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Dieser Typ organisiert für dich das perfekte Verbrechen

„Mr. C“ hat uns erklärt, wie man erfolgreich Raubüberfälle in Millionenhöhe ausführt.

„Mr. C" mit unkenntlich gemachtem Gesicht, denn natürlich will kein Fixer—selbst die ehemaligen—im Internet zu sehen sein.

Fixer sind die Berater der kriminellen Unterwelt. Sie werden dafür bezahlt, Verbrechen zu organisieren, ohne sich dabei selbst die Hände schmutzig zu machen. So bekommen sie einen Haufen Geld von Bankräubern und Schaufenstereinbrechern, damit sie diesen gute Ratschläge geben.

Vor ein paar Jahren wollte ich mir einen Namen als Autor machen und war deshalb Ghostwriter bei einigen auf Tatsachen beruhenden Verbrecher-Autobiographien. Unter anderem schrieb ich für Colin Blaney, ein ehemaliges Mitglied einer Gang aus Manchester, die „Wide Awake Firm" genannt wird. Er stellte mich einem hoch angesehenen Fixer vor. „Mr. C" war für die Organisation einer ganzen Reihe von Verbrechen verantwortlich und stimmte einem Gespräch mit mir zu, wenn er dabei anonym bleibt.

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VICE: Was genau macht ein Fixer?
Mr. C: Ein Fixer ist jemand, der die Zeit und den Ort für den perfekten Überfall beeinflussen oder bestimmen kann. Er organisiert eine Person oder eine ganze Gruppe, damit der Job erledigt wird und alles nach Plan und wie am Schnürchen läuft. Der Begriff wird so auch in der Drogenwelt verwendet; dort ist es jemand, der hinter den Kulissen arbeitet und Drogenlieferungen organisiert. Drogenkartelle beauftragen den Fixer mit dem Transport, mit der Geldwäsche, mit dem Zeitpunkt und dem Umfang der Lieferungen, mit den Verteilungswegen und so weiter.

Dann erklär mir doch mal den Ablauf der Organisation eines Überfalls. Was gehört da alles dazu?
Nun, ich nenne dir ein Beispiel. Ich weiß von einem Überfall, bei dem viele teure Uhren gestohlen wurden. Die Jungs ließen für die Flucht ein Auto und ein Motorrad klauen. Am Tag des Überfalls gingen sie in das Geschäft, nahmen sich alle kostbaren Uhren und packten sie in einen Beutel. Sie wussten, dass ihnen nur ein bestimmtes Zeitfenster bleibt, bevor die Helikopter ausschwärmen würden, also ging alles sehr schnell über die Bühne und sie sprangen ins Auto. Dabei war ihnen bewusst, dass man es sofort bemerken und die Polizei danach suchen würde. Sie fuhren dann zu einer Reihe Poller, wo ein Motorrad geparkt war. Die Polizei konnte mit den Autos nicht durch die Poller fahren und die Räuber sind so entkommen.

Der nächste Abschnitt der Flucht war dann ein Transporter mit einer Rampe, die in dessen Laderaum geführt hat—so konnten sie direkt in das Fahrzeug hinein fahren. Die Polizisten suchten nach dem Auto oder den Typen, die es zurück gelassen haben und jetzt zu Fuß unterwegs sein mussten. Sie hatten keine Ahnung, dass sich die Jungs hinten im Transporter befanden. All das wurde von einem Fixer organisiert. Der Otto Normalverbraucher hätte von so was keine Ahnung gehabt, deswegen war ein Profi von Nöten.

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Ein Fixer ist auch mit anderen Techniken eines perfekten Überfalls vertraut. Manchmal wird alles so geplant, dass die Räuber vor dem eigentlichen Überfall irgendwo eine Bombe explodieren lassen oder ein Auto anzünden, damit die Polizei direkt da hin fährt. Das passiert dann mit Sicherheit auf dem Parkplatz eines Supermarkts, damit die Polizei denkt: „Hier sollte nicht noch ein weiteres Auto explodieren." Das sind nur Ablenkungsmanöver. Ein Fixer erklärt seinen Kunden auch, wie sie nicht durch die technischen Mittel der Polizei geschnappt werden.

Man muss also immer mit dem neuesten Stand der Technik vertraut sein?
Ja, total. Die Polizei hat jetzt eine neue Technologie entwickelt: Wenn du dir eine Sturmhaube überziehst und den Job erledigen willst, dann nehmen sie die Umrisse deines Gesichts her und identifizieren dich damit. Das Ganze basiert auf dem Aufbau deiner Gesichtsknochen—das ist wie ein Fingerabdruck. Um dich wirklich unkenntlich zu machen, musst du die dünnste Gummimaske, die du finden kannst, unter die Sturmhaube ziehen, damit es nicht zu auffällig aussieht. Eine dieser Masken, die die Kinder an Halloween tragen, ist völlig ausreichend. Die Technologie arbeitet so, dass die Polizei für eine Verhaftung eine bestimmte Anzahl an Punkten braucht, die mit den Punkten deines Gesichts übereinstimmen. 16 Punkte, glaube ich.

