Köche, die sich für Kinder gegenseitig die Fresse einschlagen

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Kanada

Köche, die sich für Kinder gegenseitig die Fresse einschlagen

Im Eastside Boxing Club in Vancouver polieren sich Köche und Barkeeper die Fresse und zwar für Apron and Gloves, eine gemeinnützige Organisation, die Spenden für die Risikojugendlichen der Umgebung sammelt. Es ist aber auch eine mega Spektakel.

Es begann alles mit dem Astoria Boxing Club, einer 60 Jahre alten Einrichtung in einem Keller eines Hotels am Rande der Downtown Eastside (DTES) in Vancouver, einer Gegend, die berüchtigt für ihre Armut, ihre Drogenprobleme und ihre Obdachlosen ist. Viele Jahre organisierte der Club ein gemeinnütziges Jugendprogramm, das die jungen Leute der Gegend von der Straße halten sollte und Trainings speziell für sozial gefährdete Frauen anbot. Im Frühjahr musste der Astoria Boxing Club schließen, nachdem ihnen die Förderungen gestrichen wurden. Der Club fand aber eine neue Location unter einem neuen Namen: Eastside Boxing Club. Ein Brand Anfang November 2013 zerstörte aber das gesamte Equipment und machte die Räumlichkeiten unbenutzbar. Der Club hatte schon seit einem Jahr nicht mehr offen.

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BrianPeterson&LevJackson

Ein ziemlich fertiger und blutiger Brian Peterson mit Coach Lev Jackson.

Mehr als 60 Jugendliche hatten plötzlich keinen Zugang mehr zum Club, der für sie als wichtigstes Unterstützungssystem diente. Deshalb beschlossen im Jahr 2012 einige Köche, die dort boxten, die Organisation Aprons for Gloves zu gründen. Unter der Leitung von Cheftrainer Dave Schuck schaffte es Aprons for Gloves, sich aus der finanziellen Misere hochzurappeln, indem sie das jährliche Koch-gegen-Koch-Gefecht veranstalteten, das auch als Restaurant Rumble bekannt ist. Nach mehreren Monaten Training und eigenständiger Spendensammlung, trafen sich Köche und Barkeeper aus Vancouver und der Umgebung am 24. Juli, um sich für die Kinder zu prügeln.

Claire Allen delivers devastating blow to Kaitlin Daur

Claire Allen vom Tacofino verpasst Kaitlin Daur einen kräftigen Schlag.

„Es geht nicht um's Kämpfen", beteuert Schuck, der selbst sein ganzes Leben schon boxt. „Es geht um den Kameradschaftsgeist. Es geht darum, diesen Kindern ein Mentor zu sein. Diese Typen sind alle berufstätig und haben einen guten Job."

Ian Kampman

Ian „Diggy" Kampman von der Brassneck Brewery.

Schuck fügt hinzu, dass viele der Kinder bereits ein Interesse an der kulinarischen Branche gezeigt haben. Vielleicht fühlen sie sich von der familiären Struktur der Gastronomie angezogen oder vielleicht suchen auch viele die Intimität, die die Arbeit in der Küche verlangt, weil sie aus instabilen Verhältnissen stammen.

Lee Robert Entourage

Ein Mitglied der Entourage von Lee „Lion Heart" Robert.

Für die Köche ist das intensive Training ein Weg, etwas zurückzugeben, da viele von ihnen selbst aus kleinen Verhältnissen stammen. Lee „Lion Heart" Robert, der in der Leichtgewicht-Liga kämpft und Cateringevents im Jamaican Pizza Jerk veranstaltet, war schon fast sein ganzes Leben in Schlägereien verwickelt. „Es gab auf den Straßen täglich Schlägereien", beschreibt er seine Jugendjahre in den 80ern in Quebec-City, die vom Streben der Stadt nach Unabhängigkeit geprägt waren. „Ich bin englischsprachig, also kämpfte ich oft gegen die französischen Kids. Baseballschläger kamen zum Einsatz … Messer."

