FYI.

This story is over 5 years old.

New York

Mein erster Cocktail brach jede Regel

Ich war 24 Jahre alt, als mein Traum in Erfüllung ging und ich in einer der besten Cocktailbars New Yorks einen Job bekam. Als ich dort anfing und meinen ersten Drink mixte, hatte ich keine Ahnung, was ich eigentlich machte.

Dave Kaplan und Ravi DeRossi eröffneten vor ungefähr acht Jahren die Bar Death + Co. Damals wohnte ich gleich nebenan. Ich war gerade in den letzten Zügen meines Studiums und war mir nicht ganz sicher, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Ich versuchte es im Musikbusiness—als Musikmanager. Das war eine ganz furchtbare Idee.

2007 war ich Manager des Back Room, einer Bar auf der Lower East Side in Manhattan, wo wir Drinks in Teetassen servierten. Ich verdiente dort einen Haufen Geld, was natürlich großartig war. Es war mehr eine Art Club mit dem Motto Prohibition, als eine Cocktailbar. Ich arbeitete schon seit einigen Jahren als Bartender, während ich noch studierte und es hatte mir immer unglaublich viel Spaß gemacht. Irgendwie hatte ich aber das Gefühl, dass ich für eine akademischere Beschäftigung geschaffen bin.

Anzeige

Death + Co. eröffnete und ich dachte mir, „OK, ich schau sie mir mal an. Ich hab schon was drüber gehört, sie stand in der New York Times." Ich ging hin und kam mit dem Barkeeper Joaquín Simó ins Gespräch, der später zu der Person werden sollte, mit der ich im Laufe meiner Karriere am meisten zusammen arbeite würde. Ich bestellte einen Aviation, weil ich von diesem Cocktail schon gehört hatte. Er machte mir also diesen Drink und dann hatte ich diesen Holy Shit-Moment. Er bestand aus drei sehr, sehr einfachen Zutaten und der Typ machte daraus einen so guten Drink. Es lag nicht nur daran, dass der Drink so super war, oder dass Joaquín so nett war, aber irgendwie fühlte sich in diesem Moment einfach alles richtig an. Einige Stunden und viele Drinks später, verließ ich die Bar und war ganz aufgeregt, bemerkt zu haben, dass das, was ich schon seit Jahren machte, auch in einer handwerklicheren und sorgfältigeren Art und Weise bestehen kann.

Danach wurde ich komplett besessen. Ich schwor mir, dort zu arbeiten. Ein paar Monate später traf ich Dave zum ersten Mal und überredete ihn, in meiner Bar vorbeizuschauen. Zwischen meinem ersten Abend im Death + Co. und dem Zeitpunkt, als ich Dave überredete, in meine Bar zu kommen, wurde mein Leben zu einem kleinen Abenteuer. Ich war 22, las jedes Buch über Craft Cocktails, das ich finden konnte und war der Manager dieser Bar, in der lauter alte Club-Bartender arbeiteten, die mich für den unausstehlichsten Welpen hielten und mir das Maul stopfen wollten. Ich zwang sie, jeden Tag frischen Saft zu pressen, wir hatten diese Liste an klassischen Cocktails und alles wurde ganz genau abgemessen. Mir machte es richtig viel Spaß und ich zwang sie im Grunde einfach dazu, das alles durchzuziehen. Als Dave vorbeikam, schaffte ich es, ihn so betrunken zu machen, dass er einen Wert in mir sah.

Anzeige

Er kam zusammen mit [dem Bartender] Phil Ward, ein ziemlich komischer Vogel, aber auch einer der besten Barkeeper der Welt. Sie waren mehr oder weniger die einzigen zwei Leute in der Bar. Phil öffnete die Cocktailkarte, studierte sie, schaute sich die Liste an, schloss die Karte, sah Dave an und sagte: „OK."

Ich dachte mir, ist das ihr Ernst? Die lassen mich hier arbeiten? Die Verantwortung, es nicht zu vermasseln und ihren Standards zu entsprechen, war für mich eine unglaublich große Motivation. Ich wurde Teil des Teams. Um die Cocktailkarte zusammenzustellen, trafen sich alle Bartender in regelmäßigen Abständen, präsentierten sich gegenseitig die Drinks, an denen sie gerade arbeiteten und feilten dann gemeinsam daran. Es ist eine sehr interessante und kollaborative Aufgabe. Bei meinem ersten Treffen war ich gerade mal ein paar Wochen dabei—wenn überhaupt—und ich dachte, ich würde das Ganze einfach nur beobachten. Aber irgendwann sagte Dave: „OK, du bist dran." Ich dachte mir, Nein, keine Chance. Ich mache jetzt auf gar keinen Fall einen Drink. Aber mir blieb nichts anderes übrig.

Es gab einen Drink, über den ich schon länger nachdachte und ich ging hinter die Bar und mixte ihn. Er hält sich an keine einzige Cocktail-Konvention. Alle Richtlinien und Konzepte, nach denen ich mittlerweile arbeite, wie „ein saures Rezept hat ungefähr so und so viel Zitrus, so viel Süßungsmittel und so viel Alkohol" oder die Regeln eines Martinis oder eines Manhattans—ich kannte diese Grundbausteine nicht und hatte keine Ahnung, was ich tat. Ich mischte also einfach ein paar Sachen in einem Glas zusammen. Es war Orangensaft drin und der Drink wurde gerührt; es ergab absolut keinen Sinn. Aber aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen kam etwas ziemlich Cooles dabei raus. Er bestand aus Gin, Maraschino-Likör und ein bisschen gelben Chartreuse— ein Likör, an dem viele junge Bartender Gefallen finden—und 7,5 ml Orangensaft. Dave gab ihm einen Namen—er heißt Light and Day. Day ist mein Nachname. Ein ziemlich beschissener Name für einen Drink.

Klicke hier, um zum Rezept für den Light and Day zu gelangen.

Er hat ein bisschen etwas von einem Martini, aber gleichzeitig auch von einem sauren Drink. Eine komplett verrückte Mischung, aber bis zum heutigen Tag wünsche ich mir, dass ich wieder auf diese Art und Weise denken könnte. Das mag vielleicht ein übler Vergleich sein, aber es ist ein bisschen so wie das Kind, das lernt Gitarre zu spielen und keine Ahnung von irgendwelchen Songstrukturen hat, aber trotzdem etwas extrem Cooles mit künstlerischem Wert machen kann. Naive Kunst. Wenn du dann über Strukturen lernst, schränkst du dich selbst ein. Mein Drink war aber ein bisschen von diesem einen Cocktail inspiriert, den ich damals trank, als ich das erste Mal im Death + Co. war. Dem Aviation. Es sind die gleichen dominanten Aromen.

Dieser Drink hat nicht nur meine Perspektive völlig verändert, sondern mein Leben. Das gibt es also wirklich.

Alex Day ist ein ehemaliger Bartender und Co-Besitzer von Death + Co. and Proprietors LLC, gemeinsam mit David Kaplan. Schau nächste Woche vorbei und lies den dazugehörigen Artikel von David.