Man kann die Technologie der Polizei bestimmt auch zu seinem eigenen Vorteil nutzen, oder?
Ja, manchmal weisen die Fixer die Kriminellen an, einen Nutzen daraus zu ziehen—zum Beispiel mit einem Peilsender an einem Magneten, den sie unter einem Geldtransporter anbringen sollen. Dann können die Räuber sehen, wohin der Transporter fährt. Heutzutage wird dieser oft von einem Polizeiauto begleitet. Manchmal ist das offensichtlich, aber manchmal wird der Transporter auch von unauffälligen, normal aussehenden Autos der Polizei begleitet. Wenn die Polizisten glauben, dass etwas passieren könnte, dann sind da sicher auch ein paar ihrer unauffälligen Autos und in jedem sitzt eine bewaffnete Einsatztruppe. Das sind alles Dinge, über die ein Fixer Bescheid weiß.

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Wie bekommt die Polizei Wind davon, dass ein Überfall stattfinden soll?
Es sind viele Spitzel unterwegs. Einige Leute trinken und koksen zuviel und können dann ihren Mund nicht halten. Manchmal geht ein Spitzel direkt aufs Polizeirevier und sagt: „Letzte Nacht war ich im Pub und diese Typen haben sich komplett zugekokst und über diesen G4S-Transporter geredet." Viele machen das aus Neid, denn sie schuften den ganzen Tag und sehen dann, wie die Kriminellen in superteuren Autos rumfahren. Dann laufen sie natürlich gleich zur nächsten Polizeistation oder rufen die Crimestopper an.

Was muss ein Fixer neben einem großen Wissen bezüglich Verbrechen noch mitbringen?
Sie müssen richtig kräftige, gut gebaute Männer sein. Wenn sie Leute einschüchtern können, dann ist auch das Erteilen von Befehlen kein Problem. Ein Fixer darf auch unter keinen Umständen über seine Tätigkeit reden. Auf der Straße müssen ihn die Leute für einen stinknormalen Typen halten, auch wenn er im Verbrechermilieu die Fäden zieht. Er besitzt womöglich keine Villa, sondern nur ein kleines Haus—aber das reicht ihm vielleicht auch schon.

Wie viel zahlen die Auftraggeber einem Fixer?
Wenn die Typen, die den Job erledigen, eine Million Pfund erbeuten und drei Leute involviert sind, dann bekommt der Fixer wohl ungefähr 75 Riesen (ungefähr 94.000 Euro).

Wie oft wird ein Fixer geschnappt?
Der Fixer wird von vielen Leuten gar nicht gesehen. Auch wenn er von den Kriminellen bezahlt wird, wird jemand anderes für ihn die Gespräche von Angesicht zu Angesicht führen. Das bedeutet, dass sie nur sehr selten erwischt werden.

Holen sich die Fixer die Informationen über bestimmte Zeiten und Orte zum Zuschlagen selber ein? Oder sind dafür die Leute, die den Überfall auch wirklich durchführen, verantwortlich?
Das ist ganz unterschiedlich, aber normalerweise geht der Fixer schon selbst auf Erkundungstour. Ich gebe dir mal ein Beispiel: In den späten 70ern und 80ern transportierten die Verkäufer von Juwelierläden Schmuck von einem Geschäft zum anderen und wurden dabei oft das Ziel von Verbrechern. Dieser gemischtrassige Typ aus Nord-Manchester—ich nenne ihn mal „Mr. R"—war einer der Hauptfixer für diese Art der Überfälle. Er trank viel und hat sich immer mit der Quality Street Gang besoffen. Nach einer Weile fing er damit an, die Verkäufer zu verfolgen und rauszufinden, in welchen Cafés sie zu Mittag aßen und bei welchen Tankstellen sie Halt machten. Nachdem er das eine Zeit lang durchgezogen hatte, gab er der Quality Street Gang die genauen Infos darüber, wann und wo sie zuschlagen könnten. Er hing sich immer an einen anderen Verkäufer und alle paar Wochen machten sie dann fette Beute.

Erwischt du dich manchmal dabei, wie du ein Verbrechen in den Nachrichten siehst und dann darüber nachdenkst, was du alles anders geplant hättest?
Natürlich. Ein Beispiel dafür ist der große Postzugraub. Anscheinend hatten sie einen Fixer, der das Verschwinden von allen belastenden Beweisen und Fingerabdrücken organisierte, das Ganze aber nicht ordentlich ausgeführt wurde. Wäre ich da Fixer gewesen, dann hätte ich die Beweise einfach verbrannt, so dass absolut gar nichts übrig geblieben wäre. Durch das Zurücklassen von Fingerabdrücken haben sie sich direkt selbst verraten.

Anfänger. Willst du uns sonst noch etwas mitteilen?
Nur, dass ich inzwischen ausgestiegen bin und seit sechs Jahren bei keinem Verbrechen mehr mitgemacht habe.