nie im Leben." Und würde er alles noch einmal so machen, wenn er die Wahl hätte? "Ja. Ich bin glücklich und ich habe meine Sache gut gemacht."