FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Interview mit einer Astrophysikerin, die gerade eine 5 Milliarden Jahre alte Galaxie entdeckt hat

Ja, wir haben sie auch nach Aliens gefragt.

Was hast du diese Woche gemacht? Hast du es in die Arbeit geschafft? Vielleicht ein bisschen Wäsche gewaschen? Normalerweise würde ich sagen, das ist schon mal nicht schlecht—aber da australische Astronomen gerade verkündet haben, dass sie eine fünf Milliarden Jahre alte Galaxie (PKS B1740-517, in der Nähe der Konstellation Ara) entdeckt haben, die älter ist als unser Sonnensystem, sieht jede unserer Leistungen daneben ein bisschen alt aus. Die Entdeckung wurde aus der Wildnis des australischen Staats Western Australia mit einem Hightech-Radioteleskop, dem Australian Square Kilometer Array Pathfinder (ASKAP) der staatlichen Wissenschaftsbehörde CSIRO, gemacht.

Anzeige

Elaine Sadler ist Professorin für Astrophysik an der Universität Sydney und gehört zu dem Forscherteam, das die Galaxie entdeckt hat. Sie leitet das Projekt ASKAP-FLASH, das mithilfe von Radioteleskopen nach Galaxien sucht, indem sie die Frequenzen von Wasserstoffgas aufspüren.

Elaine hat sich zwar sehr gefreut, doch für sie gehört es zum Alltag, sich mit ungreifbaren Dingen zu beschäftigen, die Milliarden von Jahren alt sind. Sie hat mit uns darüber gesprochen, wie diese Entdeckung zu Hunderten weiteren Entdeckungen führen könnte und erklärt, dass die Astrophysiker und Astrophysikerinnen eigentlich in die Vergangenheit blicken.

VICE: Ich wette, es fühlt sich ziemlich klasse an, eine Galaxie zu entdecken.
Elaine Sadler: Es war sehr spannend! Wir haben zwei bis drei Jahre daran gearbeitet, diese erste Beobachtung machen zu können. So früh schon eine Entdeckung zu machen, war sehr aufregend, weil es eine Bestätigung unserer Vorgehensweise ist. Wir werden im Laufe der Zeit Hunderte Galaxien in entfernten Universen entdecken und in der Lage sein, sie zu erforschen.

Wie entdeckt man überhaupt eine Galaxie?
Wir suchen nach Signalen mit einer bestimmten Radiofrequenz, die von kaltem Wasserstoffgas im Universum kommen könnte. Es ist, als hätten wir einen Empfänger und würden ihn auf eine bestimmte Radiofrequenz einstellen, sodass wir ab und zu ein Signal empfangen.

Könntest du das nochmal für eine totale Laiin erklären? Das bin ich nämlich.
Ich werde es so einfach erklären, wie ich kann! Das Wasserstoffatom ist ein sehr einfaches Atom; es hat ein Proton und ein Elektron. Sie sitzen nur da und tun nicht sehr viel, wenn das Gas kalt ist. Aber ab und zu überschlägt und dreht sich das Elektron spontan. Und wenn es das tut, dann gibt es ein sehr schwaches Signal ab. Wenn du die Milchstraße—die Galaxie, in der wir leben—ansiehst und die Signale von dem Gas in unserer Galaxie, und dieses Signal dann wegen der Expansion des Universums in eine längere Wellenlänge umwandelst, dann fängst du an, die Signaturen des Wasserstoffs in sehr weit entfernten Galaxien zu sehen.

Anzeige

Wo wir von sehr weiten Entfernungen sprechen: Diese Galaxie ist fünf Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt. Das heißt, was wir sehen, hat sich vor fünf Milliarden Jahren abgespielt. Bedeutet das, dass sie vielleicht gar nicht mehr existiert?
Sie existiert wahrscheinlich schon, doch das Licht hat die Galaxie vor fünf Milliarden Jahren verlassen. Etwas könnte in der Zwischenzeit passiert sein, aber die Sterne werden größtenteils noch da sein, auch wenn manche von ihnen vielleicht inzwischen explodiert sind. Die Galaxie selbst hat sich in dieser Zeit vermutlich nicht großartig verändert.

Aber ihr seht eigentlich in die Vergangenheit, nicht wahr?
Als diese Radiowellen die Galaxie verlassen haben, waren unsere Sonne und unser Sonnensystem noch gar nicht geboren. Während die Radiowellen unterwegs hierher waren, ist die Sonne entstanden, die Planeten sind entstanden, das Leben auf der Erde hat sich entwickelt. All das ist in der Zwischenzeit geschehen.

Wie ist es, etwas zu erforschen, das niemals erreicht werden kann?
Ich finde es eigentlich sehr anregend. Es ist, als würden wir die Vergangenheit der menschlichen Zivilisation untersuchen. Wir werden nie ins Römische Reich reisen können, aber das heißt nicht, dass es nicht interessant ist, mehr darüber und über die Menschen von damals zu erfahren.

Was können wir hier lernen?
Nun, eine Eigenschaft der Milchstraße ist, dass diese Galaxie voller Gas ist, aus dem neue Sterne entstehen. Es ist ein ständiger Prozess von sterbenden und neu entstehenden Sternen im Gange. In anderen Galaxien scheint das nicht so zu sein—ihnen scheint das Gas auszugehen. Eine Sache, die wir also erforschen wollen, sind die Faktoren, die es Galaxien entweder erlauben, neue Sterne zu bilden, oder nicht. Die andere Sache, über die wir etwas erfahren können, sind schwarze Löcher und warum manche Galaxien in ihrem Zentrum diese hoch energetischen Ereignisse haben.

NOISEY: Alles was du über Justin Biebers Weltraum-Ausflug wissen musst

Fühlt es sich jemals surreal an, mit etwas so Ungreifbarem zu arbeiten?
Nein. Das ist eine Frage, für die sich viele, viele Menschen auf der Welt interessieren: Wie verändern sich Galaxien im Laufe ihrer Lebensdauer oder im Laufe der Entwicklung des Universums? Es ist eine komplexe Frage, über die sich die Leute brennend neue Erkenntnisse wünschen.

Ist es ausgeschlossen, dass Zeichen für Leben entdecken werdet?
Nein, und das ist in der Tat eine sehr ernste Frage. Wir wissen heute, dass viele der Sterne in der Milchstraße Planeten haben, und manche dieser Planeten sind ein wenig erdähnlich, sodass vorstellbar ist, dass sich dort Leben entwickeln könnte. Und es gibt ernsthafte Bemühungen, nach Radiosignalen von anderen Planeten zu suchen, die nicht so weit entfernt sind wie diese fünf Milliarden Jahre alte Galaxie, sondern die um Sterne in unserer eigenen Galaxie kreisen. Niemand hat bisher etwas entdeckt. Es wurde schon überlegt, was zu tun wäre, wenn man etwas entdecken würde, aber selbst die Signale von den nächstgelegenen Sternen brauchen viele Jahre, um uns zu erreichen.