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Max Cunningham of Joes Apartment loses his guts over Yacine Sylla

Max Cunningham von Joe's Apartment spuckt auf Yacine Sylla.

Bevor er anfing zu boxen, war Robert ein professioneller Skater und war bei New Era und anderen amerikanischen Firmen unter Vertrag. „Ich weiß, was es bedeutet, ein Ventil zu brauchen.", erklärt Robert. „Ich komme aus dem Ghetto und kämpfe hier für die Kinder aus dem Ghetto. Ich kann dabei helfen, einem Kind ein Ventil zu schaffen, das ansonsten in Schwierigkeiten geraten oder vielleicht sogar sterben würde. Mehr kann ich mir wirklich nicht wünschen."

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Lee „Lion Heart" Robert.

Für das Mittelgewicht Yacine „The Technician" Sylla, ein Barkeeper im Chambar, verlief es ähnlich. Er fing als Kind in Paris bei einer ähnlichen Organisation wie Eastside Boxing mit dem Kickboxen an, was ihn von den Straßen der rauen Pariser Vorstadt wegbrachte, wo er als französischer Afrikaner der dritten Generation aufwuchs. „Nach dem zweiten Weltkrieg holte Frankreich viele Algerier zur Unterstützung beim Wiederaufbau ins Land, aber keiner respektierte uns.", sagt er. „Ich könnt niemals in Paris in einen Club gehen, weil ich niemals reinkommen würde. Ich habe ein abgeschlossenes Marketingstudium, aber ich würde dort niemals einen Job finden."

Sylle verließ das einschränkende Paris, um in London Englisch zu lernen, während er nach zwei Wochen mit Gordon Ramsey schließlich im Tom Aikens Restaurant in Chelsea arbeitete. Er sieht viele Parallelen zwischen der Situation der Jugendlichen in der Down Town East Side in Vancouver und seinen eigenen Erfahrungen als Jugendlicher mit extrem eingeschränkten Möglichkeiten. „Ich mag Vancouver sehr gerne.", sagt er. „Ich möchte vermeiden, dass so etwas hier passiert."

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Restaurant Rumble-Nummern-Girls (von links nach rechts): Hannah, Richenda und Gracie.

Die DTES-Gegend von Vancouver wird oft „die ärmste Postleitzahl Kanadas" genannt, obwohl in manchen Ecken Geld definitiv keine Mangelware ist. Bei der letzten Zählung gab es 260 unabhängige Agenturen für Sozialarbeit, die mit ihren Diensten für die Nachbarschaft von 6500 Leuten fast eine Million Dollar pro Tag erwirtschaften. Es macht mehr als nur ein bisschen wütend, dass Spendenorganisationen wie Aprons for Gloves einschreiten müssen, obwohl die Ressourcen eigentlich vorhanden sein sollten.

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Die Niederlage steht Azim „The Landlord" Wazeer ins Gesicht geschrieben, als Brian Peterson ihn fertig macht.

Trotz des Widerstands eines kaputten Systems, wollen Schuck und die anderen dafür sorgen, dass die Organisation in Schwung kommt, wenn sie erst in die neuen Räumlichkeiten umgezogen sind, wofür sie noch auf die Genehmigung der Stadt warten. „Wir müssen den kulinarischen Aspekt stärker reinbringen", sagt er und erzählt mir von seinen Plänen von den „Black-tie Dinner Shows", die das Showboxen mit dem vorhandenen kulinarischem Talent verbinden werden.

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Jeffrey „The Philippine Dream" Britanico verkloppt Lee Robert.

„Ich bin kein Feinschmecker, meine Liebe", erklärt er mir, „aber eins sag ich dir: Diese Typen sind, in dem, was sie tun, die besten in der Gegend und wahrscheinlich in ganz Westkanada. Dabei werd ich's belassen."